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Darmkrebs: Fast jeder Todesfall verhinderbar  
  Pro Jahr erkranken rund 5.000 Österreicher an Darmkrebs. Etwa 2.500 Menschen erliegen dem Leiden, weil es zu spät entdeckt wird. Würden Menschen ab 50 alle fünf bis zehn Jahre zu einer Vorsorgeuntersuchung gehen, ließe sich hingegen die Sterblichkeit dramatisch senken.  
Das erklärten am Mittwoch österreichische Fachleute bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Entdeckung von Darmpolypen und ihre Beseitigung könnte laut den Experten das Entstehen von Darmkrebs um bis zu 90 Prozent senken.

"Wir hatten im Jahr 1998 in Österreich 4.919 Neuerkrankungen an Dickdarmkrebs. 50 Prozent der Patienten sterben im Laufe der nächsten Jahre", erläuterte Brigitte Dragosics, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie.
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Darmkrebs
Darmkrebs entsteht vor allem im Dickdarm, als Risikofaktoren gelten zum einen genetische Belastung, daneben vor allem chronisch entzündliche Darmerkrankungen und ballaststoffarme Ernährung. Es finden sich aber auch - seltener - Tumore im Dünndarm, die Ursachen hierfür sind bisher nicht bekannt.

Bei der entstehung von Krebserkrankungen spielen so genannte "maligne", also bösartige Zellen eine Rolle: Sie teilen sich schneller, zerstören das gesunde Gewebe und können über Lymphsystem und Blut in andere Organe wandern, wo sie sich als Tochtergeschwülste vermehren.
->   Mehr zu Darmkrebs
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90 Prozent der Tumore entstehen durch Polypen
"Zehn Prozent der Tumore entstehen auf erblicher Basis. 90 Prozent entstehen aus (zunächst noch gutartigen, Anm.) Darm-Polypen. Hier ist die große Chance, diese Polypen abzutragen, bevor sie zu einem Tumor werden", so die Expertin weiter.
Vorbedingung: Endoskopische Untersuchung des Darmes
Vorbedingung für ein solches Eingreifen, das die Sterbefälle an Dickdarmkarzinomen - in der Häufigkeit bei Männern nur vom Protatakrebs und bei Frauen nur vom Brustkrebs "geschlagen" - praktisch beseitigen könnte: Die endoskopische Untersuchung (Koloskopie) des gesamten Darmes.

"Das Alter, ab dem sich Polypen im Darm bilden und Tumoren langsam zu entstehen beginnen, liegt bei 40 Jahren. Sie haben eine Verdopplungszeit von zwei Jahren. Bis ein Karzinom vorliegt, vergehen rund zehn Jahre", erklärt Dragosics.

Genau das aber wäre der Zeitraum, in dem man derartige zunächst noch gutartige Adenome oder beginnende Karzinome im Darm bei der "Spiegelung" entdecken und im selben "Arbeitsgang" entfernen könnte. Dann wäre die Angelegenheit beseitigt.
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Alternative: Stuhluntersuchung auf "okkultes Blut"
Darmkrebs-Verdachtsfälle könnten auch durch eine jährliche Stuhluntersuchung auf "okkultes Blut" entdeckt werden. Doch die Auswirkung auf die Mortalität in Folge von Darmkrebs durch solche Tests ist nicht optimal.

"Dazu gibt es drei große Untersuchungen mit zusammen rund 300.000 Patienten. In einer US-Studie konnte die Mortalität (durch regelmäßige Hämokkult-Tests, Anm.) um 33 Prozent verringert werden, in zwei weiteren um 15 bzw. 18 Prozent", erläuterte Christian Müller von der Universitätsklinik für Gastroenterologie am Wiener AKH.

Einen wesentliche größeren Einfluss könnte jedenfalls die regelmäßige Koloskopie haben. Müller: "Bei zwei Drittel der Darmkrebspatienten wird die Erkrankung zu spät erkannt. Wir fühlen die Zeit reif dafür, dass man eine Koloskopie ab dem 50. Lebensjahr alle fünf bis zehn Jahre empfiehlt."
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Vorsorge-Projekt im Burgenland
Eindeutige Hinweise auf den Wert von Vorsorgeuntersuchungen hat etwa Karl Mach vom Krankenhaus Oberpullendorf in dem burgenländischen Bezirk gesammelt.

Dort läuft ein von den Gemeinden mit getragenes Programm, die Teilnehmer an der Vorsorgeaktion haben seither wesentlich bessere Chancen, dem Tod durch Dickdarmkrebs zu entgehen.
->   Mehr zum burgenländischen Vorsorge-Projekt in ORF ON Österreich
Kassen zahlen bei Verdachtsfall
Eine umfassende Dickdarmkrebs-Vorsorge in Österreich würde derzeit pro Jahr rund 37.000 Koloskopien notwendig machen. So viele Menschen passieren die Altersgrenze von 50 Jahren. Hinzu müssten aber auch noch die Wiederholungsuntersuchungen nach fünf bis zehn Jahren kommen.

Derzeit wird die reine Vorsorge-Koloskopie von den Krankenkassen nicht bezahlt (Kassentarif für den Arzt: rund 1.500 Schilling/109,0 Euro) ). Doch im Verdachtsfall übernehmen die Kassen die Kosten.
Mehr Geld für die Darmkrebs-Früherkennung
Die Vertreter der Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie wollen deshalb auch Bundesländer, Gemeinden und andere Stellen zum gemeinsamen Aufbringen der notwendigen Mittel bewegen.

Was beispielsweise für Frauen in Sachen Brustkrebsfrüherkennung nunmehr auch in Wien möglich ist, sollte - so Brigittte Dragosics - doch auch für die ebenso häufige Dickdarmkrebs-Früherkennung möglich sein.
->   Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie
 
 
 
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01.01.2010