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Stuttgarter Biologen entdecken neue Tierart  
  Neue Tierarten werden meist in noch unerforschteren Regionen unseres Planeten entdeckt. Doch jetzt haben Biologen mitten im Stuttgarter Zoo eine neue Art eines im Meer lebenden Schwammes entdeckt.  
Es handelt sich in diesem Fall um einen Schwamm aus den tropischen Becken des Zoo-Aquariums: Tethya wilhelma Sarà, Sarà.

Der Name setzt sich aus zwei lateinischen Worten zusammen, dem Gattungsnamen Tethya, der die Gruppenzugehörigkeit eines Tieres angibt, dem Artnamen wilhelma und der Angabe, von wem und wann die Art beschrieben wurde.
Arbeit mit Vielzellern
Die Entdecker sind zwei Wissenschaftler des Biologischen Instituts der Universität Stuttgart, Michael Nickel und Franz Brümmer, die sich in ihrer Forschungsarbeit intensiv mit diesen Vielzellern beschäftigen und im bundesweiten Kompetenzzentrum BIOTECmarin mitwirken.

Hintergrund für das Interesse der Wissenschaftler an Schwämmen sind pharmazeutisch wirksame Stoffe, die diese im Lauf der Evolution als Spezialisten der chemischen Verteidigung entwickelt haben.
Klein, weiß und kugelrund
Tethya wilhelma ist klein, weiß und kugelrund. Schwämme sind den meisten nur als Badeschwamm ein Begriff. Was unter der Dusche und in der Badewanne landet, sind die Überreste des faserigen Skeletts eines vormalig lebenden Tieres.

Mit dem Badeschwamm ist Tethya wilhelma zwar verwandt, hat jedoch sonst mit ihm nicht viel zu tun. Er ist viel kleiner, meistens nur zwischen einem und vier Zentimetern im Durchmesser. Der Körper ist kugelrund und weiß. Manchmal setzen sich Algen an der Oberfläche ab, dann schimmert er grünlich.
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Schwämme
Tierstamm mit bis zu 40.000 Arten(geschätzt), dessen stets festsitzende Angehörige von niederer Organisation sind. Schwämme haben noch keine echten Gewebe. Ihre Körper werden von lockeren Zellansammlungen gebildet, die nach außen durch eine Skelettschicht und nach innen durch eine Schicht von Kragengeißelzellen begrenzt werden. Jede einzelne Körperzelle hat spezielle Aufgaben. Schwämme sind Organismen sehr verschiedener Gestalt, von verschiedener Größe und von verschiedener Färbung. Die meisten Schwämme leben im Meerwasser, einige aber auch im Süßwasser.

Mit Hilfe von Geißeln erzeugen sie einen permanenten Wasserstrom in ihrem Körper. Die kleinen Poren an der Körperoberfläche sind Ein- und Ausströmöffnungen zu einem Kanalsystem, in dem das Wasser durch den Körper geleitet wird. Kleinste organische Partikel, zum Beispiel Plankton, werden mit dem Wasser eingeströmt und herausgefiltert. Davon ernähren sich Schwämme und filtrieren unglaubliche Mengen von Wasser, je nach Art und Größe bis zu mehreren Litern pro Stunde.
->   Mehr zu Schwämmen
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Mineralien halten Körper stabil
Im Gegensatz zum Badeschwamm besitzt er kein faseriges Skelett, sondern eines aus mineralischen Nadeln, die die Körperform stabilisieren. Diese aus Silikat bestehenden Nadeln sind ein wichtiges Merkmal, um den Schwamm zu bestimmen oder zu beschreiben.

Weil viele Schwämme ganz unterschiedliche und teilweise bizarre Nadelstrukturen ausbilden, kann man sie daran gut unterscheiden. Tethya wilhelma besitzt neben langen Nadeln sehr schöne mikroskopische "Weihnachtssterne" in unterschiedlichen Größen.
Pharmazeutisch wirksame Stoffe
Die Forscher entdeckten diese kleine Schwammart durch Zufall im Stuttgarter Zoo. Ursprünglich waren sie im Rahmen eines Forschungsprojektes des Biologischen Instituts der Universität Stuttgart auf der Suche nach leicht kultivierbaren Schwämmen.

Für Schwämme interessiert sich die Wissenschaft zur Zeit sehr stark, weil sie ähnlich den tropischen Pflanzen viele pharmazeutisch wirksame Stoffe gegen Viren, Krebs und andere Krankheiten enthalten.
Kultivierung von Stämmen
Um diese Stoffe zu gewinnen, müssen Schwämme kultiviert werden. Auf der Suche nach nutzbaren Schwämmen fanden Brümmer und Nickel im Zoo die weißen Kugeln, die allerdings keine Wirkstoffe enthalten. Dennoch ist er für die Wissenschaftler von großem Interesse: Tethya wilhelma ist ein besonderer Schwamm.

Als festgewachsene Tiere sind Schwämme in der Regel bewegungslos. Nicht so der Wilhelma-Schwamm. Bis zu mehrere Zentimeter pro Tag wandert er über Steine und Wände. Wie es funktioniert, ist im Detail noch ungeklärt. Die feinen Körperfortsätze spielen vermutlich eine Rolle. Und weil dieses Verhalten so besonders ist, wird Tethya wilhelma weiter an der Universität Stuttgart untersucht.
->   Zoologie der Universität Stuttgart
->   BIOTECmarin
 
 
 
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01.01.2010