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Larven als hochwertige Eiweißnahrung  
  Der Anblick von mit Larven und Maden übersäten, verdorbenen Lebensmitteln lässt viele erschaudern. Doch eine Studie zeigt jetzt, dass eine Mahlzeit, die mit Insekten-Larven angereichert wird, nicht nur deren Geschmack verbessert, sondern auch einen exzellente Quelle für Proteine und essenzielle Fettsäuren darstellt.  
Larven haben nahezu den gleichen Proteingehalt wie Fleisch, erklärte Ana Barba de la Rosa, Molekularbiologin am "Technological Institute of Celaya" in Mexico und Mitautorin der vorliegenden Studie, die in der aktuellen Ausgabe des "Journal of Agricultural and Food Chemistry" erschienen ist.
Artikel in 'Journal of Agricultural and Food Chemistry'
unter "Characteristics of Maize Flour Tortilla Supplemented with Ground Tenebrio molitor Larvae"
->   Artikel in 'Journal of Agricultural and Food Chemistry'
Besser als normale Tortillas
Für die nun präsentierte Studie fanden die mexikanischen Wissenschaftler 20 Freiwillige, die sich bereit erklärten, jeweils eine Tortilla (spanisches Kartoffelgericht), angereichert mit Larven des gelben Mehlwurmes "Tenebrio molitor", zu verzehren.

"Die Probanden waren überraschenderweise sehr angetan von der angereicherten Tortilla", meinte Barba de la Rosa. "Es scheint, dass die ungesättigten, essenziellen Larven-Fettsäuren der Tortilla den geschmacklichen Kick gaben", so die Molekularbiologin.
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Tenebrio melitor, der Mehlkäfer
Der Mehlkäfer ist vielen in Form seiner Larven, den Mehlwürmern, bekannt. Die Larven ernähren sich von Getreideabfällen, Mahlprodukten, und anderen Nahrungsmitteln. Bei Massenvermehrungen werden mehrere Generationen pro Jahr durchlaufen. Unter Umständen kann der Mehlkäfer an Getreidevorräten schädlich werden. Die Imagines sind braun gefärbt und erreichen eine Länge bis zu 18 mm. Die ovalen weißen Eier werden einzeln oder in Form kleiner Klumpen abgelegt. Nach etwa 4 Wochen schlüpfen die Larven. Diese sind zunächst weiß, färben sich dann aber mit zunehmendem Alter hellbraun. Zur Populationsregulation wird mit dem Kot ein Duftstoff abgegeben, der die Entwicklung der Jugendstadien verzögert. Bei hohen Populationsdichten werden die gerade abgelegten Eier bisweilen sogar von den Weibchen wieder gefressen.
->   Mehr zu Mehlkäfern
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Der Schädling als Nahrungsmittel
Der bei uns als Schädling bekannte Mehlkäfer beziehungsweise seine Larve können wegen ihres Nahrungsspektrums und ihrer Vorliebe für Getreide halbe Ernten in den Entwicklungsländern vernichten.

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse schlagen die mexikanischen Wissenschaftler nun vor, diese als Nahrungsquelle zu nutzen.

Demnach könnten sich die unbeliebten Larven in eine wertvolle Quelle für Proteine und ungesättigte Fettsäuren 'verwandeln' lassen, um sie in ärmeren Regionen als Nahrungszusatz anzubieten.
Eine Frage der Akzeptanz
Für David Thurnham von der 'University of Ulster', der sich mit Ernährung in den Entwicklungsländern beschäftigt, ist die Verwendung von Insekten als Nahrungsmittel nur eine Frage der kulturelle Akzeptanz.

Insekten-Nahrung in der dritten Welt sieht er in jedem Fall positiv. "Das sollte vor allem in ärmeren Ländern möglich sein, dort, wo keine große Auswahl an hochwertigen Proteinen und essenziellen Fettsäuren vorliegt".
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Essenzielle Fettsäuren...
...sind ungesättige Fettsäuren, die vom Körper nicht oder nicht in ausreichenden Mengen selbst hergestellt werden. Sie werden aufgrund ihrer Struktur in die w -6- und w -3-Fettsäuren eingeteilt und sind Bestandteil von Membranen und Vorläufer von Botenstoffen (z.B. Prostaglandine und Leukotriene). Die so genannten mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind aufgrund ihrer Struktur sehr empfindlich gegenüber freien Radikalen. Vitamin E kann diese unerwünschten Prozesse verhindern. Zu den w -3-Fettsäuren zählen neben der Linolensäure die Eicosapentaen- und die Docosahexaensäure, die besonders in fetten Meeresfischen (z.B. Heilbutt, Makrele, Hering und Lachs) vorkommen und ernährungsphysiologisch als besonders günstig eingestuft werden. w -6-Fettsäuren werden überwiegend in Form von Linolsäure aufgenommen.
->   Mehr zu essenziellen Fettsäuren
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Der perfekte Snack von Mutter Natur
Für manche Ernährungswissenschaftler ist die entscheidende Frage eigentlich nur, warum nach wie vor viele Menschen keine Insekten essen.

"Sie sind der perfekte Snack von Mutter Natur", erklärt Doug Whitman, ein Insektenforscher an der Illinois State University, USA. "Jeder der früher Holz für den Winter schlägerte, fand im Holz eine ganze Reihe an großen, proteinreichen Käferlarven vor", so Doug Whitman.
Eine Frage der Kultur
Nur in westlichen Kulturen rümpft man die Nase, wenn es darum geht, Insekten auf den persönlichen Speiseplan zu setzen.

"In Thailand, zum Beispiel, finden sie auf den Märkten riesige Wasserwanzen, frittierte Heuschrecken und verschiedene Käferarten", so der Insektenforscher.
Mehlwurm-Schokolade auf dem Insektenkongress
Mit gutem Beispiel voran gehen bereits etliche Entomologen. Da wird seit einigen Jahren auf Kongressen von Insektenforschern eine so genannte Mehlwurm-Schokolade angeboten und auch verspeist, so Christopher Carlton, ein Käferspezialist an der 'Louisiana State University'.

Zu den persönlichen 'Favoriten' von Carlton zählt übrigens ein "leicht angebratener Heuschreck mit ein wenig Salz".
->   Biological Sciences, Illinois State University
->   School of Biomedical Sciences, University of Ulster
 
 
 
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01.01.2010