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Stammzellen-Import: Gesetzeslage in Österreich  
  In Deutschland wird derzeit heiß über den Import embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken diskutiert. Auch in Österreich ist die - rechtliche - Frage, ob embryonale Stammzellen importiert werden dürfen, nicht eindeutig beantwortet.  
Im Österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetz ist zwar klar geregelt, dass Samen, Eizellen und entwicklungsfähige Zellen "nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden" dürfen.
->   Österreichisches Fortpflanzungsmedizingesetz
Auch embryonale Stammzellen eingeschlossen?
Damit wäre auch die Forschung an importieren "entwicklungsfähigen Zellen" untersagt. Fraglich ist allerdings, ob auch embryonale Stammzellen juristisch gesehen unter den Begriff "entwicklungsfähige Zellen" fallen, erklärte Ulrich Körtner.

Der evangelischer Theologe von der Uni Wien ist Mitglied der beim Bundeskanzleramt eingerichteten Bioethik-Kommission und schreibt als Host regelmäßig für science.orf.at.
->   Sämtliche Artikel von Ulrich Körtner in science.orf.at
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Embryonale Stammzellen
Embryonale Stammzellen sind Stammzellen von Embryonen im so genannten Blastozytenstadium. Sie können sich unentwegt weiter teilen und im Körper noch zu mehr als 200 Geweben heranwachsen.

Die Zellen werden unter anderem aus überzähligen Embryonen gewonnen, die im Rahmen der künstlichen Befruchtung entstehen und nicht mehr für eine Schwangerschaft benötigt werden. Bei der Entnahme sterben die Embryonen allerdings ab.
->   Mehr zu Stammzellen
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Embryonen als Medizinprodukte
Sollten embryonale Stammzellen nicht als "entwicklungsfähige Zellen" - also im Prinzip Embryonen, obwohl das Gesetz diesen Begriff vermeidet - angesehen werden, könnte man sie auch als Medizinprodukte ansehen, meint Körtner.

Aber auch im dann zuständigen Arzneiwareneinfuhrgesetz gibt es keinerlei Hinweise auf ein Verbot des Imports. "Solange nicht jemand wie in Deutschland einen Präzedenzfall schafft, haben wir Zeit, das in Ruhe zu diskutieren", meint Körtner.
Abstimmung in Deutschland - Auswirkungen auf Österreich
Die Abstimmung im deutschen Bundestag am Mittwoch habe aber dennoch Auswirkungen auf Österreich, insbesondere auf die österreichische Position zum 6. EU-Rahmenprogramm für Forschung und den dabei geplanten Arbeiten mit Stammzellen.

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) hatte kürzlich erklärt, dass die Forschung an überzähligen embryonalen Stammzellen und die Förderung dieser Arbeiten auf europäischer Ebene aus österreichischer Sicht nicht akzeptabel seien.
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EU-Rahmenprogramm für Forschung
Das 6. EU-Forschungs-Rahmenprogramm, das im vergangenen Dezember beschlossen wurde, sieht unter anderem die Möglichkeit der Förderung von Forschungsarbeiten an so genannten überzähligen Embryonen vor.
->   Mehr dazu in science.orf.at
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Deutschland: Europäische Frage "liegt auf Eis"
Deutschland habe diese europäische Frage bisher im Hinblick auf die Bundestags Entscheidung auf Eis gelegt, betont Körtner.

Sollte jedoch nun eine Entscheidung für eine Importgenehmigung fallen, würde das auch die deutsche Position zum 6. Rahmenprogramm entsprechend ändern. Und das hätte wiederum Einfluss auf die österreichische Position.
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Österreichische Bioethik-Kommission wird darüber beraten
Die Frage, ob Österreich eine Entscheidung der EU mittragen soll, auf europäischer Ebene Forschung an embryonalen Stammzellen zu finanzieren, wird nach Angaben des Vorsitzenden der Bioethik-Kommission, Johannes Huber, bei der nächsten Sitzung des Gremiums im Mittelpunkt stehen.
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Jurist sieht kein Einfuhr-Verbot
Nach Ansicht des Juristen und Mitglieds der österreichischen Bioethik-Kommission Christian Kopetzki vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien ist der Import von embryonalen Stammzellen nach Österreich derzeit nicht verboten.

Im Arzneiwaren-Einfuhrgesetz könne er kein Verbot für den Import erkennen und auch durch das Fortpflanzungsmedizingesetz entstehe nach seiner persönlichen Ansicht kein Verbot, auch wenn es in dieser Frage unterschiedliche Standpunkte gebe und die Diskussion noch in Fluss sei, sagte Kopetzki gegenüber der APA.
Forschungsverbot für "entwicklungsfähige Zellen"
Es gebe im Fortpflanzungsmedizingesetz zwar ein Überlassungs- und Forschungsverbot für "entwicklungsfähige Zellen", wobei entwicklungsfähige Zellen als "befruchtete Eizellen und daraus entwickelte Zellen" definiert seien.

Embryonale Stammzellen seien zwar sicher aus einer befruchteten Eizelle entwickelte Zellen. "Doch entwicklungsfähig sind sie nur, wenn sie totipotent sind, also sich zu einem Menschen weiterentwickeln können", so Kopetzki.
Stammzellen meist "pluripotent"
Der Großteil der in der Forschung eingesetzten Stammzellen sei allerdings pluripotent, könne sich also nur zu mehreren Geweben, aber nicht mehr zu einem Menschen weiterentwickeln.

Damit wären sie aber nicht mehr "entwicklungsfähige Zellen" und würden nicht mehr unter das Überlassungs- und Forschungsverbot fallen, so der Jurist.
Mehr zum Thema Stammzellen in science.orf.at:
->   Die ethisch unbedenkliche Stammzelle?
->   Herz-Stammzell-Therapie: Wiener Experten optimistisch
 
 
 
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01.01.2010