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Auf der Suche nach Schwarzen Löchern und Zusatzdimensionen  
  Physiker versuchen schon länger die Relativitätstheorie Einsteins und die Quantenphysik zu einer großen, alles erklärenden Theorie zu verbinden. Einige von ihnen gehen davon aus, dass diese Frage durch die Annahme von zusätzlichen Dimensionen zu unseren vier von Zeit und Raum gelöst werden kann. Mittels eines neuen Observatoriums wollen Physiker nun erste Spuren dieser Zusatzdimensionen entdecken, nämlich in Form winziger Schwarzer Löcher in unserer Atmosphäre.  
"Diese Schwarzen Löcher gehören zu den spektakulärsten Vorhersagen und sind auch gleichzeitig der beste Nachweis für weitere Dimensionen", erklärt Jonathan Feng vom Massachusetts Institute of Technology, der mit seinem Kollegen Alfred Shapere berechnete, wie solche winzigen Schwarzen Löcher durch kosmische Strahlung entstehen und aufgespürt werden können.

Zu lesen ist ihre Arbeit in der aktuellen Ausgabe der "Physical Review Letters".
Artikel in den ' Physical Review Letters' (Black Hole Production by Cosmic Rays; kostenpflichtig).
->   Black Hole Production by Cosmic Rays
Neues Instrument für kosmische Strahlung
Realisieren wollen die Wissenschaftler ihr Vorhaben mit dem "Pierre Auger Observatory", dem für diese Aufgabe ab dem Jahr 2004 ein neues Beobachtungsinstrument für kosmische Strahlung zur Verfügung stehen wird.

Dazu sollen in der südlichen und nördlichen Hemisphäre zwei riesige Detektorfelder gebaut werden, jedes ca. 3.000 Quadratkilometer groß und mit 1.600 Teilchen-Detektoren ausgerüstet.

Ziel der Physiker ist in erster Linie die Analyse der hochenergetischen kosmischen Strahlung, die ununterbrochen auf unsere Erde auftrifft.
->   Pierre Auger Observatory
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Kosmische Strahlung
aus dem Weltraum auf die Erde einfallende, sehr energiereiche Teilchenstrahlung. Die primäre Strahlung besteht vorwiegend aus Protonen, daneben aus Alphateilchen, schwereren Atomkernen und Elektronen. In der Luftatmosphäre der Erde zerschlagen die primären Teilchen Atomkerne und erzeugen sekundäre Teilchen und Mesonen.

Diese Prozesse spielen sich 16 Kilometer über dem Meeresspiegel ab und rufen drei Komponenten der Höhenstrahlung hervor: 1. die Neutronen-Komponente; 2. die harte Komponente aus m-Mesonen; 3. die weiche Komponente aus Lichtquanten und Elektronen. Strahlungsquanten der dritten Komponente rufen ganze Teilchenschauer hervor. Diese Teilchen rufen bei Bremsung an Atomkernen wieder Strahlungsquanten hervor, die ihrerseits wieder Paare erzeugen usw. Die Teilchenzahl im Schauer nimmt zu, bis die Energie der Strahlungsquanten nicht mehr zur Paarerzeugung ausreicht.
->   Mehr über Kosmische Strahlung
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Winzige Schwarze Löcher
Trifft die hochenergetische kosmische Strahlung auf Teilchen in der Erdatmosphäre, können ab bestimmten Energieniveaus auch mikroskopisch kleine Schwarze Löcher entstehen, wie die Wissenschaftler des MIT erklären.

Damit die zusammenstoßenden Teilchen aber diese Schwarzen Löcher bilden können, müssen sie sich sehr nahe kommen. In diesem Fall würde auch die Gravitationskraft der Teilchen im Vergleich zu anderen herrschenden Kräften stärker. Ihre Entfernung zueinander würde dann im Bereich der so genannten Planck-Länge, als 1,6x10 hoch minus 35, liegen.

Die Plancklänge beschreibt eine Grenze, unterhalb derer kaum Vorhersagen über etwaige Raumstrukturen und deren Verhalten möglich sind.
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Plancklänge
die kleinste sinnvoll beschreibbare Länge. Unterhalb 10 hoch minus 35 Meter können wegen der Unschärferelation (Heisenberg) keine Raumstrukturen mehr festgelegt werden. Die Unschärferelation besagt, dass Ort und Impuls eines Teilchens niemals gleichzeitig beliebig genau gemessen werden können; es gilt vielmehr: Je genauer der Ort festgelegt ist, um so ungenauer wird der Impuls bestimmt und umgekehrt.
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Schwarze Löcher und Zusatzdimensionen
Um die Teilchen jedoch auf eine so kurze Distanz zu bringen, dass daraus Schwarze Löcher entstehen können, ist eine Energiemenge notwenig, die weit über jener der kosmischen Strahlung liegt.

An dieser Stelle kommen die zusätzlichen Dimensionen ins Spiel: Denn sollten diese existieren, dann wäre die Planck-Länge nach Berechnungen der Physiker größer als die bekannten 1,6 x10 hoch minus 35 Meter.

Das würde aber bedeuten, dass die notwendigen Energien zur Erzeugung der mikroskopischen Schwarzen Löcher kleiner wären als angenommen, und dadurch deren Entstehung, so die Wissenschaftler des MIT, auch wahrscheinlicher. Die winzigen Schwarzen Löcher könnten demnach tatsächlich aus den Kollisionen mit energiereichen kosmischen Teilchen hervorgehen.
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Was ist ein Schwarzes Loch?
Schwarze Löcher sind Himmelsobjekte mit so hoher Gravitation, dass nichts ihrer Anziehungskraft entfliehen kann. Der Radius eines Schwarzen Loches kann berechnet werden, indem man die Masse M des kollabierenden Körpers mit der doppelten Gravitationskonstante G multipliziert und das Ergebnis durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum dividiert. Unterschreitet ein Stern diesen Radius, beherrscht die Gravitation alle anderen Kräfte: Dieser Radius wird auch Ereignishorizont genannt. Es gibt keine untere Grenze für den Radius eines Schwarzen Loches.
->   Mehr über Schwarze Löcher
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Berechnungen deuten auf Neutrinos
Als einer der erfolgreichsten Kandidaten unter den kosmischen Teilchen, die Schwarze Löcher hervorbringen könnten, sind laut Feng die Neutrinos.

Neutrinos sind Teilchen mit sehr geringer oder keiner Ruhemasse. Die schwach wechselwirkenden Teilchen bewegen sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit und dringen tief in die Atmosphäre ein.

Laut Alfred Shapere sollten die Wissenschaftler vor allem nach Anzeichen von Schwarzen Löchern suchen, die aus der Kollision mit Teilchen hervorgingen, die wie Neutrinos eine lange Reise durch die Atmosphäre absolvierten.
Baldiger Nachweis der Zusatzdimensionen
Ab 2004 wird es sich dann weisen, ob sich die vorhandenen Prognosen über Zusatzdimensionen verifizieren lassen oder nicht.

Denn sollten diese vorhanden sein, müssten laut den MIT-Physikern bereits im ersten Messjahr des 2004 startenden Projektes hunderte solcher Teilchenkollisionen, die Schwarze Löcher erzeugen, aufgezeichnet werden.
->   Massachusetts Institute of Technology, Center for Theoretical Physics
 
 
 
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01.01.2010