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Luchse - Verwandtschaft über weite Strecken  
  In den 50er Jahren ging die Anzahl der Luchse weltweit stark zurück. Als Reaktion darauf wurde der Luchs unter Schutz gestellt, so dass sich die Populationen wieder erholen konnten. Doch nach neuen Ergebnissen scheint dies nicht überall Früchte zu tragen. Denn nun haben Biologen entdeckt, dass Luchse teilweise über Tausende Kilometer Entfernung hinweg verwandt sind. Diese Ergebnisse sollten auch zu einem Überdenken vorhandener Schutzmaßnahmen führen.  
Ein Team um Michael Schwartz des 'Wildlife Biology Program' der University of Montana berichtet in der aktuellen Ausgabe von 'Nature' von dem regen Genaustausch, der zwischen weit entfernten Populationen des Kanadaluchses (Lynx canadensis) herrscht.

In Zukunft zu entwickelnde Umweltprogramme zum Schutz des in Nordamerika beheimateten Luchses sollten deshalb größere Raumdimensionen in Betracht ziehen.
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Artikel in 'Nature' (kostenpflichtig):
->   DNA reveals high dispersal synchronizing the population dynamics of Canada lynx
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Reger Genfluss über Tausende Kilometer
Die Biologen untersuchten Gewebeproben von Lynx canadensis, die aus einer Region zwischen Nordalaska und Montana stammten.

Die Analyse von so genannten Mikrosatelliten in den Luchsgenen offenbarte, dass selbst zwischen 3.000 Kilometer entfernten Tier-Populationen ein reger Genaustausch herrscht.

Darüber hinaus entdeckten die Biologen, dass nur knapp 40 Prozent aller Luchse aus den Regionen stammten, in denen sie gefangen worden waren.
Abstammung über Genorte feststellbar
In der Gesamtheit der Erbsubstanz einer Zelle finden sich hochvariable DNA-Abschnitte (Mikrosatelliten), die für eine Abstammungsanalyse bzw. einen Identitätsnachweis genutzt werden können. Solche DNA-Orte finden sich vielfach verteilt über das gesamte Genom.

Pro Individuum kann eine gewisse Anzahl solcher DNA-Mikrosatelliten untersucht werden. Die Gesamtheit der Mikrosatelliten in Kombination ergibt für jeden Organismus ein unverwechselbares, vergleichbares DNA-Profil.
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Biologie der Luchse 1
Der Luchs gehört zur Gattung der Katzen. Er lebt in Europa, Russland, China und Nordamerika. Man unterscheidet vier Arten: den Eurasischen Luchs, der am Balkan, in Österreich, der Schweiz, in Frankreich und in Bayern angesiedelt ist, den Pardelluchs, der auf der Iberischen Halbinsel lebt, den Kanadaluchs, der in Kanada, Neufundland und in Nordamerika vorkommt und den Rotluchs, der in den USA bis hin nach Mexico beheimatet ist.

Das Markenzeichen des Luchses ist das in einen langen Haarbüschel endende spitze Ohr, das ihm eine sehr genaue Schallortung ermöglicht. Das Fell des Luchses ist gefleckt oder fleckenlos, die Farbe rotbraun oder hellgelb. Die Wildkatze wird bis zu 70 cm groß und erreicht ein Gewicht von bis zu 25 kg. Der Luchs ist ein Einzelgänger. Er ernährt sich vorwiegend von Rehen und Rentieren, ferner von Hasen, Vögeln, Füchsen und kleineren Nagetieren.
->   Mehr zum Nordamerikanischen Luchs
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Bis zu 1.100 Kilometern
Mit Peilsendern ausgestattete Kanadaluchse legten teilweise Entfernungen bis zu 1.100 Kilometern zurück, wie die Wissenschaftler in 'Nature' ausführen.

"Unsere Gen-Daten lassen vermuten, dass Wanderungen über weite Strecken an der Tagesordnung sind." Dies erklärt laut den Biologen, warum die Größe der Populationen über das gesamte Verbreitungsgebiet der Art synchronisiert schwanken.
Konsequenzen für die Arterhaltung
Schwartz und Kollegen gehen davon aus, dass die vorliegenden Ergebnisse nicht unwesentliche Konsequenzen für den Schutz des nach wie vor bedrohten Luchses haben.

Nach den publizierten Daten wandern Tiere aus den größeren Luchspopulationen in Kanada mit einer gewissen Regelmäßigkeit in die USA aus und garantieren damit auch den Fortbestand der dort beheimateten Art.

"Daher sollten internationale Anstrengungen unternommen werden, um die Verbindung zwischen nördlichen und südlichen Populationen aufrechtzuerhalten", so Schwartz.
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Biologie der Luchse 2
Luchsweibchen werden mit zwei Jahren geschlechtsreif, Männchen meist erst mit drei Jahren. Die Paarungszeit liegt beim Luchs im März und Anfang April. Während der Paarungszeit bleiben Luchsmännchen und Luchsweibchen mehrere Tage zusammen. Nach einer Tragzeit von 68 bis 72 Tagen bringen die Luchsweibchen Ende Mai bis Anfang Juni ein bis vier Junge mit noch geschlossenen Augen zur Welt. In den ersten Lebenswochen werden sie an einem gut geschützten Ort von den Luchsweibchen gesäugt, bis sie der Mutter zu der erlegten Beute folgen können.
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Wichtige Faktoren der Populationsdynamik
Bisher weiß man, dass das Vorkommen von Beutetieren und die soziale Struktur die wichtigsten Faktoren sind, die eine Luchspopulation regulieren. Mit der territorialen Struktur regeln die Luchse die Größe ihrer Population selbst. Nur ein Luchs, der sein eigenes Revier hat, pflanzt sich fort.

Da er dazu Neuland suchen oder ein Wohngebiet finden muss, in dem ein Altluchs gestorben ist, bleibt die Zahl der sesshaften Luchse relativ konstant. Schwankungen in der Populationsgröße sind somit vor allem auf Schwankungen der Anzahl von Jungluchsen, die noch nicht sesshaft geworden sind, zurückzuführen.

Die kritische Phase ist dabei die Zeit nach der Trennung von der Mutter, wenn die Jungluchse lernen müssen, selbstständig zu werden.
->   Wildlife Biology Program, University of Montana
->   Division of Biological Sciences, University of Montana
 
 
 
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01.01.2010