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Genom eines wichtigen Pflanzenschädlings entziffert  
  Für viele Botaniker und Bauern ist es der "Mike Tyson" unter den Pflanzenschädlingen: Ein Bakterium namens "Ralstonia solanacearum" befällt und schädigt über 200 Kulturpflanzen, darunter Kartoffeln, Bananen und Ingwer. Doch jetzt sind Wissenschaftler der erfolgreichen Bekämpfung des Schädlings einen wichtigen Schritt näher gekommen: Sie haben dessen Genom entziffert.  
Dies berichtet eine Gruppe französicher Wissenschaftler unter der Leitung von Christian Boucher vom National Agronomic Research Institute in Toulouse in der aktuellen Ausgabe von "Nature".

Für die Forscher stellen ihre Ergebnisse die Basis für ein besseres Verständnis der Pflanzenkrankheit dar, sie sollen den Weg zur deren effizienter Behandlung beschleunigen.
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"Genome sequence ..."
Der Artikel "Genome sequence of the plant pathogen Ralstonia solanacearum" ist erschienen in der "Nature"-Ausgabe vom 31. Jänner 2002.
->   Artikel in "Nature" (kostenpflichtig)
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Schaden für Wasser- und Nährstofftransport
Das Bakterium 'Ralstonia solanacearum' befällt Pflanzen, indem es über deren Wurzeln eindringt. Es schädigt in weitere Folge den Wasser- und Nährstofftransport der Pflanze massiv.

Das jetzt sequenzierte Genom des Pflanzenschädlings ist laut den Wissenschaftlern mit einer relativ großen Anzahl an Genen ausgestattet, die es dem Bakterium ermöglichen, an Pflanzenzellen anzudocken und diesen verschiedene Proteine zu injizieren, die dann ihre schädigende Wirkung entfalten.

Darüber hinaus vermuten die Forscher, dass das Bakterium unterschiedliche Gene für den Befall von unterschiedlichen Wirtspflanzen benutzt.
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Bakterielle Pflanzenkrankheiten
Von Bakterien verursachte Pflanzenkrankheiten zeigen sich durch eine Reihe verschiedener Symptome: Häufige Merkmale sind Fäule, Blattflecken, das Welken von Blättern und Stengeln, Krebsgeschwülste, Trockenfäule von Blättern und Zweigen und die Bildung von Gallen.

Eine der bekanntesten bakteriellen Krankheiten ist der Feuerbrand, der viele Zier- und Obstgehölze befällt, wie etwa Apfelbäume und Birnbäume. Es handelt sich dabei um die erste Pflanzenkrankheit, bei der ein Bakterium als Verursacher nachgewiesen werden konnte. Auch der Krebs der Zitrusfrüchte wird durch ein Bakterium verursacht; er ist durch korkige Auswüchse auf Früchten, Blättern und Zweigen gekennzeichnet. Zu den bekanntesten und häufigsten bakteriellen Pflanzenkrankheiten gehören die Knollennaßfäule der Kartoffel, die Bakterienwelke der Tomate und eine Blattfleckenkrankheit der Baumwolle.
->   Mehr zu Phytopathologie
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Kenntnis ermöglicht Neuzüchtung
Das nun entschlüsselte Bakterien-Genom könnte in Kombination mit der Kenntnis, wie die Bakterien den Wasser- und Nährstoffzyklus schädigen, "die Züchtung und Entwicklung resistenter Arten" ermöglichen, erklärt Christian Boucher.

Die genaue Kenntnis des Genoms soll den Forschern zufolge auch Einblicke in viele andere Pflanzenkrankheiten, die auf ähnliche Weise Wirtspflanzen infizieren, eröffnen.

"Es wird die molekulare Pflanzenpathologie revolutionieren", begeistert sich der Pflanzenbiologe James Alfrano von der University of Nebraska in Wisconsin.
Impfung mit gutartigen Formen
Von dem Bakterium weiss man auch, dass es unter bestimmten Bedingungen in Pflanzen leben kann, ohne Schaden anzurichten. Dies wird möglich, indem es selbsttätig krankheitserregende Gene abschaltet.

An diesem Punkt setzt die Forschung von Julian Smith von CABI Bioscience in Egham, England an. Sein Team arbeitet an der Entwicklung gutartiger Formen des Ralstonia-Bakteriums, mit denen er die Pflanzen gegen die bösartigen Formen impfen will.

Erste Ergebnisse sind laut Smith vielversprechend und sein Team möchte demnächst mit Versuchen in Kenya und Südafrika beginnen.
Nutzung der eigenen Chemikalien
Andere Forschungsansätze beschäftigen sich mit denjenigen Bakterien-Genen, die für Chemikalien codieren. Diese von
Ralstonia-Arten produzierten Giftstoffe dienen dazu, sich untereinander zu bekämpfen, erläutert Smith.

Die erfolgreiche Umsetzung dieser Forschung allein bei Kartoffelpflanzen könnte schon viel bewirken, so der englische Wissenschaftler.
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Bakterien
"Ralstonia solanacearum" wird oft als molekulares Modell für die Analyse virulenter Bakterienstämme verwendert. Es ist ein so genanntes Gram-negatives Bakterium der Pseudomonas-Familie, dessen Genom reich an den Basen Guanin und Cytosin (69 Prozent) und in zwei Chromosomen organisiert ist.

Bakterien werden in einem einfachen System in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt - Gram-positive und Gram-negative Bakterien. Die Gram-Zugehörigkeit eines Bakteriums ist aufgrund ganz spezifischer Zellwand-Eigenheiten festzustellen. Es handelt sich hierbei um eine relativ einfache Färbemethode.
->   Mehr zu Bakterien
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Bisherige Bekämpfung wenig erfolgreich
Bislang war eine erfolgreiche Bekämpfung von "Ralstonia solanacearum" von wenig Erfolg gekrönt. Die Wissenschaftler führen das vor allem auf die Tatsache zurück, dass das Bakterium viele verschiedene Gene in den Befall von Pflanzen involviert.

Das Bakterium ist in der Lage ganze Felder und Ernten zu vernichten. In manchen Teilen Floridas wurden 75 Prozent der Kartoffelernten zerstört.

"Manche Felder wurden derart stark befallen und geschädigt, dass sie von Bauern aufgegeben werden mussten", erklärt Pflanzenpathologe Tim Denny von der University of Georgia in Athens.
Globale Erwärmung nutzt dem Schädling
Da sich Ralstonia vor allem in warmem Wetter wohl fühlt, befürchten viele Experten und Bauern aufgrund der zunehmenden Erwärmung des Weltklimas eine noch unkontrolliertere Verbreitung des Pflanzenschädlings.

Neue Hoffnungen setzten sie jetzt in den entschlüsselten Gen-Code der Bakterien, da alle bisherigen Versuche bislang nur Ernüchterung hinterließen.
->   Laboratoire de Biologie Moléculaire des Relations Plantes Microorganismes
->   Genoscope
->   CABI Bioscience
 
 
 
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01.01.2010