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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
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Wie kommt Geschlechtergerechtigkeit in die Universität?
Von Gabriele Moser
 
  Hochschulpolitische Entwicklungen erfordern den Weiterausbau einer eigenverantwortlichen Universität, die den neuen Anforderungen in Wissenschaft und Gesellschaft gerecht werden kann. Dieses Anforderungsprofil betrifft Frauen und Männer in unterschiedlicher Weise. Unterschiedliche Bedingungen und Karrierechancen für Frauen und Männer stehen im Zusammenhang mit Arbeitskultur, Arbeitsumfeld, Arbeitszeitgestaltung, Mobilität und der Vereinbarkeitsproblematik zwischen Beruf, Freizeit und Betreuungsleistungen.  
Genderperspektive nötig für Wissenschaft
Gender Studies und Feministische Theorie beinhalten Forschungsansätze von, für und über Frauen. Obwohl die Bedeutung von Women's Studies und Gender Research international außer Frage steht, verwundert es, dass diese so wenig in der Forschung berücksichtigt werden.

Forschung ohne Berücksichtigung der Genderperspektive läuft auch Gefahr, in Unwissenschaftlichkeit abzugleiten.
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Gastkommentar
Ao.Univ.Prof. Dr. Gabriele Moser ist Vizerektorin der Universität Wien für Personalangelegenheiten und Frauenförderung sowie Oberärztin an der Universitätsklinik für Innere Medizin IV am AKH in Wien.
->   CV von Gabriele Moser
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Dialog der Disziplinen für Uni-Profilbildung
Forschung ohne Frauen ist einseitig und ein nicht zu tolerierender Verlust von Forschungsressourcen. Über Gender Studies werden Ausweitung und Intensivierung von Kooperationsmöglichkeiten in der Forschung und eine konsequente Aufklärung, die das Denken an die jeweiligen Grenzen der Disziplinen führt, notwendig.

Die daraus resultierenden vielfältigen Fragestellungen ermöglichen eine inner- und außeruniversitäre Öffnung und können den klassischen (männlich dominierten) Wissenschaftskanon hinterfragen. Somit ergeben sich in dem Dialog der Disziplinen über Gender studies auch Chancen einer inhaltlichen Schwerpunkt- und Profilbildung der Universität.
->   Projektzentrum Frauen- und Geschlechterforschung und Frauenförderung
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Der Frage, wie "Geschlechtergerechtigkeit in die Universität" kommen kann, widmen sich Gender-ExpertInnen bei einer am 30. November in der Aula der Universität Wien stattfindenden Tagung, veranstaltet von der Vizerektorin der Universität Wien, Univ. Prof. Dr. Gabriele Moser gemeinsam mit den beiden Projektzentren Frauen- und Geschlechterforschung und Frauenförderung an der Universität Wien.
->   Mehr zur Veranstaltung: Gender Studies - Quo vadis Universität?
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Best-Practice-Modelle durch Gender Studies
Der Zusammenhang von Frauenförderung, Frauenforschung und Feministischer Theorie ist nicht neu und nicht unumstritten. Vor dem Hintergrund aktueller hochschulpolitischer Entwicklungen - die Gestaltung der neuen Studienpläne, die Entlassung der Universität in die Autonomie, das neue Dienstrecht - wurde der Versuch unternommen, diese bisher oft getrennt gehaltenen Bereiche in einem neuen Verhältnis zu denken.

Viele der Best-Practice-Modelle zur Frauenförderung entwickelten sich aus Forschungsergebnissen der Gender Studies und Feministischen Theorie.
Vereitelte Chancengleichheit
Frauen sind vom Wissenstransfer oftmals ausgeschlossen. Traditionelle Strukturen im Wissenschaftsbetrieb lassen sich durch Männerseilschaften und Geschlechtsneutralität unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Objektivität charakterisieren.

Die klassische männliche Wissenschaftskarriere wird in der Regel durch die Freistellung von privaten Verpflichtungen ermöglicht, während Wissenschafterinnen häufig mit Mehrfachbelastungen konfrontiert sind.

Geschlechtsspezifische Diskriminierungen werden mit diesem gesellschaftlichen Rollenverständnis auch innerhalb der Universität tradiert: Frauen wird z.B. zu Beginn ihrer Karriere häufig nur Zu- und Hintergrundarbeiten bei mangelnder Ressourcenzuteilung ermöglicht. Die Chancengleichheit der eigenständigen wissenschaftlichen Qualifizierung wird somit oft vereitelt.
Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming bedeutet, eine geschlechtersensible Perspektive in alle politischen Konzepte und Maßnahmen zu integrieren, mit dem Ziel, längerfristig eine Gleichstellung der Geschlechter herbeizuführen.

Dabei sollen alle Maßnahmen und Entscheidungsprozesse bereits in der Konzeptionsphase auf ihre geschlechtsspezifischen Auswirkungen überprüft werden.

Diese konsequente, sowohl inhaltliche als auch formal-rechtliche Berücksichtigung des Faktors Geschlecht in allen Disziplinen und auf allen universitären Ebenen trägt zur langfristigen Etablierung von geschlechtergerechten Strukturen und Inhalten in Forschung und Lehre bei.
Verlust von Ressourcen
Trotz einer mehr als 60-prozentigen Erstabschlussquote sind Frauen in den höheren wissenschaftlichen Funktionen kaum vertreten. Österreichweit liegt der Professorinnenanteil bei sieben Prozent.

Nicht nur wissenschaftliche, sondern auch ökonomische Ressourcen gehen dabei der Universität verloren. Damit reduzieren sich die Profilbildungschancen in Richtung Innovation, internationaler Konkurrenzfähigkeit und Qualitätsverbesserung.

Das Gelingen der Modernisierung der Universitäten hängt davon ab, wie sehr Frauen die Gelegenheit geboten wird, sich an der Mit- und Neugestaltung zu beteiligen.
Mehr zum Thema in science.orf.at:
->   Neues Zentrum für Gender Studies in Salzburg
->   Birgit Sauer: Neues Uni-Dienstrecht - Nachteile v.a. für Frauen
->   Österreich-Premiere: Institut für Frauenforschung
->   Ada Pellert: Die Gender-Dimension in der Universitätsreform
 
 
 
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01.01.2010