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Tiergesundheit: Bauern für Sicherheit und Qualität
Gastkommentar von August Astl
 
  Mit der geplanten Beschlussfassung des Tierarzneimittelkontrollgesetzes im Nationalrat am Donnerstag wird einer der wichtigsten Schritte in Richtung einer transparenten und kontrollierten Lebensmittelproduktionskette gesetzt.  
Die Regelungen des Gesetzes bringen vor allem Klarheit in einen Bereich der Produktion, in dem in den letzten Jahren - speziell auf Grund fehlender Verordnungen auf Basis des Lebensmittelgesetzes aus dem Jahr 1975 - keine Rechtssicherheit für Bauern, Tierärzte und Verbraucher bestand.

Vielmehr gab es für einen konsequenten Vollzug seit Jahren evidente Lücken im Rechtsbestand, die nun endlich geschlossen werden. Der Einsatz von Tierarzneimitteln wird klar geregelt. Kontrollmechanismen werden teilweise neu eingeführt und für alle Systembeteiligten gelten rigorose und griffige Strafbestimmungen.
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Kommentar zum Tierarzneimittelkontrollgesetz
Dipl.-Ing. August Astl, der Autor dieses Gastkommentars, ist Generalsekretär der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Wien.
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1. Verankerung des Tiergesundheitsdienstes:
In dem zu beschließenden Gesetz wird die Errichtung eines bundesweit einheitlichen Tiergesundheitsdienst vorausgesetzt, der die unterschiedlichen Ländertiergesundheitsdienste durch zentrale Arbeitsvorgaben einheitlich ausrichtet.

Der österreichweit einheitliche Tiergesundheitsdienst, der sich gut eingeführter Strukturen auf der Länderebene (mit Sach- und Personalausgaben in den Ländern von rund 100 Mio.S in den letzten Jahren) bedient, ist die Grundlage für eine funktionstüchtige Zusammenarbeit der Bauern und Tierärzte im Sinne der Verbraucher.
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Tiergesundheitsdienste
Zielsetzungen dieser Tiergesundheitsdienste umfassen daher:
- Vertragliche Einbindung von Tierarzt und Tierhalter mit Festlegung der Vertragsbedingungen.
- Überwachung des Tierbestands und Dokumentation, Aufzeigen von Mängeln, allfälligen Problembereichen im Bestand und Verbesserungsplan.
- Arzneimitteleinsatz abgestimmt auf tatsächliche Vertretbarkeit, Einbindung des Tierhalters in die laufende Behandlung.
- Durchführung von Überwachungsmaßnahmen der Tiergesundheit allgemeiner Art: etwa mittels Erhebungen zur allgemeinen Resistenzproblematik beim Auftreten von human- oder tierpathogenen Erregern.
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Konzept für österreichischen Tiergesundheitsdienst
Das Konzept für den Österreichischen Tiergesundheitsdienst von BM Haupt und BM Molterer sieht eine Vielzahl von Bestimmungen vor, die den Rahmen für eine verantwortungsvolle Einbindung der Tierhalter in die Behandlungen von Tieren ermöglicht.

Entgegen den in den letzten Tagen verlautbarten Meinungen schreibt der Tiergesundheits-dienst Weiterbildungsmaßnahmen für die teilnehmenden Tierhalter und Tierärzte ebenso vor, wie umfangreiche Betriebsvisiten (bis zu sechs Visiten mit vorgegebenen Kontrollpunkten durch den Betreuungstierarzt pro Jahr).
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Auf Basis eines Vertrages zwischen Landwirt und Betreuungstierarzt, der den jeweiligen zu-ständigen Landestiergesundheitsdiensten bekannt gegeben werden muss, ist eine lückenlose Kontrolle des Arzneimitteleinsatzes möglich.
Der Landwirt ist verpflichtet im Bedarfsfall, ausschließlich von seinem Betreuungstierarzt Arzneimittel zu beziehen. Erst auf diesem Weg ist die lückenlose Nachvollziehbarkeit der eingesetzten Arzneimittel und Mengen, sowie der dokumentierten Behandlung erreichbar.
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Dokumentation
Der lückenlosen Aufzeichnung aller relevanten Sachverhalte kommt aus Sicht der Landwirtschaft höchstes Augenmerk zu, die existierende Dokumentation ist weiter auszubauen.
2. Tierarzneimittelanwendung und Aufzeichnungspflichten
An dieser Stelle sei angemerkt, dass bis auf homöopathische Präparate alle Arzneimittel, die für die Anwendung beim lebensmittelliefernden Tier bestimmt sind, der Rezeptpflicht unter-liegen.

