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Förderung: Deutsche Geisteswissenschaftler bangen  
  In Zeiten der Anwendungsorientiertheit von Wissenschaften stehen Geisteswissenschaftler nicht gerade im Mittelpunkt des Interesses. In Deutschland bangen sie nun wegen neuer Förderungsregelungen um ihre Publikationen.  
Keine reinen Druckkostenzuschüsse mehr
Nachwuchswissenschaftler und auch etablierte Professoren sowie Verlage müssen sich darauf einstellen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Bonn will die reinen Druckkostenzuschüsse für Publikationen abschaffen.

Geistes- und Sozialwissenschaftler befürchten, künftig leer auszugehen, wenn sie ein Buch veröffentlichen wollen. In der Folge drohe ohne die Subventionierung das Aus für Bücher ohne breiteren Käuferkreis, warnen die Wissenschaftler wie auch Verleger.
"Vernichtender Schlag"
"Die Änderung ist eine Unverschämtheit der DFG und ein vernichtender Schlag für die Geistes- und Sozialwissenschaften", kritisiert der Vorsitzende des Fakultätentages, der Jenaer Romanistik-Professor Reinhold Grimm. Mit einem "Handstreich" sollte Publikationen aus diesen Gebieten der Garaus gemacht werden.

Ohne die DFG-Hilfe seien viele Publikationen nicht mehr finanzierbar, betont Max Niemeyer, Chef des gleichnamigen Verlags (Tübingen). Offenbar sei die Tendenz gewollt, die Geistes- und Sozialwissenschaften künftig bei der Förderung schlechter zu stellen.
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Förderung nur noch im Rahmen von Projekten
Nach DFG-Beschluss sollen nur noch Publikationen im Rahmen von Projekten gefördert werden. Das Geld soll dabei ohne weitere Prüfung des Forschungsergebnisses fließen. Eigenständige Druckbeihilfen gibt es nur noch in Ausnahmefällen - etwa bei Grundlagenmaterial für weitere Forschungen. Einmal den Projektantrag begutachten, das soll reichen, um das Ergebnis auch bereits als druck- und förderungswürdig durchzuwinken.
->   DFG
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Antragsflut für Änderung verantwortlich
Als Grund für die Umstellung der Publikationsförderung führt DFG-Vizepräsidentin Ursula Peters (Köln) an, dass man bei der DFG-Geschäftsstelle wie auch bei Gutachtern durch eine Antragsflut bei den Druckkostenzuschüssen an den Rand der Kapazität gekommen sei. Sie lägen inzwischen - bei steigender Tendenz - bei rund 1.000 Anträgen im Jahr.
DFG: Höheres Fördervolumen
Mit der Neuregelung könnte auch ein deutlich höheres Fördervolumen für Publikationen verbunden sein, hieß es von der DFG. Statt für rund 4 Millionen Euro (7,823 Mio Mark) könnten die Beihilfen auf bis etwa 10 Millionen Euro steigen.
Projekte sind zu 85 Prozent naturwissenschaftliche
Doch die Geisteswissenschaftler fürchten, von dem Kuchen noch weniger abzubekommen. Bislang werden weit mehr Projekte aus den Natur- und Technikwissenschaften gefördert als aus den Geisteswissenschaften. Rund 85 Prozent der gesamten DFG-Mittel flossen in den vergangenen Jahren in die Natur- und Technikwissenschaften. Die Anzahl der Sonderforschungsbereiche und Schwerpunktprogramme ist stark naturwissenschaftlich lastig.
Zu wenige geisteswissenschaftliche Anträge?
Doch die DFG-Statistik besagt auch, dass bei den Geisteswissenschaften in Relation weit mehr Anträge gefördert werden. Es liege daher auch an ihnen selbst, betont Peters. "Sie stellen einfach zu wenig Anträge auf Projektförderung."

Außerdem sollten sie sich mehr für Projekte zusammentun, wie dies Naturwissenschaftler machten. Die Forschungsweise sei aber bei Geisteswissenschaftlern völlig anders, betont Grimm. Es sei oft auch nicht absehbar, was bei Forschungsarbeiten herauskomme.
Aufzwingen anderer Methodik?
Der Vorstand des Deutschen Germanistenverbandes argumentiert, viele hochwertige Arbeiten wie Dissertationen, Habilitationsschriften oder Tagungs- und Sammelbände entstünden außerhalb von DFG-Projekten, etwa auf befristeten Universitäts-Stellen.

Hinter der Änderung stehe das Bestreben, Geisteswissenschaftlern entgegen ihrer Methodik und Darstellungsweise andere Formen der Publikation aufzuzwingen, wie sie in den Natur- und Technikwissenschaften üblich seien: Eine Kosten sparende elektronische Publikation und kostengünstige Zeitschriftenaufsätze.

Edgar Bauer, dpa
 
 
 
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01.01.2010