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Die 39. Mersenne-Primzahl  
  Nur 38 Stück waren bis heute von einer besonderen Art von Primzahlen - den Mersenne-Primzahlen - bekannt. Jetzt dürfte nach jahrelanger Suche die 39. Zahl entdeckt worden sein, ein junger Kanadier war - so scheint es - erfolgreich.  
Gefunden hat er sie im Rahmen eines Projektes, das seit 1995 läuft und bei dem sich Tausende Heim-Computer-Besitzer über Internet an der Suche beteiligen. Bleibt nur die Frage: Wozu sucht man bestimmte Zahlen, wenn es ohnehin so viele gibt?
Mit dem PC auf der Suche nach großen Zahlen
Unsere Computer sind meistens mit einer ganz bestimmten Sache beschäftigt: mit nichts tun. Denn sei es nun unter Tags in Arbeits- oder Spielpausen, oder in der Nacht - sehr oft laufen die Rechenmaschinen ganz ohne Sinn und Zweck.

In dieser Zeit könnten sie Sinnvolles oder weniger Sinnvolles tun - zum Beispiel Außerirdische im Universum suchen, wie beim SETI-Projekt oder aber bestimmte, große Zahlen in der mathematischen Welt aufspüren.
->   SETI-Projekt
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Primzahlen
Jede natürliche Zahl die größer als 1 ist und die keinen Teiler außer sich selbst ist eine Primzahl, also zum Beispiel 2,3,5,7,11,13,..... Die Zahlen um die es bei der Suche geht sind sogenannte Mersenne-Primzahlen. Sie haben die Form 2 hoch p -1, wobei p selbst auch eine Primzahl ist. Das heißt man multipliziert die Zahl 2 genau p mal mit sich selbst und zieht dann 1 ab. Die ersten Zahlen sind 3,7,31,.... Es gibt unendlich viele Primzahlen. Ihre gesetzmäßige Aufeinanderfolge ist nicht bekannt (Euklid). Die Verteilung der Primzahlen unter den natürlichen Zahlen ist äußerst unregelmäßig. Recht häufig sind Primzahlzwillinge, d. h. zwei Primzahlen, die im Abstand 2 aufeinanderfolgen (z. B. 3 und 5, 5 und 7, 11 und 13). Bis heute ist noch ungeklärt, ob es unendlich viele Primzahlzwillinge gibt. Da sich alle natürlichen Zahlen aus Primzahlen zusammensetzen, ist die mathematische Grundlagenforschung an ihnen besonders interessiert.
->   Mehr zu Primzahlen
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Seltene Mersenne-Primzahlen
Im Gegensatz zu normalen Primzahlen - von ihnen gibt es 25 unter den ersten hundert Zahlen - wachsen die Mersenne Zahlen sehr schnell und sind deshalb sehr selten.

Vier Millionen Ziffern hat die neue, erst 39. Zahl. Das heißt alleine um sie auf ein Blatt bzw. viele Blätter Papier zu schreiben bräuchte man über 23 Tage - wenn man 24 Stunden am Tag schreibt - also von jetzt bis kurz vor Silvester.
Ein Computer ist gut...
Nicht jede Zahl der Form 2 hoch p -1 ist eine Primzahl, es stellt sich also die Frage ob eine solche Zahl nun prim ist oder nicht. Computer sind deshalb besonders geeignet, dieses Problem zu lösen, da sie mit der sogenannten binären Darstellung von Zahlen arbeiten.

Sie speichern Zahlen als eben diese Potenzen von 2 die in der Formel für die Mersenne Zahlen (2 hoch p -1) beinhaltet sind. Heraus kommt eine Kette von Einsern mit der es sich im Computer relativ einfach rechnen lässt.
...viele sind besser
Mit GIMPS, dem "Great Internet Mersenne Prime Search" soll der enorme Rechenaufwand, der trotzdem notwendig ist, um zu überprüfen ob eine Mersenne Zahl auch eine Primzahl ist, aufgeteilt werden.