In einer sogenannten "Positivliste", die ausschließlich vom zuständigen Bundesminis-ter erstellt bzw. auch geändert werden kann, wird festgelegt, welche rezeptpflichtigen Tierarzneimittel der Tierarzt dem Tierhalter überlassen darf
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Im Rahmen dieser Verordnung legt der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen die Bedingungen für die Einbindung der Tierhalter in die Behandlung fest. Neben der Einhaltung der Vorschriften ordnungsgemäßen Lagerung und Mitgliedschaft bei einem Tier-gesundheitsdienst betreffend ist der Tierhalter seit Jahren zur Führung von Aufzeichnungen im sogenannten Stallbuch durch die Bestimmungen der Rückstandskontrollverordnung verpflichtet.
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Aufzeichnungspflichten geregelt
Das Tierarzneimittelkontrollgesetz regelt nun die Aufzeichnungspflichten einschließlich der Chargennummer von Tierarzneimitteln erstmalig für Großhändler, die Tierarzneimittel an hausapothekenführende Tierärzte und Apotheken abgeben, aber auch für öffentliche Apotheken, hausapothekenführende Tierärzte und grenzüberschreitende Tierärzte.

Durch diesen Lückenschluss im Arzneimittelrecht steht der von der Landwirtschaft immer wieder geforderten Transparenz im Arzneimittelfluss nichts mehr im Wege.
3. Erhalt der hofeigenen Futtermittel
Eine zentrale Stellung im Tierarzneimittelkontrollgesetz nehmen die Regelungen zur Herstellung von Fütterungsarzneimitteln ein. Die Bestimmungen einer EU-Richtlinie, die seit dem Beitritt zur EU im Jahre 1995 umgesetzt hätte werden müssen, regeln sehr restriktiv die Medikation über Futtermittel.
Herstellung von Fütterungsarzneimitteln
Um der Struktur der österreichischen Landwirtschaft, deren Charakter durch den hohen Anteil an hofeigenen Futtermitteln (ca. 75% der eingesetzten Futtermittel) geprägt ist, Rechnung zu tragen, bleibt die Herstellung von Fütterungsarzneimitteln am landwirtschaftlichen Betrieb möglich.
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Die Herstellung darf jedoch nur aus in Österreich zugelassenen Fütterungsarzneimittelvormischungen, nach der Meldung bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vor der Aufnahme der Mischtätigkeit, Führung von Aufzeichnungen, Mitgliedschaft im Tiergesund-heitsdienst und nach einem Nachweis der entsprechenden Kenntnisse aus dem Bereich der Mischtechnik sowie ausschließlich mit zugelassenen Mischanlagen erfolgen.
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Bedarf für die Therapie darf nicht überschritten werden
Die hergestellte Menge eines solchen Fütterungsarzneimittels darf den benötigten Bedarf für die Therapie der erkrankten Tiere nicht übersteigen. Die Vormischung kann der Tierhalter nur von seinem Betreuungstierarzt, der die Abgabe ausschließlich nach erfolgter Diagnosestellung durchführen darf, beziehen.

Mit diesen Bestimmungen soll eine maximale Transparenz und Rückverfolgbarkeit für die zuständigen Behörden gesichert werden und jeglicher Missbrauch, der zur Verunsicherung der Verbraucher führt, hinangehalten werden.
4. Verbraucherschutz
Die erhobenen Vorwürfe, Landwirtschaftsvertreter würden einen unkontrollierten Einsatz von Arzneimitteln und Tierimpfstoffen fordern, sind auf das Schärfste zurückzuweisen. In keiner Stellungnahme der Landwirtschaft wurde die Freigabe mehrerer Impfstoffe oder der freie Einkauf von Arzneimitteln in der Apotheke ohne Rezept gefordert.

Die österreichischen Landwirte sind sich ihrer Verantwortung als Produzenten hochwertiger Lebensmittel bewusst und sehen sich dem Verbraucherschutz verpflichtet. Denn nur durch die Sicherung des heimi-schen Marktes ist die Zukunft für die österreichische Landwirtschaft gesichert.
->   Landwirtschaftskammern Österreichs
->   Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Lesen Sie mehr über die Diskussion über das Tierarzneimittelkontrollgesetz in science.orf.at:
->   Umstrittenes Tierarzneimittelkontrollgesetz
->   Franz Josef Jäger: Der Bauer als Veterinär?
 
 
 
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01.01.2010