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Neue Technik zur Kiefer-Korrektur  
  Mit einer neuen Methode, bei der der körpereigene Kieferknochen zum Wachsen angeregt wird, lassen sich nicht nur Zähne und Gesichtskonturen korrigieren, sondern nach Unfällen oder Krankheit auch ganze Gesichtsteile wiederherstellen.  
Bei dem als "Knochenbruchdehnung" bezeichneten Verfahren handelt es sich eigentlich um einen kleinen Sägeschnitt, den der Chirurg im Kieferknochen setzt. Der Spalt wird mit einer Dehnapparatur, die mittels Mikroschrauben im Kiefer befestigt ist, sanft auseinandergedrückt.
Körpereigene Knochenzellen wandern ein
Bild: Modern Times
Die Dehnapparatur
Nach etwa einer Woche beginnen nun in dieser Öffnung körpereigene Knochenzellen einzuwandern und einen neuen, zunächst noch "unreifen" weichen Knochen zu bilden.

Mit Hilfe einer speziellen Schraubvorrichtung in der Mundhöhle wird die Apparatur bis zu einem Millimeter täglich weiter gespannt und der Kiefer solcherart ein bis drei Wochen lang gedehnt. Ein für den Patienten völlig schmerzfreier Prozess.

Danach wird die Dehnapparatur aus dem Mund entfernt. Nur zwei Titanplatten bleiben zurück, die den jungen weichen Knochen stabilisieren. Nach etwa sechs Wochen werden auch diese Metallteile entfernt und der Patient darf wieder kräftig zubeißen.
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Ungeahnte Möglichkeiten der Formveränderung
Die Methode lässt sich dreidimensional anwenden. Das heißt, der Knochen kann sowohl in die Länge, als auch in die Breite oder in die Höhe zum Wachsen gebracht werden. Das Verfahren ist somit sowohl in der Kieferorthopädie, in der Implantologie als auch in der Gesichtschirurgie von großem Nutzen.

Die Beseitigung aller Varianten von Zahn- und Kieferfehlstellungen geht sozusagen in einem Aufwasch mit der Verschönerung der Gesichtskonturen einher. Nach Tumorerkrankungen oder Unfällen kann der Kiefer auch in die Höhe aufgebaut bzw. wiederhergestellt werden. Danach bietet er - besser als jedes Knochenersatzmaterial - wieder eine kräftige Basis für die Verankerung von Implantaten.
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Vorteil: Kein Fremdmaterial mehr
Sowohl auf das umstrittene Silikon, als auch auf die durch BSE in Verruf gekommenen Rinderknochen kann mit Hilfe dieser Methode gänzlich verzichtet werden. Mit dem Heranzüchten eigenen Knochenmaterials ist auch jegliche Gefahr von Abstoßungsreaktionen gebannt.
Erst wenige beherrschen die neue Methode
Bild: Modern Times
Das Röntgenbild zeigt die Dehnapparatur im Kiefer
In Österreich ist Kurt Vinzenz, Vorstand für Kiefer- und Gesichtschirurgie am Evangelischen Krankenhaus in Wien, bislang der einzige, der das Verfahren der Knochenbruchdehnung anwendet.

Die "Distraktionsosteogenes", wie die Knochenbruchdehnung - auf Fachchinesisch - heißt, basiert auf einer Technik, die seit einigen Jahrzehnten bereits in der orthopädischen Chirurgie angewendet wird, um die Röhrenknochen von zu kurzen Armen oder Beinen nachwachsen zu lassen.

In der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie wird das Verfahren im deutschsprachigen Raum aber erst seit kurzem und bis jetzt nur in sehr wenigen Zentren durchgeführt.

Rike Fochler, Modern Times
->   Modern Times
->   Zur Methode der Distraktionsosteogenese
->   Evangelisches Krankenhaus, Wien
 
 
 
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01.01.2010