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WTO-Konferenz: Keine Einigung bei Arznei-Patenten  
  Beim Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) im Golfstaat Katar lässt der erhoffte Durchbruch in der strittigen Frage des Arzneimittel-Patentschutzes entgegen erster Meldungen weiter auf sich warten.  
Nach Angaben der EU liegt einen Tag vor dem geplanten Ende der Konferenz der 144 Mitgliedsstaaten immerhin ein Kompromissvorschlag des mexikanischen Wirtschaftsministers Luis Ernesto Derbez vor, über den im Laufe des Montags erst die EU und danach eine Runde von 30 Ländern beraten will.
Verfrühte Meldung vom Verhandlungs-Durchbruch
Ursprünglich hatte die Nachrichtenagentur AFP gemeldet, bei dem schwierigen Thema sei den Staaten der Welthandelsorganisation bei ihrer Ministerkonferenz in der katarischen Hauptstadt ein Durchbruch gelungen.
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AFP: US-Unterhändler von Washington zurückgepfiffen
Im Streit um den Zugang zu teuren Medikamenten für Entwicklungsländer sind die USA laut der Nachrichtenagentur AFP bei der WTO-Konferenz in Doha wieder zurück gerudert und haben damit eine eigentlich schon erzielte Einigung wieder in Frage gestellt.

Wie AFP am Montag aus Verhandlungskreisen erfahren habe, wurden die US-Unterhändler von Washington zurückgepfiffen. Per Telefon sei ihnen von ihrer Regierung mitgeteilt worden, dass die ausgehandelte Einigung nicht zufriedenstellend sei.

Noch im Mai hieß es, die neue US-Regierung unter George W. Bush werde staatliche Eingriffe in Patentrechte seitens der Entwicklungsländer unter bestimmten Umständen akzeptieren.
->   USA: "flexibel" bei Patenten für Aids-Medikamente
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Streitpunkt: Interpretation des TRIPS-Abkommens
Das so genannte TRIPS-Abkommen regelt weltweit alle Fragen geistigen Eigentums, dazu gehören auch Arzneimittel-Patente. Gewisse Schutzmechanismen gerade für Entwicklungsländer sind allerdings auch dort beinhaltet, die Frage ist nur, wie man sie im speziellen interpretiert.
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TRIPS-Abkommen
Das TRIPS-Abkommen (Trade Related Aspects of Intellectual
Property Agreement) regelt Eigentumsrechte bzw. Patentrechte auf internationaler Ebene. Mit intellectual property sind alle Arten geistigen Eigentums gemeint: Arbeiten von Künstlern und Musikern ebenso wie wissenschaftliche Entdeckungen, z.B. neue Medikamente.

Zu Stande kam das Abkommen 1994, bis zu einer Einigung der damals 125 teilnehmenden Staaten hatte es allerdings fast 8 Jahre gedauert. Begonnen wurde bereits 1986 in Punta del Este, Uruguay. Daher auch der Name "Uruguay Round" für die Verhandlungen über das internationale Handelsabkommen, welches das seit 1948 existierenden GATT-Abkommen (General Agreement on Tariffs and Trade) ersetzen sollte. Unterzeichnet wurde das Abkommen schließlich am 15. April 1994 in Marrakesch, Marokko. 1995 entstand in Folge der Uruguay Round auch die WTO (World Trade Organisation).
->   Das Trips-Abkommen, nachzulesen bei der WTO
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Forderung nach billigeren Medikamenten
Die Entwicklungshilfeländer fordern bereits seit längerem einen leichteren Zugang zu teuren lebenswichtigen Medikamenten etwa gegen die Immunschwäche Aids.

Für die oft mit Millionenaufwand neu entwickelten Arzneien haben die Pharma-Konzerne 20 Jahre lange Patente. Dadurch wird bislang die Fertigung von Arznei-Kopien, so genannten Generika, behindert.
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Generika
Sie werden zwar nicht unter Markennamen verkauft, sind jedoch chemisch identisch mit dem Markenmedikament. Solche alternativen Produkte - z.B. aus Thailand - kosten nur einen Bruchteil der Markenwaren.
->   Mehr Informationen zu Generika
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Zuletzt Rechtsstreit USA - Brasilien
Der Streit um billigere Medikamente für ärmere Staaten zieht sich seit Jahren hin. Zuletzt hatten die Vereinigten Staaten einen Rechtsstreit mit Brasilien vor die Schiedinstanz der WTO gebracht.

Das brasilische Anti-Aids-Programm verstoße gegen die Regeln der Welthandelsorganisation, hatten US-Vertreter betont. Im Juni zogen sie die Klage indes wieder zurück.
->   Brasilien: Preissenkung von Aids-Medikament erzwungen
Beispiel Südafrika: Nationaler Notstand
Brasilien war nicht das erste Land, das auf diese Weise versucht die Preispolitik eines großen Konzerns zu beeinflussen. Im März 2001 verklagten 39 internationale Pharmafirmen die Regierung Südafrikas, da diese den Import von Generika erlauben wollte.
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Der Hintergrund: 23 Millionen Infizierte in Afrika
In den Staaten südlich der Sahara sind mehr als 23 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. In Südafrika sind es allein 4,2 Millionen. Viele afrikanische Länder stehen vor der größten sozialen Katastrophe ihrer Geschichte. Nach UNICEF-Angaben sterben zehn Mal mehr Menschen an Aids als in gewaltsamen Konflikten, Aids ist dort bereits die häufigste Todesursache.
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Regierung ermöglichte Einfuhr von Generika
Die Regierung in Pretoria hatte sich darauf berufen, aus besonderem öffentlichen Interesse heraus im Falle eines gesundheitlichen Notstandes Maßnahmen wie Parallelimporte, Zwangslizenzierung oder Substitution bestimmter Medikamente durch Nachahmerpräparate zu ermöglichen.

Die Klage wurde schließlich zurückgezogen, man hatte sich außergerichtlich auf eine Preissenkung der Medikamente geeinigt.
->   Pharmakonzerne: Keine Klage gegen Südafrika
->   WTO
 
 
 
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01.01.2010