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"Embryonen" zur Stammzellgewinnung geklont  
  Erstmals haben Wissenschaftler einer führenden US-Gentechnik-Firma menschliche "Embryonen" - mehrzellige "Zellbälle" - geklont, um diese als Quellen für embryonale Stammzellen zu verwenden.  
Klassische Klontechnik
Das gab Advanced Cell Technology Inc. (ACT), beheimatet in Worcester im US-Bundesstaat Massachusetts, am Sonntag bekannt. Das Unternehmen will das therapeutische Klonen propagieren. Es hatte bereits in den vergangenen Tagen Erfolge beim Klonen von Kühen publiziert.

ACT-Vizepräsident Joe Cibelli, der die Forschungen leitete, gab an, dass sein Team die klassischen Klontechniken anwendete und dafür Ei- und Hautzellen benutzte.
Methode a la "Dolly"
Wie eine Gruppe um den ACT-Forscher Jose B. Cibelli in dem Fachblatt "The Journal of Regenerative Medicine" berichtet, hatten sieben Frauen im Alter zwischen 24 und 32 Jahren insgesamt 71 Eizellen für die Experimente zur Verfügung gestellt.

Daraus wurden 39 ausgesucht, um sie auf zwei verschiedene Weisen zu behandeln. In 17 Eizellen ersetzten die Forscher den mütterlichen Kern mit solchen aus Zellen von Erwachsenen. Nach dieser Methode war das Klonschaf Dolly entstanden.

22 weitere Eizellen wurden mit biologischen "Tricks" zur Teilung angeregt, auch ohne dass sie befruchtet wurden. In beiden Fällen teilten sich viele Zellen bis über das Achtzellstadium hinaus.
->   Advanced Cell Technology
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Therapeutisches Klonen
Verfahren zur Züchtung von Gewebe mit körpereigenem Erbgut. In eine entkernte Eizelle wird Erbmaterial aus gesunden Zellen (z.B. Hautzellen) des Patienten gespritzt. Die Eizelle teilt sich im Reagenzglas mehrmals und wächst so zu einem frühen Embryonalstadium (Blastozyste) heran, aus dem man die embryonalen Stammzellen gewinnen kann. Diese tragen das Erbgut des Patienten und sind noch totipotent, d.h., sie können sich noch zu jedem Gewebetyp entwickeln. Ein auf diese Weise gewonnenes und implantiertes Organ würde vom Körper nicht abgestoßen. Das Verfahren befindet sich noch im Versuchsstadium.
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Nicht für das Klonen von Menschen ...
"Unsere Absicht ist es nicht, geklonte Menschen zu schaffen", meinte laut Reuters Robert Lanza, der Vizepräsident der ATC-Entwicklungsabteilung, "sondern lebensrettende Therapien für eine Reihe von Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Aids , Parkinson und Alzheimer."

Michael West, der Vorstandsvorsitzende von Advanced Cell Technology sagte, dass bisher nur sechszellige Embryonen geschaffen worden seien. Er räumte aber ein, dass sich die geklonten Embryonen - eingesetzt in die Gebärmutter einer Frau - zu Menschen entwickeln könnten.

"Wir haben extreme Maßnahmen ergriffen, damit aus unserer Technologie keine geklonten Menschen resultieren", so West.
... sondern für die Gewinnung von Stammzellen
Advanced Cell Technology gab an, die Klontechnik verwendet zu haben, um einen Zellhaufen herzustellen, der als Quelle für Stammzellen genutzt werden kann.

Nicht bekannt wurde, ob es tatsächlich gelang, den geklonten Embryonen erfolgreich Stammzellen zu entnehmen.
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Embryonale Stammzellen
Stammzellen sind so genannte Vorläuferzellen, aus ihnen kann sich noch jedes beliebige Organ und Gewebe entwickeln, je nachdem, welchen Umwelteinflüssen oder Signalen von Nachbarzellen sie ausgesetzt werden.

