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Embolien in den "Adern" hochalpiner Fichten  
  Embolien gibt es nicht nur bei Menschen: Ein Innbrucker Forschungsteam konnte in einem vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Projekt nachweisen, dass es in den "Adern" hochalpiner Fichten, den Zweigen, zur lebensbedrohenden Bildung von Gasbläschen kommt.  
Embolien - ansonsten wohl eher bekannt als medizinische Fachausdruck für eine Blockade von Blutgefäßen - gibt es auch bei Bäumen. Der Botaniker Stefan Mayr konnte dieses Phänomen in Nädelbäumen der alpinen Baumgrenze beobachten.
Wassertransport wird blockiert

Hochalpine Fichten
Gemeinsam mit seinem Forschungsteam vom Innsbrucker Institut für Botanik hat der Wissenschaftler in den letzten Jahren mehr als 100 Fichten in 2.000 Metern Seehöhe untersucht und festgestellt, dass der Transport von Wasser in die Leitgefäße des Holzes durch Gasblasen blockiert werden kann.

Im Extremfall kann dies zum völligen Zusammenbruch der Wasserversorgung von Ästen oder sogar des gesamten Baumes führen.

"Die Embolien entstehen im Zuge von Trockenstress, der ein Eindringen von Luft aus benachbarten, bereits luftgefüllten Hohlräumen auslöst", erläutert Mayr seine Forschungsergebnisse. "Dabei reißen dann die Wasserfäden in den Leitgefässen in Folge eines zu hohen Druckunterschieds."
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Wassertransport in Bäumen
Die treibende Kraft für den gesamten Wassertransport aus dem Boden und durch die Pflanze ist die Verdunstung von Wasser über die Oberfläche und die Spaltöffnungen der Blätter. Dieser Prozess der "Transpiration" erzeugt einen Sog, der über die durchgehenden Wasserfäden in den Leitgefäßen der Blätter bis in den Boden übertragen wird. Die Pflanze pumpt also nicht aktiv Wasser, sondern ist passiv im Verdunstungsstrom zwischen Boden und Luft eingebaut.

Das entstehende Potential kann dabei enorme Ausmaße annehmen: Im Rahmen der Messungen konnten die Wissenschaftler in einigen Fichtenzweigen ein Potential von mehr als 40 Bar nachweisen. Zum Vergleich: Ein normaler PKW-Reifen wird mit etwas zwei Bar aufgepumpt.
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Eine Gefahr vor allem im Winter
Laut den Untersuchungen sind die Fichten vor allem im Winter von Embolien betroffen. "Einerseits herrscht in dieser Zeit massiver Trockenstress, weil die Bäume trotz Verdunstungsschutz wie dicken Wachsschichten auf den Nadeln und geschlossenen Spaltöffnungen kontinuierlich Wasser verlieren", erklärt der Botaniker.

"Gleichzeitig wird über den gefrorenen Boden und den gefrorenen Stamm kein Wasser nachgeliefert, was schlussendlich Embolien auslösen kann", so Mayr weiter. "Laubbäume umgehen dieses Problem übrigens, indem sie im Herbst die Blätter abwerfen und damit Wasserverluste auf ein Minium reduzieren."
Bis zu hundertprozentige Blockade
Bei Fichten an der alpinen Baumgrenze kann diese Schädigung in einem erheblichen Ausmaß auftreten: In manchen Exemplaren stellten die Forscher sogar eine hundertprozentige Blockade der Leitgefäße fest: In diesen Zweigen konnte kein Wassertransport mehr stattfinden.
Offene Rätsel ...
Einige Rätsel sind allerdings noch offen: "Uns ist noch nicht klar, wie die Fichten im Frühjahr den Wassertransport reaktivieren. Möglicherweise spielt die noch kaum erforschte Wiederbefüllung embolierter Gefäße eine Rolle", fasst der Botaniker zusammen.

"Von besonderem Interesse für uns sind auch die Anpassungserscheinungen der hochalpinen Bäume: Fichten in höheren Lagen sind wesentlich resistenter gegen die Entstehung von Embolien als die Bäume in den Tallagen", so Mayr. In den fortlaufenden Untersuchungen sollen dieses Fragen noch erörtert werden.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Wissenschaftsfonds
->   Institut für Botanik
->   Universum Magazin
->   science.orf.at: Herbstfarben durch "Frostschutz"
 
 
 
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01.01.2010