News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Wissen und Bildung 
 
Psychologen-Kritik an Unterversorgung in Spitälern  
  Der Berufsverband österreichischer Psychologen kritisiert die psychologische Unterversorgung von Spitalspatienten in Österreich: Auf einen Psychologen kommen im Schnitt 250 Patienten. Das sei zu wenig, meinen die Experten und fordern eine bessere Betreuung.  
Seit Mitte der 90er Jahre ist in Österreich das Recht der Spitalspatienten auf psychologische Betreuung im Gesetz festgeschrieben.
Die wenigsten Patienten sind informiert
Doch die wenigsten Patienten wissen, dass sie auch bei körperlichen Erkrankungen einen Psychologen in Anspruch nehmen können, weiß Maria Hütter vom Psychologenverband Salzburg.

Die Spitäler bieten ihren Patienten psychologische Unterstützung von sich aus nur selten an. Denn die wenigsten Krankenhäuser haben einen fix angestellten Psychologen. Manche arbeiten mit Psychologen auf Konsiliarbasis.
Psychologische Unterversorgung in den Spitälern
Österreichweit gilt, dass die Patienten während ihres Krankenhausaufenthaltes zwar körperlich gut versorgt werden, psychologisch aber unterversorgt sind.

Im Krankenanstaltengesetz ist festgeschrieben, dass die Krankenanstalten für ausreichend psychologische Betreuung sorgen müssen, aber ausreichend sei eben Auslegungssache, weiß Ulla Konrad vom Berufsverband österreichischer Psychologen.
...
Psychologische Versorgung ist Landessache
Einen Schlüssel für die psychologische Versorgung gibt es nur in Wien. In Wien gibt es pro Spital zumindest einen Psychologen.
Auch in Salzburg ist die psychologische Versorgung vergleichsweise gut. Fünf Salzburger Spitäler haben einen Psychologen im Mitarbeiterstab.
...
Österreichschnitt: Ein Psychologe auf 250 Patienten
Im Österreichschnitt kommt auf 250 Patienten nur ein Psychologe, in manchen Bundesländern ist das Verhältnis gar eins zu 1.000.

Der Berufsverband österreichischer Psychologen fordert nun, dass auf 100 Patienten zumindest ein Psychologe kommen muss, an onkologischen und psychiatrischen Abteilungen sollte der Schlüssel eins zu 25 betragen.
Warum Psychologen in Spitälern?
Unfallopfer, die ohne psychologische Unterstützung sich selbst überlassen sind, erleiden in vielen Fällen posttraumatische Belastungsstörungen.

Auch Patienten, die nach einem Unfall aus dem Koma erwachen, kommen mit der neuen Lebenssituation ohne Hilfe nur schwer zurecht.
Mittel gegen Langzeitschäden
Chronische und somatische Erkrankungen bleiben als Langzeitschäden. Die Heilungschancen sinken.

Krebspatienten, die nicht bereits vor der Operation psychologisch versorgt werden, haben schlechtere Chancen, nach der Operation wieder in ihr Leben zurückzufinden.
Gespräche statt Pillen und teuren Therapien
Internationale Studien belegen, dass bereits kurzfristige psychologische Unterstützung die Verweildauer im Spital um einen Tag reduziert.

Bei Patienten mit Schenkelhalsfraktur etwa verkürzt sich der Krankenhausaufenthalt um durchschnittlich zwölf Tage. Die Einweisungsrate der psychologisch betreuten Patienten in ein Pflegeheim reduzierte sich um 50 Prozent.
Expertin: Langfristig gesehen sparen die Spitäler
Es gilt: Psychologen helfen langfristig gesehen dem Krankenhaus sparen, im Schnitt das Sechsfache ihres Honorars, sagt die klinische Psychologin Maria Hütter.

Dennoch werden an den Krankenhäusern nur wenige klinische Psychologen angestellt. Aus Spargründen, wie die Krankenhausverwaltungen angeben.

Aber auch Ausbildungsstellen für Psychologen in den Spitälern fehlen. Die meisten jungen Psychologen arbeiten während der zweijährigen Ausbildung kostenlos, unterstützt werden sie höchstens vom Arbeitsmarktservice.

Martha Brinek, Ö1-Wissenschaft
->   Berufsverband österreichischer Psychologen
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010