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Kontroversielle Biotechnologie  
  Die Rolle von Medien, Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit in der Entwicklung der Gen- und Biotechnologie in den vergangenen Jahren war Thema einer Podiumsdiskussion, die am Dienstag Vormittag im ORF RadioCafe stattfand. Anlass war das kürzlich erschienene Buch "Biotechnology 1996-2000. The Years of Controversy".  
Insgesamt ist die Akzeptanz für Bio- und Gentechnologie in Österreich in den vergangenen Jahren leicht gestiegen - und hat sich damit dem leicht gesunkenen EU-Durchschnitt angenähert.
Wem nützt die Biotechnologie?
Grundsätzlich gilt: "Rote", also medizinische Biotechnologie wird von der Öffentlichkeit eher akzeptiert, die "grüne" in der Landwirtschaft eher nicht.

Der Sozialpsychologe Wolfgang Wagner betonte dabei vor allem die Wichtigkeit eines möglichen persönlichen Nutzens der neuen Technologie. Bei der Anwendung in der Landwirtschaft wird dieser Nutzen großteils nicht gesehen.
Medien-Normalisierung
Den Medien kommt unbestritten eine wichtige Rolle im Diskussionsprozess zu. Mediale Aufgeregtheit lässt sich aber nicht aus dem Nichts produzieren, zeigte sich der Medienwissenschafter Matthias Kohring von der Universität Jena überzeugt.

Über längere Zeit interessant hält sie sich nur, wenn sie bestehende Gemütslagen in der Bevölkerung reflektiert, meint der Experte.
Normalisierung der Berichterstattung ...
Kohring sieht eine Normalisierung der Berichterstattung in den vergangenen Jahren. Biotechnologie ist - medial - zu einer ebenso "normalen" Technologie geworden, wie Informationstechnologie oder Kernkraft.
... und mögliche Kontroversen
Kontroversen werde es seiner Meinung nach in Zukunft nur mehr bei konkreten Schadensfällen geben - wenn entweder menschliches Leben direkt gefährdet wird oder wenn zum Beispiel Arbeitgeber oder Versicherungen versuchen sollten, ihre Untergebenen mittels genetischer Befunde unter Druck zu setzen.

Für die betroffene Wissenschaft ergibt sich aus dem Verlauf der Kontroverse der vergangenen Jahre vor allem die Notwendigkeit, ihre Forschung transparenter zu machen.
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Das Image der Wissenschaftler
Die Untersuchungen bescheinigten den Wissenschaftlern in fast allen Ländern eher geringes Vertrauen von Seiten der Öffentlichkeit. Matthias Kohring beschreibt das Image der Wissenschafter als "äußerst kompetent in ihrem Bereich, aber sie werden nicht als sozial verantwortlich wahrgenommen. Wissenschafter beherrschen in den Augen der Öffentlichkeit zwar ihr Handwerk, aber sie fragen zu wenig, was damit gemacht wird."

In Österreich hat sich die Plattform "Gentechnik & wir" gegründet, mit dem Ziel, allen Interessierten möglichst sachliche Information anzubieten.
->   science.orf.at: Informationsdrehscheibe für Gentechnik
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Außerwissenschaftliche Institutionen...
Längst gelten nicht mehr nur naturwissenschaftliche Institutionen als kompetent und entscheidend in Fragen des Umgangs mit Bio- und Gentechnologie.

Konsumentenschutzmaßnahmen wie Lebensmittelkennzeichnung spielen ebenso eine Rolle wie Versuche, die Öffentlichkeit an Entscheidungen zu beteiligen.
...und die Rolle der Politik
Nicht zuletzt die allerorts eingesetzten Ethikkommissionen lassen sich als Versuch interpretieren, eine Institution für die Öffentlichkeit als Wertegemeinschaft zu etablieren.

Allerdings, so Helge Torgersen vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung, könne man da auch die Frage stellen, "welche Legitimierung diese Kommissionen haben, wie sie in eine demokratische Entscheidungsfindung hineinpassen und wo eigentlich das Primat der Politik bleibt, wenn solche Wertfragen wieder an Expertengremien ausgelagert werden."

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
->   Plattform Gentechnik&Wir
Mehr zum Thema Biotechnologie in science.orf.at:
->   Helge Torgersen: Die Jahre 1996-2000 und der transatlantische Graben
->   EU-Kommissionspräsident: EU soll Biotechnologie offensiv fördern
->   Franz Seifert: Biotechnologie und Öffentlichkeit
 
 
 
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01.01.2010