News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Ägyptischer Tempel wiedererstanden  
  Der deutsche Archäologe Cornelius von Pilgrim hat hieroglyphenbestückte Sandsteinblöcke aus der ägyptischen Ptolemäer-Zeit aufgestöbert, die 100 Jahre unbemerkt in einem Museum verstaut waren.  
Als ein übereifriger ägyptischer Antiken-Inspektor 1902 auf der Nilinsel Elefantine 50 Sandsteinblöcke mit Hieroglyphen entdeckte, war er so aufgeregt, dass er seinen vermeintlichen Schatz sofort auf ein Schiff lud und nach Kairo schickte.

Dort war man allerdings wenig angetan von den Steinbrocken aus der Ptolemäer-Zeit (306 - 30 v. Chr.) und verstaute sie in einer dunklen Ecke im Keller des Ägyptischen Museums.

Im kommenden Frühjahr, genau 100 Jahre nach ihrem Abtransport, sollen sie die 900 Kilometer weite Reise erneut antreten, diesmal allerdings nilaufwärts.
...
Die Ptolemäer
makedonisch-griechisches Königsgeschlecht 323-30 v. Chr. in Ägypten; nach Lagos, dem Vater des Gründers der Dynastie, des Ptolemaios I., auch Lagiden genannt. Alle Herrscher trugen den Namen Ptolemaios; letzte und bekannteste Repräsentantin der Ptolemäer war Kleopatra VII.
...
Weitere Funde
Denn in einer von den Römern auf Elefantine angelegten Ufermauer haben die Archäologen kürzlich bei einem Testschnitt in drei Metern Tiefe weitere rund 300 Blöcke entdeckt, die aus dem gleichen Tempel stammen.

Der Tempel, der wahrscheinlich von Ptolemäus VI. erbaut wurde, soll in den kommenden drei Jahren mit Hilfe eines Architekten aus Genf wieder auf Elefantine aufgebaut werden. "Ein Drittel der Steine steckt immer noch in der Mauer", erklärt Pilgrim, "wir sind
gerade dabei, sie Stück für Stück da herauszuziehen".
Neue archäologische Attraktion
Damit hätte der auch für Touristen zugängliche Ruinenhügel auf der idyllischen autofreien Nilinsel bei Assuan eine neue Attraktion. Der neue Ptolemäer-Tempel wäre das jüngste Beispiel eines Kult-Gebäudes auf Elefantine, wo bis heute bereits fünf Tempel rekonstruiert wurden.

Der älteste von ihnen ist ein für die Stadtgöttin Satet erbauter Tempel aus der frühen 6. Dynastie (rund 2.300 v. Chr.) Satet mit der Antilopen-Krone wurde von den alten Ägyptern als "Bringerin des Wassers" verehrt, denn bei Elefantine lagen die mythischen Nilquellen.
...
Ideale Bedingungen für Ausgräber
Doch neben den Tempeln sind es auch die einfachen Häuser, die Befestigungsanlagen und Wirtschaftsgebäude, die das seit 1969 laufende Ausgrabungsprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und des Schweizerischen Instituts für Ägyptische Bauforschung und Altertumskunde auf der Insel so spannend machen. Nirgendwo sonst in Ägypten sind die Bedingungen so ideal, um die einzelnen Epochen einer Stadt, die von 3.500 v. Chr. bis ins 13./14. Jahrhundert nach Christus kontinuierlich besiedelt war, nachzuzeichnen. Denn der an einigen Stellen bis zu zwölf Meter hohe Ruinenhügel von Elefantine ist heute nicht mehr besiedelt.
->   Deutsches Archäologisches Institut
...
4.000 Jahre altes Brot
"Das ist eine einfache Art der Grabung", meint Dietrich Raue vom DAI, "man muss einfach nur Schutt räumen". Er und seine Kollegen haben sich in diesem Winter vorgenommen, die um 2.200 v. Chr. gegründete Palastbäckerei der Stadt auszugraben, deren Holzsäulen immer noch fast vollständig erhalten sind, da sie von der Asche konserviert wurden, die von den alten Ägyptern zum Brotbacken verwendet wurde.

"Vor einer Woche haben wir sogar ein vollständig erhaltenes kleines Brot gefunden", erzählt Raue. "Unser ägyptischer Arbeiter war begeistert, ein 4.000 Jahre altes Brot, das konnte er einfach nicht fassen."
Datierung der einzelnen Schichten
Die Form und Größe von Brotbackbehältern dienen den Ägyptologen außerdem zur Datierung der einzelnen Schichten. Denn man weiß, wie sich die Brotformen im Laufe der Jahrtausende entwickelten.

Bevorzugten die Ägypter zunächst noch größere Brote, so ließen sie später eine andere Sorte backen, die eher einem kleinen französischen Baguette ähnelte. "Die Bäcker mussten hier unter höllischen Arbeitsbedingungen schuften", meint Raue und zeigt auf eine Wand aus Lehm und Asche.

Hier kauerten die Ägypter einst in einem 9 mal 15 Meter großen Raum, der schräg an den Hang gebaut war, und steckten in der ohnehin meist mörderischen Hitze Oberägyptens ihre mit Teig gefüllten Brotformen in die heiße Asche, die in kleinen Lehmmulden gesammelt wurde.

Anne-Beatrice Clasmann, dpa
->   Mehr zu Ptolemäern
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010