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Österreich erhält Zugang zu Europas stärkster Röntgenquelle  
  Österreichische Wissenschafter erhalten nun erstmals Zugang zu Europas stärkster Röntgenquelle. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) hat jetzt eine Startfinanzierung für einen Beitritt Österreichs zur European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) empfohlen. Heimische Wissenschaftler hoffen nach diesen ersten Schritten jetzt auf eine dauerhafte Einbindung in das eurpäische Herz der Röntgenforschung.  
Diese internationale Forschungseinrichtung in Grenoble (Frankreich) liefert sehr intensive Röntgenstrahlung, die Wissenschaftern verschiedenster Gebiete Einblick in die Nanowelt und damit die Aufklärung kleinster Strukturen ermöglicht.
1994 offiziell in Betrieb gegangen
Die Europäische Synchrotron-Strahlungs-Einrichtung ESRF wurde 1994 offiziell in Betrieb genommen. In einem Teilchenbeschleuniger mit einem Umfang von 850 Metern werden Elektronen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt.

Dabei entsteht Röntgenstrahlung, die zehntausend bis hunderttausend Mal so stark ist wie jene aus herkömmlichen Röntgenröhren. ESRF gilt als die stärkste Röntgenquelle Europas und eine der stärksten weltweit.
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Synchrotonstrahlung
Diese elektromagnetische Strahlung geht von energiereichen, geladenen Teilchen aus, die durch ein Magnetfeld auf eine gekrümmte Bahn gezwungen werden - etwa in ringförmigen Teilchenbeschleunigern. Mit einer Energie von sechs Milliarden Elektronenvolt, die die Elektronen in der ringförmigen Vakuumröhre des Beschleunigers antreibt, ist ESRF die stärkste Röntgenquelle Europas und eine der stärksten weltweit. Die im Teilchenbeschleuniger erzeugte Röntgenstrahlung ist bis zu hunderttausend Mal so stark wie jene aus einer Röntgenröhre, wie sie etwa für medizinische Anwendung benutzt wird. Anders als beim Lungenröntgen werden Objekte mit der Synchrotronstrahlung nicht direkt durchleuchtet. Vielmehr wird gemessen, wie stark die Röntgenstrahlen an den einzelnen Atomen gebeugt werden und daraus dann die innere Struktur des Objekts berechnet.
->   Synchrotronstrahlung im HASYLAB
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Zwölf europäische Länder beteiligt
Zwölf europäische Länder finanzierten den Bau von ESRF, andere traten später bei. "Mittlerweile ist Österreich das einzige westeuropäische Land, das nicht Mitglied der Forschungseinrichtung ist. Selbst Tschechien und Ungarn sind schon mit dabei", berichtet Peter Fratzl, Direktor des Erich-Schmid-Instituts für Materialwissenschaft der Akademie der Wissenschaften in Leoben, im Gespräch mit der APA.

Der Wissenschafter hat sich in den letzten Jahren an der Spitze einer Gruppe österreichischer Forscher, die mit Neutronen- und Synchrotronstrahlung arbeiten, für den Beitritt Österreichs zu ESRF stark gemacht. Denn die Wissenschafter standen nach den Worten Fratzls vor einer "dramatischen Situation".
Bereits seit mehreren Jahren in Frankreich tätig
Denn trotz fehlender Mitgliedschaft konnten in den vergangenen Jahren viele österreichische Forscher in Grenoble arbeiten und rund ein Prozent der gesamten zur Verfügung stehenden Strahlzeit nutzen.

"Wir haben allerdings keinen Groschen dafür bezahlt, das war nur auf Goodwill", so Fratzl. Deshalb sei die Gefahr sehr groß gewesen, dass die Österreicher bald ausgeschlossen würden. "Dabei nimmt die Bedeutung der Strukturforschung mit Hilfe von Röntgenstrahlen rasant zu, vor allem in den Bio-Wissenschaften", betont der Wissenschafter.

So sei die Synchrotron-Strahlung das wichtigste Werkzeug zur Aufklärung der Struktur von Proteinen. Die Bedeutung zeige auch die Zahl der derzeit schon an ESRF arbeitenden Österreicher: laut Fratzl sind mehr als 20 Arbeitsgruppen von fast allen Unis und
Forschungseinrichtungen in Grenoble tätig.
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Einsatz in der Materialforschung
Die 'indirekte Messung' mittels Beugung der Röntgenstrahlung an den einzelnen Atomen macht sich die Materialforschung und in die biologische Grundlagenforschung zu Nutze. Ohne aufwendige
Präparationsmethoden können Untersuchungen im Nano-Bereich durchgeführt werden. In der Materialforschung werden beispielsweise die Struktur von Keramiken, in der Biomedizin der Aufbau von Eiweißmolekülen untersucht.
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Freude der Forscher groß
Die Freude der Forscher über die Finanzierungsempfehlung des Rates ist deshalb groß, aber dennoch nicht ganz ungetrübt. "Die nun zugesagten 12 Millionen ATS (ca. 870.000 Euro) sind der Beitrag für ein Jahr, was passiert danach?", fragt Fratzl.

Nach seiner Ansicht wäre nur ein Vertrag über fünf Jahre sinnvoll, "wenn es nur bei einem Jahr bliebe, wäre das eine Blamage". Das Problem ist, dass ein Vertrag mit ESRF von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften abgeschlossen werde, und diese ohne finanzielle Garantien voraussichtlich keine längerfristige Verpflichtung eingehe.

Als Beispiele für Forschungsarbeiten österreichischer
Wissenschafter, die an der ESRF durchgeführt werden, nennt Fratzl neben der Aufklärung von Proteinstrukturen beispielsweise die Untersuchungen an der Struktur von Knochen im Zusammenhang mit Osteoporose oder Nanostrukturen in Halbleitern.
->   European Synchrotron Radiation Facility (ESRF)
->   Zielsetzungen des Rates für Forschung und Technologieentwicklung (RFT)
 
 
 
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01.01.2010