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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Alte Pflanzensorten reif für die Rückkehr  
  Alte Pflanzensorten könnten eine Lösung für viele moderne Probleme sein: Sie bieten gesunde, abwechslungsreiche Kost, Alternativen für die Landwirtschaft und Gen-Reserven für die Nahrung der Zukunft. Wissenschaftler wollen den alten Sorten deshalb eine neue Chance geben.  
Viele "alte" Obst-, Gemüse- und Getreidesorten sind im 20. Jahrhundert in Vergessenheit geraten. Moderne Landwirtschaft, Lebensmittel-Industrie und Handel konzentrierten sich auf wenige Arten und Sorten, die hohe Erträge liefern und maschinell bearbeitet werden können.
Forschung an wenigen Produkten
Auch Forschung und Entwicklung haben sich auf wenige landwirtschaftliche Produkte konzentriert und den großen Rest links liegen gelassen. Das soll sich jetzt ändern.
Umweltverschmutzung, Klimaveränderung ...
"In den vergangenen Jahrzehnten haben wir die Umwelt sehr negativ beeinflusst", erinnert Jan Engels vom International Plant Genetic Resources Institute (IPGRI) in Rom an die Fakten.

"Umweltverschmutzung, Klimaveränderung und Verstädterung zwingen uns, neue genetische Typen zu finden, die besser angepasst sind, die es uns ermöglichen, ohne Chemikalien zu produzieren und neue Nahrungsmittel zu entdecken." Das Potential dafür wäre vorhanden.
Weltweit 80.000 essbare Pflanzen
Weltweit gibt es etwa 80.000 essbare Pflanzen. Die Menschheit ernährt sich jedoch zum Großteil von nur 30. Die Hälfte des Kalorienbedarfs wird sogar nur mit Weizen, Reis, Mais und Kartoffeln gedeckt. Dazu kommt, dass die Rationalisierung der Landwirtschaft in erster Linie Ertrag gefördert hat und nicht wertvolle Inhaltsstoffe der Pflanzen.

Pablo Eyzaguirre vom IPGRI sieht die Folgen: "Die Menschen essen in erster Linie Kohlenhydrate. Die füllen zwar den Magen, aber es fehlt an Vitaminen, Eiweiß und Spurenelementen, die wir brauchen, um genug Energie zu bekommen und gesund zu bleiben."
Lösungsansatz: Weniger kultivierte Pflanzen
Um die wachsende Weltbevölkerung in Zukunft mit Nahrungsmitteln versorgen zu können, sollten wir auf jene Pflanzen zurückgreifen, die vielleicht unsere Urgroßeltern noch gekannt haben.

Pablo Eyzaguirre: "Die weniger hoch kultivierten Pflanzen enthalten mehr Vitamine und Eiweiß und kommen mit weniger Wasser, Dünger und Spritzmitteln aus. Unsere Technologien sind heute viel besser, als zur Zeit der 'grünen Revolution'. Damit können wir es schaffen, die Produktivität dieser alten Sorten zu erhöhen, ohne die selben Fehler zu machen, wie vor 40, 50 Jahren."
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Grüne Revolution
Vor allem in Entwicklungsländern sollte durch die so genannte "grüne Revolution" in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sichergestellt werden.

Weltweit wurde einheitliches Saatgut verkauft, das mehr und sicherere Erträge liefern sollte. Die neuen ertragreichen Hybridsorten machten den Einsatz von Kunstdünger und Spritzmitteln, Maschinen und künstlicher Bewässerung notwendig. Viele kleine Betriebe konnten sich diese Investitionen nicht leisten und mussten aufgeben. Weil die Böden ausgelaugt und vergiftet wurden, sinken die Erträge mittlerweile wieder.
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Beispiel "Emmer"
Bild: ORF
Schwarzer Samtemmer
Ein Beispiel für das Potential der alten Pflanzen ist der "Emmer". Diese uralte Getreidesorte war die Grundlage für moderne Weizenzüchtungen. Weil er nur den halben Ertrag von Weizen bringt, wurden er lange Zeit nicht mehr angebaut.

Jetzt hat man jedoch festgestellt, dass der Emmer für Menschen mit Weizenunverträglichkeit geeignet ist. Er enthält außerdem etwa 40 Prozent mehr Eiweiß und einen hohen Anteil an Mineralstoffen, wertvollen Aminosäuren und Lipiden.

Emmer kann zu Brot, Gebäck und sogar Bier verarbeitet werden und ist im Anbau robuster, als moderne Sorten. Im Klettgau in der Schweiz haben einige Bauern diese Vorteile erkannt und bauen jetzt wieder Emmer an - ohne Spritzmittel und mit nur einem Viertel der Düngermenge von Weizen.
Vorteile: Weniger Wasser und Dünger
Auch viele andere alte Pflanzensorten kommen mit weniger Wasser und Dünger aus als moderne Züchtungen und sind weniger krankheitsanfällig.
Geeignet für trockene Klimazonen
Vor allem in trockenen Klimazonen sind sie deshalb besser geeignet und bieten armen Ländern die Chance auf mehr Einkommen aus der Landwirtschaft.

Die Aufgabe der Wissenschafter ist nun, diese Pflanzen zu erforschen und den Bauern Hilfestellung für Anbaumethoden zu geben, die mehr Ertrag liefern und gleichzeitig Umwelt schonen und Artenvielfalt erhalten.

Sonja Bettel, Modern Times
Mehr darüber in Modern Times, 23.11., 22.35 Uhr in ORF 2
->   Modern Times
->   International Plant Genetic Resources Institute
->   Future Harvest
->   Alte Getreidesorten
 
 
 
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01.01.2010