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Die gesellschaftlichen Folgen der Robotik  
  Die Technisierung unserer Gesellschaft nimmt laufend zu. Während die IT-Industrie ihre Kunden täglich mit neuen Errungenschaften ihrer Labors und Thinktanks beglückt, fragen sich die wenigsten nach den sozialen und gesellschaftlichen Folgen jenes Technobooms. Jetzt hat die Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen in Berlin ihre Studie zur Zukunft der Robotik vorgestellt.  
Die interdisziplinäre Wissenschaftlergruppe hat in ihrer
zweijährigen Arbeit Handlungsempfehlungen für die Entwicklung moderner, weitgehend autonomer Robotersysteme formuliert und Vorschläge für den Umgang mit den daraus entstehenden
gesellschaftlichen Problemen gemacht.
Autonom agierende Roboter
Auf der Grundlage der heutigen Forschung können Robotersysteme entwickelt werden, deren Einsatzmöglichkeiten weit über die bisher üblichen begrenzten Industrie-Anwendungen hinausreichen.

Diese mit komplexen Steuerungssystemen ausgestatteten Roboter orientieren sich autonom in ihrer Umwelt. Sie bewegen sich auf Rädern oder Beinen und führen mit Greifern Handlungen aus. Durch einen flexiblen Aufbau sind der Ausweitung der Einsatzgebiete kaum technische Grenzen gesetzt.
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Robotik Teil 1
Der Begriff der Robotik ist einer der schillerndsten an der Nahtstelle von Ingenieurwissenschaften, Informatik und Künstlicher Intelligenz: euphorische Vorstellung von einer Welt, in der Maschinen alle den Menschen unangenehmen Tätigkeiten verrichten, verbinden sich damit ebenso wie tiefes Mißtrauen vor einer nicht kontrollierbaren Technologie.

Der erste Roboter, der dieser Definition entsprach, war der "Unimate" der Firma Unimation, der Mitte der sechziger Jahre erschien. Mit dem Fortschritt im Maschinenbau (Kinematik und Konstruktion), der Elektrotechnik (Werkstoffe und Regelungstheorie) wurden die Roboter immer schneller, flexibler und genauer. Man hat mit dem Einsatz von Robotern in der Produktion (stationäre Roboter und inzwischen auch fahrerlose Transportsysteme, siehe etwa das Forschungsprojekt IPAMAR) einen Stand erreicht, der eine weitgehende Durchdringung von Produktionslinien für mittlere Serien erlaubt, d.h. solche für Stückzahlen von mehreren hundert bis zu einigen Tausend pro Tag.
->   Robotik-Forschung im deutschsprachigen Raum
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Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts
Die Mitglieder der Projektgruppe betrachten die Robotik als eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, die das alltägliche Leben stark verändern könnte.

Die Förderung dieser Technologie wird nachdrücklich empfohlen, wobei allerdings eine ökonomische, rechtliche und ethische Begleitung unerlässlich ist. Dazu wurden im Rahmen des Projektes Kriterien entwickelt, anhand derer die Chancen und Risiken von Robotersystemen bewertet werden können.
'Moralisch empfehlenswert'
Im Mittelpunkt der weiteren Entwicklung werden vermutlich sogenannte Expansionsroboter stehen, die den Menschen in die Lage versetzen, Handlungsbarrieren zu überwinden.

Der Einsatz solcher Roboter ist ökonomisch sinnvoll und moralisch empfehlenswert vor allem in gefährlichen Situationen wie z.B. bei bestimmten Arbeiten in Kernkraftwerken, der Sprengmittelentschärfung, aber auch zur Erweiterung des menschlichen Handlungsspielraums im Weltraum und für die Minimal Invasive Chirurgie.
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Robotik Teil2
So erfolgreich die Mechanisierung von Produktionsabläufen in der Vergangenheit auch war, so lang wird der Weg zu Systemen sein, die mehr als spezialisierte Fertigkeiten implementieren (obwohl sich auch in der klassischen Produktionsrobotik neue Umwälzungen hin zu wesentlich präziser arbeitenden Robotern andeuten). Dies wird aller Voraussicht nach so lange so bleiben, wie Realisierungen aus Metall, Kunststoff und Silizium bestehen und nicht aus biologischem Substrat. Damit ist gleichzeitig angedeutet, in welche Richtung die zukünftige Entwicklung gehen könnte: Neben Verbesserungen der vorhandenen Roboter ist ein intensives Studium der Leistungen natürlicher Vorbilder unumgänglich, um daraus technische Lösungen abzuleiten. Dies beginnt beim Verhalten der neuronalen Steuerung von Bewegungsabläufen bei Insekten, deren "kollektiver Intelligenz" und geht bis hin zur Analyse kognitiver Leistungen des Menschen.
->   Kognitive Robotik
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Rechtlicher Handlungsbedarf
Es besteht allerdings erheblicher rechtlicher Regelungsbedarf, da autonome Roboter mit Lernalgorithmen und damit der Fähigkeit, ihr Verhalten an neue Einsatzbereiche und -anforderungen anzupassen, ausgestattet sind.

Es muss praxistauglich unterschieden werden können, ob ein durch einen Roboter verursachter Schaden vom Roboterhersteller zu tragen ist oder vom Roboterhalter.
Pflegeeinsatz von Robotern unethisch
Möglicherweise kann die transparente Dokumentation der Lernprozesse eines Roboters z.B. in einer Black Box helfen. Darüber hinaus wird durch die Projektgruppe zur Erleichterung der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen eine Beweislastumkehr vorgeschlagen: Der Hersteller bzw. Halter eines autonomen Roboters muss nachweisen können, dass sein Gerät sachgerecht konstruiert und gewartet wurde.

Im medizinischen Bereich wurden Empfehlungen zur operativen Medizin, zur medizintechnischen Robotik und Prothetik sowie zum Entgeltsystem gegeben.

Der Einsatz von Robotern in der Pflege wird differenziert beurteilt: Roboter sollen nur bei der Pflege assistieren. Die Ersetzung menschlicher Pflege durch Roboter wird aus ethischen Gründen abgelehnt, da die Gefahr besteht, dass der zu Pflegende instrumentalisiert wird.
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Die Publikation
Die Europäische Akademie legt diese Publikation als Ergebnis der interdisziplinären Arbeit der Projektgruppe "Robotik. Optionen der Ersetzbarkeit des Menschen" vor.
T. Christaller, M. Decker, J. Gilsbach, G. Hirzinger, K.
Lauterbach, E. Schweighofer, G. Schweitzer, D. Sturma: Robotik.
Perspektiven für menschliches Handeln in der zukünftigen Gesellschaft.
Springer Verlag 2001, Reihe Wissenschaftsethik und
Technikfolgenbeurteilung herausgegeben von der Europäischen Akademie
Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH, Band 14, ISBN 3-540-42779-1
->   Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer
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01.01.2010