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Warnung vor Gentech-Unkräutern  
  Gentechnisch veränderter Raps in Kanada droht zu einem neuen Superunkraut zu werden. Britische Wissenschaftler warnen jetzt vor ähnlichen Entwicklungen auch in Europa.  
Raps, der gegen Unkrautvernichtungsmittel immun ist, soll Landwirten helfen, weniger Spritzmittel verwenden zu müssen, um die unerwünschten Pflanzen auf dem Acker zu entfernen.

Das ist die Idee hinter gentechnisch hergestelltem Herbizid-tolerantem Raps, von dem es mittlerweile mehrere Varianten mit unterschiedlichen Toleranzen gibt.
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Glufosinat-toleranter Raps
Häufig ist eine gentechnisch veränderte Raps Variante, die die Pflanze tolerant gegenüber dem Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat macht. Dazu wurde ein Gen aus Bakterien in Raps übertragen, das die Information für die Bildung eines Enzyms birgt, mit dessen Hilfe die Pflanze das Herbizid "entgiften" kann.
->   Herbizid-toleranter Raps
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Nicht kontrollierbare Kreuzungen
Diese verschieden gentechnisch veränderten Raps-Sorten können sich gegenseitig bestäuben - und genau daraus ergeben sich die jetzt in Kanada erstmals beobachteten und untersuchten Probleme.

Nach der Bestäubung durch Wind oder Bienen bilden sich Samen, die auf den Erdboden fallen. Im Folgejahr wachsen daraus Nachkommenpflanzen, die die Toleranz-Gene von mehreren oder allen Varianten haben können.
Mehr Herbizid notwendig
Die Samen dieser Pflanzen gehen aber im Folgejahr auf einem Feld auf, auf dem nicht mehr Raps sondern etwas anderes angebaut wird. Der Raps wird nun auf diesen Feldern zum "Unkraut".

Weil er aber gegenüber den meisten modernen Herbiziden tolerant ist, kann er nur mehr mit den alten, wesentlich umweltschädlicheren Herbiziden unter Kontrolle gebracht werden, warnt Brian Johnson von English Nature, einer staatlichen britischen Naturschutzorganisation.
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Herbizide
chemische Substanzen zur Bekämpfung von unerwünschten Land- und Wasserpflanzen. Herbizide können total oder selektiv wirken. Eine echte physiologisch bedingte Selektivität liegt dann vor, wenn die Kulturpflanze im Gegensatz zum Unkraut in der Lage ist, das Wirkprinzip durch metabolische Vorgänge zu unterbinden. Die Selektivität ist jedoch vom Anwendungszeitpunkt, von der Dosis, von der Oberflächenbeschaffenheit der Pflanzen, von der Eindringtiefe des Wirkstoffes im Boden u. a. abhängig.
->   Mehr zu Herbiziden
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Nutzlose Vorsichtsmaßnahmen
Die Vorsichtsmassnahme, verschiedene Raps-Varianten nicht zu nahe nebeneinander zu pflanzen, hat nicht funktioniert. In Kanada wurde ein Mindestabstand von 175 Metern zwischen unterschiedlichen Varianten empfohlen. Raps-Pollen kann von Bienen und auch vom Wind aber mehrere Kilometer weit getragen werden.

Will man das Risiko von Kreuzungen so gering wie möglich halten, müsste der Abstand zwischen den Feldern mit verschiedenen Varianten mindestens fünf Kilometer betragen. Ein kommerzieller Anbau verschiedener Arten hätte daher in Großbritannien keine Zukunft, meint ein Adrian Bebb, britischer Gentechnik-Aktivist.
Nur eine Sorte anpflanzen
Die einzige Möglichkeit ist also, nur eine gentechnisch veränderte Raps-Variante anzupflanzen, rät Brian Johnson. In Großbritannien wird derzeit nur der Glufosinat-tolerante Raps auf Versuchsfeldern im Freiland angepflanzt. Die gleiche Empfehlung gilt auch für die Europäische Union.
Kein verunreinigtes Saatgut zulassen
Brian Johnson kritisiert in diesem Zusammenhang auch den Vorschlag der Europäischen Kommission, in Zukunft bei gentechnisch verändertem Saatgut eine "Verunreinigung" von bis zu 0,7 Prozent zuzulassen. So könnte schon das Saatgut aus Mischungen von verschiedenen gentechnisch veränderten Raps-Varianten bestehen.

Damit, so Brian Johnson, würde man bereits auf einem einzigen Feld die Entwicklung von "multiplen Toleranzen" und damit von "Superunkräutern" fördern. Der Kommissionsvorschlag soll noch im kommenden Monat diskutiert werden.

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
->   Zusammenfassung der Studie bei English Nature
 
 
 
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01.01.2010