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Zerstörte ein Meteorit das Großreich der Akkader?  
  Vor etwa 4.000 Jahren brach das erste Großreich der Menschheitsgeschichte im Vorderen Orient zusammen: Die Akkader hatten knapp zwei Jahrhunderte über Mesopotamien geherrscht. Was zum Zusammenbruch ihres Reichs führte, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Ein Geologe hat nun auf Satellitenaufnahmen aus dem Irak einen Meteoritenkrater entdeckt, dessen "Verursacher" möglicherweise zum Untergang des Akkadischen Reichs geführt hat.  
Der Geologe Sharad Master von der Impact Cratering Research Group der University of Witwatersrand (Johannesburg) entdeckte den Krater zufällig, als er einen Artikel über Kanalbauprojekte Saddam Husseins las, wie die britische Zeitung "The Telegraph" meldete.
Krater mit drei Kilometern Durchmesser ...
Darin abgedruckt war auch eine Satellitenaufnahmen der Region Al 'Amarah. Sie zeigt rund 16 Kilometer nordwestlich des Zusammenflusses von Euphrat und Tigris eine kraterähnliche Formation mit rund drei Kilometern Durchmesser.
... lange Zeit von See verdeckt
Detaillierte Analysen älterer Satellitenaufnahmen zeigten, dass der Krater lange Zeit einen See enthalten hatte. Doch durch Trockenlegungsmaßnahmen in der Gegend sank der Wasserspiegel des Sees beständig ab und enthüllte schließlich die Kraterränder.
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Typische Merkmale
Für Laien ist auf dem Foto nicht viel zu erkennen, doch Geologe Master interpretierte den dunklen "Fleck" als ringförmigen Kamm innerhalb einer größeren, schalenförmigen Vertiefung. Klassische Anzeichen also für einen Krater, der durch den Einschlag eines Meteorits entstanden ist, glaubt Master.
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"Junger" Krater
Der Krater scheint - zumindest nach geologischen Maßstäben - relativ jung zu sein: Laut Master sei die Formation innerhalb der vergangenen 6.000 Jahre entstanden. Seiner Ansicht nach ist ein Meteoriten-Einschlag die wahrscheinlichste Erklärung.

Doch noch fehlen Analysen von Gesteinsproben aus dem Krater. Diese könnten zum einen die Meteroriten-Theorie bestätigen und zum anderen mittels radioaktiver Datierungstechniken das Alter bestimmen.
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Meteoroid, Meteor und Meteorit
Meteroroiden sind kosmische Kleinkörper, die sich um die Sonne bewegen. Treten sie in die Erdatmosphäre ein, so entsteht ein Meteor: In großer Höhe zeigen sich helle Leuchterscheinungen. Schwächere Meteore kennt man als Sternschnuppen. Bruchstücken der Meteoroide können den Erdboden erreichen, diese nennt man Meteoriten. Sind die Bruchstücke größer, so entstehen Meteoritenkrater. Am bekanntesten ist ein Krater in Arizona/USA mit 1.260 Meter Durchmesser und einem Alter von etwa 30.000 Jahren.
->   Mehr zu Meteoroiden und Meteoriten
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Der Meteorit und das Gilgamesch-Epos

Akkadische Büste
Sollte sich dabei herausstellen, dass der Krater um 2200 vor Christus entstanden ist, so passt er zumindest zeitmäßig in die "Meteoriten-Theorie" zum Zusammenbruch des Akkad-Reichs.

Ein weiterer Hinweis ist das Gilgamesch-Epos, dessen erste Fassung etwa aus dieser Zeit stammt. Es erzählt mythisch von Feuer, Überschwemmung und Zerstörung.

Tatsächlich war die Gegend vor rund 4.000 Jahren vermutlich von seichtem Wasser bedeckt, ein Meteor von der geschätzten Größe hätte dort verheerende Feuer und Überschwemmungen verursacht.
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Akkad und das Gilgamesch-Epos
Das semitische Volk der Akkader übte etwa von 2350 bis 2150 vor Christus die Vorherrschaft im "Zweistromland" Mesopotamien aus: Die vom Armenischen Hochland bis zum Persischen Golf sich erstreckende Landschaft zwischen den beiden Flüssen Euphrat und Tigris gehört heute größtenteils zum Irak, der Norden und Nordwesten zur Türkei und zu Syrien. Die Hauptstadt Akkad, Namensgeber von Reich, Sprache und Epoche, wurde gegründet vom ersten König der Akkader, von Sargon (die weiter oben abgebildete Büste zeigt möglicherweise Sargon). Laut Überlieferungen vereinte dieser die zuvor unabhängigen sumerischen Stadtstaaten unter seiner Oberherrschaft zum ersten Großreich der Menschheitsgeschichte. Doch gegen 2200 v. Chr. zerbrach das Reich, das von Sargons Nachfahren regiert wurde.

Aus Akkad stammt auch die früheste uns bekannte Fassung des babylonischen Gilgamesch-Epos, in dem sich Beschreibungen von den "Sieben Richtern der Hölle" finden, die mit ihren Fackeln das Land in Brand setzen sowie von einem "Sturm", der das Land zerstört und überflutet.
->   Weitere Informationen zur Geschichte Akkads
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Verschiedenste Theorien zum Untergang
Bislang gibt es verschiedene Theorien zum Untergang des Akkadischen Reiches. Als wahrscheinlich galt vielen Archäologen, dass kriegerische Auseinandersetzungen der Auslöser waren.

In letzter Zeit befassen sich allerdings mehr und mehr Analysen mit den Auswirkungen von Klimaveränderungen auf frühe Hochkulturen. Ähnlich wie bei Theorien zum Untergang der Maya sollen auch in Akkad Klimaveränderungen das Reich zerstört haben, wie andere Archäologen glauben.

Die Theorie vom zerstörerischen Meteroriten-Einschlag ist eine weitere Facette, die allerdings erst durch genauere Analysen untermauert werden müsste.
->   The Telegraph
->   University of Witwatersrand
->   Impact Cratering Research Group
 
 
 
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01.01.2010