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Gefährliche Schnarchnase  
  Schnarchen ist nicht nur für den Bettnachbarn eine unangenehme, nächtliche Ruhestörung, es erhöht auch die Wahrscheinlichkeit von Herzkreislauferkrankungen. Experten meinen zudem, dass jeder dritte Unfall durch "schnarchbedingten" schlechten Schlaf verursacht wird. Durch eine Schlafapnoe-Therapie kann allerdings das "gefährliche" Schnarchen beendet und einer Reihe gesundheitsschädlicher Nachwirkungen vorgebeugt werden.  
"Uns ist es erstmals gelungen, einen Zusammenhang zwischen Schnarchen und Gefäßkrankheiten herzustellen", erklärte der Pneumologe Hans-Werner Duchna in Bochum zur Präsentation der aktuellen Studie, wie der "Informationsdienst Wissenschaft" meldet.

Vorab präsentiert wurde die Studie im Wissenschaftsmagazin "Rubin" der Ruhr-Universität Bochum (RUB).
Gefährliche Nebenerscheinungen
Kommt es durch gestörtes Zusammenspiel der
Atmungsmuskulatur oder mechanische Behinderungen des Luftstroms zu mehrmaligen Atempausen (Apnoen), die mindestens zehn Sekunden dauern, so sind im Laufe der Zeit Nebenerscheinungen durch die Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff quasi vorprogrammiert.

Wenn im Schlaf die Muskeln, die die oberen Atemwege offen halten, erschlaffen, kommt es zu einer Verengung oder sogar zu einem Verschluss der Atemwege. Dann ist der Weg für die Atemluft versperrt und die Atmung kann nicht mehr geordnet stattfinden.

Die Störung des Schlafes und Bedrohungen des Stoffwechsels sind unausweichlich. Die Erkrankung selbst bleibt dennoch oft unerkannt, da der Erkrankte selbst oder auch sein Partner das unregelmäßige Schnarchen bzw. die Atempausen dazwischen nicht hören.
Konzentrationsstörungen und Unfälle
Schlafapnoe führt darüber hinaus bei den Patienten zu Müdigkeit und Konzentrationsstörungen: "So verursachen die Betroffenen sieben Mal so viele Verkehrsunfälle wie gesunde Menschen", erläuterte Pneumologe Duchna.

Durch eine Schlafapnoe-Therapie könne die "gefährliche
Schnarchnase" dauerhaft geheilt werden, meint der Experte. Nach nur wenigen Wochen Behandlung, bei der den Patienten unter Überdruck Luft zugeführt wird, erhielten auch die Gefäße wieder ihre volle Elastizität zurück.
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Schlafapnoe und Schnarchen
...im Schlaf wiederholt auftretende Atemstillstände, die 10 Sek. bis 2 Min. dauern können. Dadurch entsteht eine Sauerstoffunterversorgung des Körpers.

Schnarchen kann durch ein Zusammenfallen der Rachenwände bei der Einatmung entstehen, aber auch durch eine Störung des Atemzentrums. Häufig liegt eine Kombination beider Formen vor. Meist tritt das S. bei übergewichtigen Männern im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf. Der Erkrankte selbst leidet unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Tagesschläfrigkeit und morgendlichen Kopfschmerzen. Langfristig entwickeln sich Bluthochdruck sowie aufgrund des Sauerstoffmangels Herz-Kreislauf-Erkrankungen und gehirnorganische Veränderungen.
->   Mehr zu Schlafapnoen
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Geschädigte Gefäße
Die Gefäße von Patienten, deren Atmung im Schlaf aussetzt (Schlafapnoe-Syndrom), verlieren auf Dauer oft ihre Elastizität. Das erklärt, warum Betroffene häufiger an gefährlichen Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlafanfall leiden als normal Atmende.