Wenn man die genauen Signale kennt, die dazu führen, dass sich Nervenzellen, Muskelzellen oder Herzzellen bilden, könnte man diese Entwicklung im Labor gezielt steuern und die so gezüchteten Zellen dann für Transplantationen verwenden. Speziell in der Behandlung von Alzheimer und Parkinson erhofft man sich durch diese Forschung wesentliche Fortschritte.

Was "embryonale Stammzellen" (im Gegensatz zu den "adulten") umstritten macht, ist ihr Ursprung: Sie werden Embryonen in einem sehr frühen Entwicklungsstadium entnommen - die Embryonen selbst werden dadurch vernichtet, was in Österreich etwa laut Fortpflanzungsmedizingesetz verboten ist.
->   Stammzellen: Die Diskussion im Überblick
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Humanes Klonieren?
Veröffentlicht wurden die neuesten Forschungsergebnisse über das "humane Klonierungsexperiment" im Online-Gentechnik Journal "E-biomed".

Mary Ann Liebert, die Herausgeberin der Internet-Fachzeitschrift: "Das ist ein wirklicher Meilenstein für das therapeutische Klonen. Diese vorläufigen Resultate bestärken die Hinweise darauf, dass das Reprogrammieren von menschlichen Zellen möglich ist. Sie sind natürlich auch bedeutend für das immer größer werdende Feld der 'regenerativen Medizin'."
->   E-Biomed
->   Original-Paper: "Somatic Cell Nuclear Transfer in Humans:
Pronuclear and Early Embryonic Development" (pdf-Datei)
Kritik der US-Politik ...
Trotz aller therapeutischer Absichten führte die Ankündigung des Embryonen-Klonens unmittelbar zu Kritik von jenen, die eine Zukunft mit "geklonten Menschen" befürchten.

Die Reaktion des US-Kongresses war schnell und voller Kritik. Tom Daschle, der demokratische Mehrheitsführer im Senat, meinte, dass er noch nicht "genau weiß, was ACT getan hat. Aber ehrlich gesagt halte ich es für beunruhigend, ich glaube, dass das in die falsche Richtung läuft."

In den USA dürfen Klonierungsexperimente am Menschen nicht durch staatliche Mittel unterstützt werden. Advanced Cell Technology fällt jedoch als Privatunternehmen nicht unter das Verbot.
... auch vom Präsidenten
Mit Kritik hat auch US-Präsident George W. Bush reagiert. Bush sei entschieden gegen diese Art des Klonens und hoffe, dass der US-Kongress möglichst rasch ein entsprechendes Gesetz verabschieden werde, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jennifer Millerwise.

Das Abgeordnetenhaus hatte im Juli bereits ein Gesetz zum Bann des Klonens menschlicher Embryos gebilligt. Im Senat liegt eine ähnliche Vorlage zur Verabschiedung vor. Bush selbst hatte in diesem Jahr grünes Licht für eine begrenzte finanzielle Förderung der Forschung an embryonalen Stammzellen gegeben.
Bald auch reproduktives Klonen?
Im August hatten zwei US-Wissenschaftler angekündigt, im November mit dem Klonen von Menschen beginnen und damit unfruchtbaren Paaren geklonte Kinder ermöglichen zu wollen.
->   Klonung menschlicher Embryonen angekündigt
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Ö1-Zukunftssymposion "Life Sciences"
Mit diesen und ähnlichen Fragen der Gentechnik beschäftigt sich auch das Ö1-Zukunftssymposion "Life Sciences". Dabei wird ein aktueller Überblick über die neuesten Ansätze der Biotechnologie gegeben und den Fragen nachgegangen, wie Risikoforschung, Expertenwissen, Politikberatung, politische Öffentlichkeit und Medien in demokratischen Systemen mit diesen neuen Fragestellungen konstruktiv und zukunftsorientiert umgehen sollen. Zudem werden der Forschungsstandort Europa und die forschungspolitischen Voraussetzungen, Grundlagenforschung in Technologie umzusetzen, diskutiert.

RadioKulturhaus
28. und 29. November 2001
Argentinierstraße 30 A
1041 Wien
Eintritt frei
->   Mehr zum Ö1-Zukunftssymposion
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->   Mehr über Klonen in science.orf.at
 
 
 
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01.01.2010