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Gehrer: 2002 wird Jahr der Herausforderungen für die Unis  
  Als "Jahr der Herausforderungen" für die österreichischen Universitäten hat Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) 2002 bezeichnet und meint damit die geplante Reform der österreichischen Universitäten. Bei dieser allerdings kündigte Gehrer nun erste Änderungen gegenüber dem - zum Teil heftig kritisierten - Diskussionspapier ihres Ressorts an.  
2002 werde das Jahr der Uni-Reform, "die Beendigung des großen Reform-Werkes, das Erhard Busek (Ex-Wissenschaftsminister, Anm.) in den neunziger Jahren angefangen hat", erklärte Gehrer in einem Interview mit der APA.
Profilbildung der Unis
Und es werde das Jahr der Profilbildung, die Gehrer nicht von oben herab verordnen will. "Ich entlasse die Unis nicht aus der Pflicht, Evaluierungen selbst zu initiieren und ihre Positionierung selbst zu finden", so Gehrer weiter.
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Profilentwicklung: Schaffung von Synergien
Ziel der Profilentwicklung ist die Schaffung von Synergien und kritischen Größen sowohl im Lehr- als auch im Forschungsbereich. Aufgabe der dafür eingesetzte Arbeitsgruppe im Bildungsministerium ist laut Gehrer, "Fragen zu stellen, aufzuzeigen, zu hinterfragen und Evaluierungen in Auftrag zu geben".

An etlichen Fakultäten würden die Herausforderungen dieser Schwerpunktsetzung bereits gesehen und Aktivitäten gesetzt. Viele Dinge seien im Laufen, aber das wirke nicht so spektakulär, weil sie es nicht von oben befehle: "Es wollen ja viele, dass ich einen Masterplan erstelle und dass dann alle dagegen sein können."
->   Aktivitäten der Unis: Gehrer nennt Beispiele
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Gemeinsam mit den Betroffenen ...
Der Kritik des Akademie-Präsidenten Werner Welzig, dass die "Regierung bei derart essenziellen Fragen zu beißen" habe, entgegnet Gehrer, dass es effektiver sei, die Profilbildung mit den Betroffenen gemeinsam zu machen, "als sie von oben aufzuoktroyieren und dann viel Zeit zu verbrauchen, um die Widerstände alle aufzulösen".

Sollte es aber nicht möglich sein, gemeinsam die bestmögliche Entwicklung zu erreichen, "dann muss die Politik den Mut haben einzugreifen. Aber ich sehe es nicht als primäre Aufgabe der Politik, alles vorzugeben".
Profilbildung als ständig laufender Prozess
Abgeschlossen werde die Profilbildung nie sein, Schwerpunksetzung und Entwicklungsplanung seien ständig laufende Prozesse, meint Gehrer.

Erste und wichtige Ergebnisse müsse es aber geben, sobald die im Zuge der Uni-Autonomie geplanten Leistungsvereinbarungen verhandelt würden, weil dann festgeschrieben werde, was die jeweilige Uni anbiete.

Verhandelt werden die Leistungsverträge nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes (geplant Anfang Oktober 2002), also im Studienjahr 2002/03. Das bedeutet, dass die österreichische Uni-Landschaft durch die Profilbildung voraussichtlich ab dem Studienjahr 2003/04 deutlich anders aussehen wird als derzeit.
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Die Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten
In den auf drei Jahren abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen werden mit jeder Uni die zu erbringenden Leistungen festgelegt.

In der Vereinbarung enthalten sind unter anderem strategische Ziele, Profilbildung, Universitätsentwicklung, Forschungsleistungen, Studienangebot, gesellschaftliche
Zielsetzungen, Serviceleistungen für die Öffentlichkeit, Personalstruktur und -ausgaben.

An Leistungen von Seiten des Ministeriums sind Höhe des Budgets sowie außerplanmäßige Mittel in der Vereinbarung vorgesehen. "Die Finanzierung ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht des Staates und als Rechtsanspruchs durchsetzbar", so der Wortlaut des 85-seitigen "Gestaltungsvorschlag für die Regelung der Autonomie" an den österreichischen Universitäten, den das Bildungsministerium im September vorlegte.