Mediziner des RUB-Klinikums konnten diesen Zusammenhang mit Tests an der Handvene erstmals nachweisen. Unter einer Schlafapnoe-Therapie verbessert sich die Elastizität der Gefäße schnell wieder.
Bestätigung durch österreichische Mediziner
Erkrankte klagen oft über unerholsamen Schlaf, morgendliche Kopfschmerzen, exzessive Tagesschläfrigkeit, Gereiztheit, Depression, die auf die kurzzeitige Sauerstoffunterversorgung des Körpers und die damit kurzfristigen "Arousals" (Erwachen) zurückzuführen sind, so Wolfgang Schreiber, der ebenso wie das Grazer "Schnarchlabor" im Universitätsklinikum Kontrolluntersuchungen hinsichtlich OSA (obstruktiven Schlafapnoe) durchführt.

"Der gestörte Schlaf gilt als extremes Unfallrisiko", bestätigt auch der Leiter des Zentrums für Schlafmedizin an der Grazer Sigmund-Freud-Landesnervenklinik, Manfred Walzl. "Rund 24 Prozent
aller tödlichen Unfälle und insgesamt jeder dritte Unfall werden durch schlechten Schlaf verursacht", so Walzl.
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Die Ursachen des Schnarchens
Die Atmung des Menschen im Schlaf wird durch einen Regelkreislauf zwischen Gehirn und Atmungsorganen gesteuert. Bestimmte Faktoren können störend auf diesen Regelkreis einwirken. Als Auslöser kommen vergrößerte Nasenpolypen, Rachen- oder Gaumenmandeln, oder eine verbogene Nasenscheidewand in Frage. Diese Auslöser können durch Alkohol verstärkt werden. Alkohol setzt die Muskelspannung im gesamten Körper herab. Die Steuerungsfunktionen des Gehirns werden herabgesetzt und der Regelkreislauf zwischen Gehirn und Atmungsorganen wird beeinträchtigt.

Gefährlich können Schlafmittel sein, denn diese wirken auf die Muskulatur und das Atemzentrum und können Atemstillstände hervorrufen. Zu den weiteren Verstärkern zählen Übergewicht, Schlafen in Rückenlage, das Alter, weil mit zunehmendem Alter die Muskelspannung nachlässt, und das Geschlecht - Männer schnarchen mehr als Frauen. Als Ursache dafür wird das beim Mann fehlende Hormon Progesteron diskutiert. Es verhindert die Erschlaffung der Atemmuskeln und stimuliert den Atemantrieb.
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Schlüsselrolle Endothelzellen
Der Schlüssel zu dem Zusammenhang zwischen Schlafapnoe und Gefäßkrankheiten liegt in den so genannten Endothelzellen. Sie befinden sich u.a. in den Gefäßwänden und steuern die Gefäßweite.

Als Reaktion auf das Hormon Bradykinin geben die Zellen Stickstoffmonoxid (NO) ab, das zur Erweiterung des Gefäßes führt. Bei Schlafapnoepatienten funktioniert dieser Ablauf nicht - ihre Gefäße weiten sich unter dem Hormoneinfluss nur auf 60 Prozent ihrer Maximalweite.
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Bradykinin
Ein Peptidhormon. Bradykinin wird aus Blutplasmaprotein freigesetzt (daher Gewebshormon) und wirkt gefäßerweiternd (daher blutdrucksenkend) sowie auf die glatte Muskulatur von Darm, Bronchien und Uterus kontrahierend.
->   Mehr zu Bradykinin
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Nach wenigen Wochen wieder gesund
Verabreicht man ihnen jedoch direkt Stickstoffmonoxid, weiten sich die Adern ganz normal. Nach nur wenigen Wochen unter einer Therapie, bei der der Patient nachts unter ständigem Überdruck einatmet, so dass die Atemwege offen bleiben, arbeiten die Endothelzellen wieder wie bei einem Gesunden.

Ärzte vermuten, dass mechanische Kräfte oder gefährliche Radikale, die sich durch den Sauerstoffanstieg und -abfall in den Gefäßen bilden, die Endothelzellen schädigen könnten.
->   Aktuelle Studie der Ruhr-Universität Bochum
->   Grazer HNO-Universitätsklinik
->   Abteilung für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
->   Schlaflabors in Österreich
 
 
 
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01.01.2010