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Neue Form von Sauerstoff entdeckt  
  Italienische Wissenschaftler haben ein Molekül "entdeckt", nach dem die Forschung bereits seit rund 80 Jahren gesucht hat: O4, ein Sauerstoff-Molekül, das aus vier Atomen besteht. Von Interesse ist die Entdeckung vor allem deshalb, weil Sauerstoff in Verbrennungsvorgängen - etwa beim Raketenantrieb - Anwendung findet und O4 möglicherweise mehr Energie liefern würde.  
Die Forscher berichten darüber in einem Artikel, der in der aktuellen Ausgabe von "Angewandte Chemie International Edition" erschienen ist, wie Nature Science Update meldete.
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"Experimental Detection of Tetraoxygen"
Der Originalartikel "Experimental Detection of Tetraoxygen" von Fulvio Cacace, Giulia de Petris und Anna Troiani ist erschienen in der aktuellen Ausgabe von "Angewandte Chemie International Edition": Bd. 40, Ausgabe 21, S. 4062-4065 (2001).
->   Der Originalartikel (kostenpflichtig)
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Die zwei bekannten Formen von Sauerstoff
Sauerstoff, soviel ist längst bekannt, liegt in zwei Formen vor: Zum einen gibt es die Sauerstoffmoleküle in der Luft, die wir einatmen. Sie bestehen aus zwei Atomen (O2).

Zum anderen existieren Moleküle, die aus drei Atomen aufgebaut sind (O3): das Ozon, welches durch eine Reaktion von O2 mit dem Sonnenlicht entsteht.
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Sauerstoff
Sauerstoff (O) ist ein farb-, geschmack- und geruchloses Gas, bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt kondensiert Sauerstoff allerdings zu einer blauen Flüssigkeit. In freiem Zustand kommt er als Bestandteil der Luft vor, in gebundenem Zustand findet er sich in Wasser sowie in vielen Mineralien (Eisenoxid). Sauerstoff ist sehr "reaktionsfreudig": Mit den meisten Elementen verbrennt Sauerstoff zu den so genannten Oxiden; derartige Reaktionen nennt man Oxidation oder Verbrennung (Bsp: Rosten von Metallen).

Sauerstoff/Oxygen: Geschichte eines Namens

Erstmals entdeckt bzw. hergestellt wurde das Element im 18. Jahrhundert von dem schwedischen Chemiker Carl Wilhelm Scheele, der das Gas zunächst wegen seiner Eigenschaften "Feuerluft" taufte. Unabhängig davon entdeckte der englische Chemiker Joseph Priestley das Gas ebenfalls, sein Name dafür: "dephlogistisierte Luft". Die (Mit)Wirkung von Sauerstoff bei der Atmung bzw. bei Oxidationsvorgängen wurde schließlich 1775 vom französischen Chemiker Antoine Lavoisier erklärt. Von ihm stammt auch der Name "Oxygene" - vom Lateinischen Oxigenium, also "Säurebildner", da er annahm, dass Sauerstoff Bestandteil aller Säuren sei.
->   Mehr Informationen zu Sauerstoff
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Existiert O4?
Nun haben allerdings italienische Forscher um Fulvio Cacace von der römischen Universität "La Sapienza" den erfolgreichen Versuch unternommen, die Existenz von O4 zu beweisen. Also von Sauerstoff, dessen Moleküle aus vier Atomen aufgebaut sind.

Tatsächlich wurde bereits seit den 1920er Jahren die Existenz dieser dritten Form von Sauerstoff von manchen Chemikern angenommen. Doch Forschungen in diesem Bereich hatten bislang keinen Nachweis erbracht.
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Die verschiedenen Formen chemischer Elemente
Tatsächlich existieren viele chemischen Elemente in mehr als einer Form (Modifikation). Man nennt diese unterschiedlichen Arten auch "Allotrope". Kohlenstoff zum Beispiel kommt in Form von Diamanten und Graphit vor, also als sehr hartes Material. Genauso jedoch finden sich hohle Kohlenstoff-Moleküle, die man als Fullerene und Nanoröhrchen bezeichnet.
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Praktisches Interesse: Besserer Treibstoff
Das Interesse an der lange gesuchten dritten Form von Sauerstoff ist allerdings kein rein theoretisches: Denn normaler Sauerstoff (O2), der verflüssigt wird, dient zum Beispiel als Raketentreibstoff.

Da das lang gesuchte Sauerstoff-Allotrop im Vergleich zu O2 sozusagen eine Menge Sauerstoff in einen relativ kleinen Raum packt, könnte es eben auch eine noch höhere Energie-Dichte aufweisen.

Zudem könnte O4 auch eine "flüchtige Erscheinung" in bestimmten chemischen Reaktionen der Atmosphäre sein, die für das Phänomen des Nachtleuchtens auf der Erde und auf anderen Planeten verantwortlich sind.
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Sauerstoff für den Raketenantrieb
In der Technik wird Sauerstoff überall dort verwendet, wo Verbrennungsvorgänge unter hohen Temperaturen durchgeführt werden sollen: also etwa beim Schweißen oder eben als Raketentreibstoff. Verwendet wird dabei flüssiger Sauerstoff als Oxidationsmittel und Wasserstoff als Brennstoff. Die bei der Verbrennung entstehende Energie wird als Schubenergie verwertet. Je höher die Sauerstoffkonzentration aber ist, umso heftiger verlaufen die Verbrennungen.
->   Darstellung eines Raketenantriebs
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"Massenspektrometrie" für den Nachweis
Um schlüssig zu beweisen, dass man tatsächlich O4 "gefunden" hat, verwendete das Team um Fulvio Cacace die so genannte Massenspektrometrie.

Diese Technik trennt jede Mischung von elektrisch geladenen Teilchen (Ionen) gemäß ihrem Verhältnis von Masse und Ladung.
->   Grundlagen der Massen-Spektrometrie
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Details der Analyse
Die Forscher verbanden O2-Moleküle mit positiv geladenen O2-Ionen, um damit schließlich O4-Ionen herzustellen. Diese können identifiziert werden, da sie die vierfache Masse von O2-Atomen aufweisen. Die Forscher fügten jedem O4-Ion ein Elektron hinzu, und formten damit ein neutrales Molekül.

Nach einer kurzen Pause zogen die Wissenschaftler von jedem O4-Molekül ein Elektron ab, so dass sie diese wieder als Ionen aufspüren konnten (neutrale Moleküle sind für die Massenspektronomie unsichtbar).

Sie schlussfolgerten, dass, wenn die neutralen Moleküle genügend stabil waren, diese sich wieder zeigen würden, wenn man sie wieder "ionisierte". Und genau das passierte auch.
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Genaue Struktur unbekannt
Allerdings ist die genaue Struktur von O4 nach wie vor ein Mysterium. Bisherige theoretische Überlegungen zum Aussehen des Moleküls passen nicht zu den Ergebnissen der Forscher.

Die Chemiker nehmen nun allerdings an, dass O4 aus zwei hantelähnlichen O2-Molekülen gebildet wird, die lose verbunden sind.
->   Angewandte Chemie International Edition
->   Nature Science Update: New form of oxygen found
->   Universität "La Sapienza"
 
 
 
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01.01.2010