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Malaria-Resistenz in den Genen  
  Malaria zählt mit jährlich zwei Millionen Toten zu den weltweit gefährlichsten Krankheiten. Wissenschaftler suchen intensiv nach neuen Behandlungsmethoden bzw. nach einer Impfung. Jetzt entdeckte man, dass zehn Prozent der Bevölkerung eines westafrikanischen Landes ein Gen besitzen, das vor Malaria schützt. Eine neue Generation effizienterer Malaria-Medikamente könnte sich daraus ergeben.  
Dies berichtet ein internationales Wissenschaftlerteam in der aktuellen Ausgabe von 'Nature'. Das von den Forschern identifizierte Gen codiert für eine mutante Form des Hämoglobins, das Hämoglobin C. Hämoglobin transportiert in erster Linie Sauerstoff-Moleküle im Blutkreislauf von Säugetieren.
Artikel in 'Nature' unter "Haemoglobin C protects against clinical Plasmodium falciparum malaria" (Nature 414, 305 ¿ 308: 2001; kostenpflichtig).
->   Artikel in 'Nature'
Bis zu 90 Prozent weniger anfällig
Diejenigen, die eine Kopie jenes Gens von einem Elternteil in ihrem Erbgut tragen, erkranken laut den Wissenschaftlern mit einer um 26 Prozent reduzierten Wahrscheinlichkeit an Malaria als solche, die keine Gen-Kopie aufweisen.

Besitzt man aber jeweils eine Kopie dieses Gens vom Vater und von der Mutter, so sinken die Aussichten, an Malaria zu erkranken, gar um 93 Prozent.
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Was ist Malaria?
weltweit verbreitete Infektionskrankheit, die durch Einzeller im Blut (Plasmodien) hervorgerufen wird. Als Zwischenwirt dient den Plasmodien die Anophelesmücke; durch deren Stich wird der Erreger in das Blut des Menschen übertragen, wo er sich durch ungeschlechtliche Teilung (Schizogonie) massenhaft vermehrt. Die hierbei entstehenden Sporozoiten wachsen zunächst in den roten Blutkörperchen heran, dann teilen sie sich in zahlreiche Merozoiten, die durch Zerfall der Blutkörperchen frei werden und jeder für sich erneut in ein Blutkörperchen eindringen, wo sich der Vorgang wiederholt. Hierbei wird der Blutfarbstoff verbraucht und ein dunkles Pigment ausgeschieden, das in Leber und Milz gespeichert wird. Bei größeren Mengen von Erregern führt jeder Teilungsprozess und Blutkörperchenzerfall zu einer Fieberreaktion mit Schüttelfrost.
->   Mehr zu Malaria
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Details noch nicht geklärt
Diese Mutation, genannt Hämoglobin C, "ist sehr wirkungsvoll gegen Malaria", erklärt der Parasitologe David Modiano von der Universität Rom, der Leiter der Studie.

Warum Hämoglobin C gegen Malaria derart effektiv wirkt, ist den Wissenschaftlern bislang noch nicht im Detail klar. Sie erhoffen sich dadurch aber wirkungsvollere Malaria-Medikationen.

"Mutationen des Hämoglobins sind im Laufe der Evolution unter dem 'Druck' der Malaria entstanden", erklärt Thomas Wellems vom 'National Institute of Allergy and Infectious Diseases' in Bethseda, USA. "Die Natur zeigt uns den besten Weg, der gegen die Krankheit einzuschlagen ist", so der Mediziner.
->   National Institute of Allergy and Infectious Diseases
Andere Mutations-Varianten
Es gibt auch andere Mutationsvarianten von Hämoglobin, wie HbS, die Malaria unterdrücken und verhindern. Doch im Gegensatz zu der jetzt entdeckten Form, ist die HbS-Variante nur dann erfolgreich gegen Malaria, wenn deren Träger nur die Genkopie ausschließlich eines Elternteiles besitzt.

Menschen mit HbC oder HbS-Varianten bekommen genauso Malaria wie Menschen mit 'normalem' Hämoglobin. Der Unterschied liegt darin, dass die Infektion bei den HbC oder HbS-Varianten nach einiger Zeit abklingt und keine schweren Symptome wie Sichelzellen-Anämie oder komatöse Zustande mit hohem Fieber verursacht.
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Malaria - die Symptome
Es lassen sich drei Formen von Malaria unterscheiden:
1. Malaria tertiana, 2. Malaria quartana, und 3. tropische Malaria. Bei der Tertiana tritt alle drei Tage hohes Fieber von 40-41 °C auf, begleitet von Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen sowie kritischer Entfieberung nach mehreren Stunden, bei der Quartana kommt es alle vier Tage zu solchen Fieberanfällen. Nach längerer Krankheitsdauer treten Milz- und Leberschwellungen sowie hämolytische Anämie auf. Die Prognose ist bei beiden Malariaformen relativ günstig. Den schwersten Krankheitsverlauf weist die Malaria tropica auf mit anhaltenden oder völlig unregelmäßigen Fieberverläufen, begleitet von Schüttelfrost, Erbrechen, Benommenheit, frühzeitiger Leber- und Milzschwellung, Anämie und Gelbsucht. Oft tritt schon nach wenigen Tagen der Tod ein.
->   Weitere Infos zu Malaria
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Relativ selten
Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse prognostizieren die Wissenschaftler, dass die jetzt entdeckte HbC-Variante einen schützenden Effekt bis zu 50 Jahren bewirkt.

Doch die HbC-Variante ist wesentlicher seltener, als die bereits bekannte HbS-Variante des Hämoglobins. Darüber hinaus sind die Fälle, in denen die HbC-Variante dominant auftritt, also von beiden Elternteilen stammt, relativ selten.

Wenn die HbC-Variante derart erfolgreich gegen Malaria wirkt - wieso, fragen sich die Wissenschaftler derzeit noch, wurde diese Form des Hämoglobins bislang nicht südlich der Sahara, also in jenen Teilen Afrikas entdeckt, in denen die Malaria epidemisch auftritt?
Zwei konkurrierende Theorien
David Modiano, der Leiter der Studie, geht davon aus, dass sich die jetzt entdeckte Mutation HbC erst allmählich in die südlicheren Teile Afrikas ausbreiten wird und deshalb noch nicht südlich der Sahara nachgewiesen werden konnte.

Dem widerspricht Wellems. Er glaubt, dass der durch die HbC oder HbS-Variante gewährt Schutz bei einer Malariainfektion mehr von den Genen abhängt, die jene Personen außerdem noch tragen. In manchen afrikanischen Ethnien, wie in Nigeria, übt die HbS-Variante einen größeren Schutz als anderswo aus und ist auch insgesamt häufiger anzutreffen.
Allgemein gültiger Mechanismus
Die HbS und HbC-Mutation tritt interessanterweise innerhalb des Hämoglobin-Moleküls an exakt den gleichen Stellen auf.

Die Wissenschaftler wollen darin einen für die Malaria allgemein gültigen Mechanismus erkannt haben, der die Entwicklung zukünftiger Malaria-Arzneien erleichtern soll.

"Wenn es uns gelingt, diesen schützenden Mechanismus festzunageln, dann werden wir in der Bekämpfung der Malaria einen großen Schritt vorwärts machen", resümiert Wellems.
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01.01.2010