Jeder Computerbesitzer der einen Internetzugang hat, kann sich beteiligen und eine vermeintliche Primzahl überprüfen. Die guten kommen dann ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen - ein Server organisiert die gemeinschaftliche Suche und sammelt die Ergebnisse ein.
->   Great Internet Mersenne Prime Search
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Distributed Computing
'Distributed Computing' ist eine Vorgangsweise, die sich für komplexe Probleme immer mehr durchsetzt. Man muss das Problem nur effizient in Einzelteile zerlegen können, denn am schwierigsten ist die Kommunikation unter den Computern. Das Internet funktioniert dann quasi als globales Hirn, das sich über so manches Problem die 'Platine zerbrechen kann'.
->   'Napster' für die Wissenschaft
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Der Sinn der Sache
Stellt sich noch die Frage nach dem Sinn. Für manche sind es einfach die 100.000 Dollar ( 111.778 Euro; 1.538. 000 ATS) die die Electronic Frontier Foundation für eine Primzahl mit 10 Millionen Stellen ausgesetzt hat.

Die GIMPS Teilnehmer wollen diesen Gewinn schon in den nächsten Jahren einstreifen, die 39. Mersenne-Primzahl ist also nur ein kleiner Schritt am Weg zum großen Geld. Sie wird in den nächsten Tagen von einem Superrechner noch einmal überprüft, dann ist der Teilerfolg des jungen Kanadiers Michael Cameron sichergestellt.
Neues auf der mathematischen Landkarte
Für viele andere ist es einfach der Spaß eine neue Sehenswürdigkeit auf der Landkarte der Mathematik zu entdecken. Und immer öfter erweisen sich unerschlossene Gebiete in der Mathematik, die zuerst als reine Liebhaberei gegolten hatten, als nützliche Puzzlesteine in neuen, oft kapitalträchtigen Anwendungsgebieten.

Seit Jahrtausenden suchten Mathematiker nach Primzahlen. Auch für sie fanden sich Anwendungen erst viel später. Heute sind das Internet, Bankgeschäfte oder militärische Kommunikation ohne Verschlüsselung undenkbar.

Für die Verschlüsselungsalgorithmen sind aber riesige Primzahlen notwendig. Eine Anwendung an die Pytagoras und seine Schüler im alten Griechenland wohl nicht gedacht hatten - und wer weiß schon wofür die seltsamen Mersenne Primzahlen einmal verwendet werden könnten?
->   Primzahlen: geheimnisvoller Rohstoff der Internet-Ökonomie
Das Problem mit großen Zahlen
Eine beliebige, derartig große Zahl anzuschreiben ist leicht. Sagen wir einfach, wir nehmen eine 1, hängen 10 Millionen Nullen daran, dann noch eine 1 und schon haben wir eine riesige Zahl. Jede Zahl hat Eigenschaften, wie zum Beispiel, dass sie durch 345 teilbar ist, oder das Quadrat einer anderen Zahl ist. Viel schwieriger ist es nun, diese Eigenschaften zu untersuchen.

Relativ einfach ist es noch "positive" Eigenschaften zu untersuchen, d.h. einfache Behauptungen zu überprüfen. Zum Beispiel bei unserer Zahl festzustellen, ob sie durch 2 teilbar ist - sie ist es nicht, denn sie hat eine 1 als letzte Ziffer. Viel schwieriger ist es "negative" Eigenschaften zu überprüfen.

Ein Beispiel: Prim heißt, dass die Zahl NICHT durch eine andere Zahl außer eins und sich selbst teilbar ist, man müsste also viele Millionen Zahlen durchprobieren. Mathematiker entwickeln nun ganz spezielle Tests um diesen Aufwand abzukürzen und viele Möglichkeiten schon von vornherein auszuscheiden.
Nachbarschaft zu anderen Zahlen nützlich
Man macht sich dabei den Zusammenhang oder die Nachbarschaft zu anderen Zahlen zunutze, wie in der Geographie versucht man also auch in der Welt der Zahlen ähnliche Eigenschaften in Gebieten zu erkennen - oder auch Unterschiede.

Die Mersenne Zahlen hängen zum Beispiel direkt mit den 'perfekten' Zahlen zusammen. Das sind jene Zahlen, die die Summe aller ihrer Teiler sind - ein Beispiel: 6 = 1 + 2 + 3. Eine Eigenschaft die man sich auch zunutze machen kann auf der Suche nach neuen Zahlen.

Und auch wenn wir zumeist relativ gut ohne die Mersenne-Primzahlen auskommen können: Warum soll man seinem PC nicht auch ein Hobby gönnen, wenn man selbst anderweitig beschäftigt ist.

Niki Popper, Modern Times
->   Mersenne-Primzahlen
->   Prime Net
 
 
 
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01.01.2010