Uni-Reform: Die Details in Stichworten

Der gesamte Text ist im Internet nachzulesen, auf der Homepage mit dem klingenden Namen www.weltklasse-uni.at: Gestaltungsvorschlag für die Regelung der Uni-Autonomie (pdf-Dokument)
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Gesetzesentwurf für Vollrechtsfähigkeit wird derzeit ausgearbeitet
Im Bildungsministerium arbeiten die Beamten derzeit mit Hochdruck am Gesetzesentwurf für die geplante Vollrechtsfähigkeit der Universitäten, der Ende Februar, Anfang März zur Begutachtung ausgesendet werden soll.

Dass die parlamentarische Enquete zur Uni-Reform von Jänner auf Februar (21.2.) verschoben wurde, bedauert Gehrer. "Wir werden aber im Gesetzesentwurf jene Punkte, von denen wir wissen, dass sie im Parlament diskutiert werden, wie etwa die Mitbestimmung, so flexibel gestalten, dass die Ergebnisse der Enquete noch in den Entwurf einfließen können", so die Ministerin.
Erste Änderungen gegenüber Diskussionspapier
Schon in der mehrmonatigen Diskussionsphase über den Gestaltungsvorschlag des Ministeriums über die Uni-Reform habe man "viele wichtige Hinweise bekommen, die nun in den Gesetzesentwurf einfließen", betonte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer.

So werde man die Vorschläge, dass der geplante Uni-Rat nicht wie geplant aus fünf, sondern aus sieben bis neun Mitgliedern bestehen solle, "genau anschauen".
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Professoren fordern Kontrolle für Uni-Räte
Kritik am geplanten fünfköpfigen Uni-Rat kam Ende November von der Bundeskonferenz der Universitätsprofessoren (Proko) in ihrer Stellungnahme zu dem vom Ministerium vorgelegten Diskussionsentwurf:

Nach Ansicht der Proko ist der Uni-Rat mit fünf Mitgliedern zu klein geplant und weise ein Übergewicht von Staatsvertretern auf. Das Gremium sollte vielmehr auf neun Mitglieder erweitert werden. Es müsse verhindert werden, dass der Uni-Rat die Autonomie der Universitäten unterlaufe. Deshalb sollen die Kompetenzen des Senats gestärkt werden, hieß es in der Stellungnahme.
->   Mehr dazu in science.orf.at
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'Beschlussfähige' Gremien unterhalb des Senates?
Und auch die Forderung, dass es auch unterhalb des Senates Organe und Arbeitsgruppen geben sollte, die etwas beschließen können, findet die Ministerin "richtig".

Es sollen also beschlussfähige Gremien eingerichtet werden können. Allerdings müsse die letztendliche Genehmigung solcher Beschlüsse beim Senat liegen, so wie sie derzeit als Ministerin die Möglichkeit habe, beispielsweise neue Studienpläne von Studienkommissionen zu untersagen. "Diese Kompetenz gebe ich dem Senat", sagte Gehrer.
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Hochschullehrer: 'Politische Abhängigkeit gesetzlich verankert'
Heftige Kritik am Diskussionspapier des Ministeriums kam unter anderem von der Hochschullehrer-Gewerkschaft. "Durch die nunmehrige Politik wird keine Autonomie, sondern politische Abhängigkeit gesetzlich verankert", hieß es bereits im September in einer Aussendung der Bundessektion Hochschullehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD).

Kritisiert wurden von den Gewerkschaftern vor allem die Vorschläge über die Uni-Leitung und die Mitbestimmung von Studenten und akademischem Mittelbau.

