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Raffinierte Vibrationen weisen Bienen den Weg  
  Großstädte sind bei Nacht durch unzählige, oft blinkende Lichtreklamen erleuchtet. Den gleichen Trick nutzen Bienen, wenn sie im geschäftigen Treiben ihres Stocks eine Botschaft loswerden wollen. Statt eines Blinklichts setzen sie raffinierte Vibrationssignale ein. Die spezielle Konstruktion von Bienenstöcken erregt jetzt aber auch die Aufmerksamkeit von Bauingenieuren. Sie wollen sich die "Hochtechnologie" aus der Natur abschauen, um stabilere Hochhäuser zu bauen.  
Das berichten Bienenforscher von der Uni Würzburg zusammen mit französischen und australischen Kollegen in der letzten November-Ausgabe des Wissenschaftsblatts "Journal of Experimental Biology".
->   Journal of Experimental Biology(kostenpflichtig)
Komplexe Kommunikation
Die Tänze der Bienen gehören zu den komplexesten Kommunikationsformen im Tierreich. Will eine Sammlerin ihre Kolleginnen auf einen weit entfernten Futterplatz aufmerksam machen, dann tut sie das mit einer Kette aufeinander folgender Verhaltensschritte, die alle im dunklen Bienenstock ablaufen.

Die Kette beginnt damit, dass die Tänzerinnen andere Bienen heranlocken, um ihnen dann im Nahkontakt die Information über die Lage der Futterstelle zu vermitteln. Für diesen ersten Schritt spielen feinste Vibrationen der Waben, auf denen die Tänze stattfinden, eine entscheidende Rolle.
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Wenn Bienen kommunizieren
Wenn eine Biene eine neue Nahrungsquelle entdeckt hat, fliegt sie in den Stock, um den anderen Bienen von der Entdeckung zu "berichten". Sie kann über mitgebrachten Pollen im Haarkleid genaue Auskunft über die Art der Futterquelle geben sowie über einen Tanz Richtung und Entfernung vom Stock mitteilen.

Bei Entfernungen bis 100 Meter benutzen die Bienen den "Rundtanz" ohne Richtungsangabe. Bei Entfernungen zwischen 100 Metern und zwei bis drei Kilometern benutzen die Bienen den "Schwänzeltanz" und können durch Angabe des Winkels zur Sonne die genaue Richtung zur Futterquelle angeben.
->   Mehr zum Bienentanz
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Schwingungsmuster auf der Wabe
Der Würzburger Bienenforscher Jürgen Tautz, der Franzose Jerome Casas und der Australier David Sandeman haben entdeckt, dass die von einer Tänzerin erzeugten Schwingungen auf der Wabe ein raffiniertes zweidimensionales Muster bilden: Dabei schwingen gegenüberliegende Wände immer gleichsinnig, während bei einigen wenigen Wabenzellen in der Nähe der Vibrationsquelle die Bewegungen genau gegenläufig sind.

Auf diese Weise entstehen nahe bei der Tänzerin Orte, die inmitten des Trubels im Bienenstock auf den Vibrationssinn der Bienen in etwa so wirken wie ein blinkendes Licht in einer gleichmäßig hellen Umgebung auf den optischen Sinn. "Die Bienen nutzen dieses spezielle Schwingungsmuster als Wegweiser zur Tänzerin", so Tautz.
Analyse der Schwingungsquelle
Diese Erkenntnis wurde in Tours in Frankreich gewonnen, wo zwei identische Laser-Doppler-Vibrometer zur Verfügung stehen.

Damit war es den Forschern möglich, die Bewegung an zwei Wabenpunkten gleichzeitig zu messen und so Schritt für Schritt die Vorgänge in der Umgebung einer Schwingungsquelle - im natürlichen Falle also einer Bienentänzerin - zu rekonstruieren.
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Allgemeines zu Bienen
Apoidea, Überfamilie der Stechimmen, bei der die Weibchen die Brut mit Honig und Pollen versorgen, der mit besonderen Sammelapparaten eingetragen wird. Unterschieden werden die Gruppen der solitären Sammelbienen mit den Urbienen, Beinsammlern und Bauchsammlern, die parasitären oder Schmarotzerbienen und die sozialen Bienen.

Die einzelnen Gruppen der Schmarotzerbienen sind aus den Gruppen ihrer Wirtsbienen hervorgegangen. Die Honigbiene gehört zu den sozialen Bienen. Die 2.000 bekannten Arten verteilen sich auf sechs Familien, die Urbienen, Sandbienen, Schmalbienen, Sägehornbienen, Bauchsammlerbienen und höheren Bienen.
->   Mehr zu Bienen
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Interesse bei Bauingenieuren
Für das besondere Schwingungsverhalten der Waben interessieren sich auch Bauingenieure: Eine Arbeitsgruppe von der Firma CalTec in Pasadena (Kalifornien) hat bereits mit den Würzburger Bienenforschern Kontakt aufgenommen.

Die Amerikaner befassen sich mit der Konstruktion von erdbebenfesten Stahlgerippen in Hochhäusern und interessieren sich dafür, wie die Bienen ihre Waben bauen und wie sie es schaffen, dass Schwingungen entweder weitergeleitet oder gedämpft werden.

"Die Bienen haben während ihrer 50 Millionen Jahre dauernden Evolution also Entdeckungen gemacht, aus denen der Mensch als Baukonstrukteur lernen kann", so Tautz.
->   Mehr zum Bienentanz auf science.orf.at
->   Biozentrum Universität Würzburg
 
 
 
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01.01.2010