Die universitäre Mitbestimmung habe sich auf allen Ebenen außerordentlich bewährt und die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der Unis sicherstellen können. Die nun geplante "Konzentration der Mitbestimmung" im Senat ist nach Ansicht der Gewerkschaft eine "Beseitigung der Mitbestimmung".
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Auch Professoren mit Zeitverträgen im Senat
Geändert hat das Ministerium auch seinen ursprünglichen Vorschlag, dass im Senat nur unbefristet angestellte Professoren vertreten sein sollen. Laut Gehrer sollen auch Professoren mit Zeitverträgen in den Senat entsendet werden können.
Nichwissenschaftlich Bedienstete: Wahl zwischen altem und neuem System
Als "Mär" bezeichnet die Ministerin Befürchtungen , dass mit der Uni-Autonomie alle nichtwissenschaftlich Bediensteten gekündigt und neu angestellt würden.

Genauso wie bei den Bundesmuseen, die in die Vollrechtsfähigkeit entlassen wurden, sollen sie die Optionsmöglichkeit erhalten, entweder im alten System zu blieben oder in das neue Angestelltengesetz zu wechseln. "Sie können sich aussuchen, was für sie besser ist", so Gehrer.

Für neueintretende Hochschullehrer gilt das neue Dienstrecht bereits seit 1. Oktober. Die Mehrkosten, die durch die Vertragsbediensteten entstehen, sollen laut Gehrer im Juni erhoben und dann vom Finanzministerium erstattet werden.
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Das neue Hochschullehrer-Dienstrecht
Das neue Uni-Dienstrecht sieht für Neueintretende nur noch das Vertragsbedienstetenrecht vor, Beamte soll es künftig keine mehr an der Uni geben.

Am Beginn der Uni-Karriere stehen befristete Jobs, für die man sich jeweils neu bewerben muss - zuerst der "Wissenschaftliche Mitarbeiter in Ausbildung" (befristet auf vier Jahre) und anschließend der "Universitätsassistent" (befristet auf vier bis sechs Jahre). Anschließend kann man sich für eine Professur bewerben, entweder als auf maximal sieben Jahre befristeter "Vertragsprofessor" oder als unbefristeter "Universitätsprofessor".

Für Uni-Assistenten wurde zusätzlich noch die Möglichkeit geschaffen, sich für einen unbefristeten Posten als sogenannter "Staff Scientist" zu bewerben.

Als "Meilenstein in der Geschichte der Universitäten" bezeichnete Bildungsministerin Gehrer das neue Hochschullehrerdienstrecht, nachdem es im Mai den Ministerrat passiert hatte. Birgit Sauer dagegen, Professorin am , sieht darin Nachteile vor allem für Frauen begründet: Kommentar von Birgit Sauer.
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500 Planstellen 'für neue Schwerpunkte' ...
Beim Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) hat Gehrer 250 Millionen Schilling für jene vorgezogenen Postenbesetzungen beantragt, die bei den Verhandlungen um das neue Dienstrecht mit der Gewerkschaft vereinbart wurden.

Diese 500 Planstellen sollen im Zuge der Profilbildung zur Setzung neuer Schwerpunkte eingesetzt werden können. "Es war nie die Rede davon, diese Stellen sofort zur Verfügung zu stellen, jetzt wo wir 30.000 Studenten weniger haben, das könnte ich keinem Steuerzahler erklären", erklärte Gehrer.
'Vorbereitung' der Kollektivverträge nach Weihnachten
Nach Weihnachten werde ihr Ressort auch mit der Gewerkschaft über Kollektivverträge zu reden beginnen, vorerst einmal über das nichtwissenschaftliche Personal.

Die endgültige Ausgestaltung der Kollektivverträge sei zwar Sache der dann autonomen Unis, man wolle aber bereits alles vorbereiten. Damit soll auch ein gemeinsamer Kollektivvertrag für alle Unis erleichtert werden, der für die Museen nicht erreicht wurde.

Nach der Umsetzung der Reform sei es jedenfalls "an der Zeit, dass die Universitäten innovativ und zukunftsorientert - ich sage bewusst nicht in Ruhe - arbeiten können, ohne dass man ständig an der Organisation herumfeilt", erklärte Gehrer.
->   Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
->   Rat für Forschung und Technologieentwicklung
Mehr zu diesem Thema in science.orf.at:
->   Bildung 2002: Neues an Universitäten und Schulen
->   Alle Artikel zur Uni-Reform in science.orf.at
 
 
 
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01.01.2010