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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Technologie .  Leben 
 
Biomaterialien der nächsten Generation  
  Mediziner und Wissenschaftler arbeiten schon länger an der Implementierung körperfremder Materialien in den menschlichen Körper, die verletzte Teile des Organismus möglichst optimal ersetzen sollen. Der Einsatz von künstlichen Gelenken, Händen und Fingern scheint nicht mehr aufzuhalten. Das Ziel nun präsentierter Forschungen ist die Entwicklung einer nächsten Generation von Biomaterialien, die den Körper bei Heilungsprozessen unterstützen. Realisiert werden diese Heilungsverfahren mit Hilfe zunehmend effizienter und kleiner werdender Informationstechnologien.  
Schwerpunkt in "Science"
In seiner aktuellen Ausgabe gestaltete das "Science Magazine" einen Schwerpunkt zum Thema Bionik in Form von 15 Publikationen und Kommentaren namhafter Wissenschaftler aus allen Bereichen bionischer Forschung.
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Metageschichte in 'Science' (kostenpflichtig; If I Only Had a ...; Bd. 295, S. 995):
->   Metageschichte in 'Science'
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Aktuelle Trends und Forschungsperspektiven
Unter anderen beschreiben in "Science" der Erfinder der künstlichen Hand, William Craelius von der "Rutgers University" in New Jersey, USA und Larry Hench vom "Department of Materials and Imperial College Tissue Engineering Centre" den aktuellen Forschungsstand der medizinischen Bionik und die Zukunftsperspektiven und Einsatzmöglichkeiten jener jungen Wissenschaftsdisziplin.
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Artikel in 'Science' von Larry Hench (kostenpflichtig; Third-Generation Biomedical Materials; Volume 295, Number 5557, Issue of 8 Feb 2002, S. 1014-1017)
->   Artikel in 'Science' von Larry Hench
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Regeneration verletzter Gewebe
Die Pionierarbeit etlicher bionischer Wissenschaftler, darunter Hench, hat zur Entdeckung einer Reihe von Genen geführt, die das Wachstum und die Formbildung von Knochen steuern. Diese Gene, so die Wissenschaftler, können durch bioaktive Materialien reguliert werden.

Die Entdeckung wird derzeit gerade intensiv zur Entwicklung neuer Biomaterialien für die Regeneration und die Heilung erkrankter oder verletzter Gewebe genutzt.

Die beiden Autoren beschreiben auch den neuen Trend in der medizinischen Bionik: die Forschungsschwerpunkte verlagern sich zusehends vom direkten Ersatz verletzter biologischer Gewebe durch künstliche zur Förderung der Regeneration der Gewebe. Konkret wird Patienten nur mehr eine Art molekularer Matrix eingepflanzt, die die entsprechenden Gene aktiviert und so das Wachstum des Gewebes anhand der implantierten Matrix steuert.
Gene kontrollieren Heilungsprozess
"Der Vorteil dieses neuen Forschungsansatzes beruht darauf, dass die Gene des eigenen Körpers den Prozess der Gewebereparatur durch Einsatz spezifischer Biomaterialien selbst kontrollieren. Das Ergebnis dieses Prozesses ist äquivalent zu natürlichen Geweben in der Form, dass das neue Gebwebe lebendig ist und sich an seine physiologische Umgebung anpassen kann", erläutert Larry Hench.

"Dies stellt die wissenschaftliche Basis für die Entwicklung einer neuen Generation Gen-aktivierter Biomaterialien dar, die für bestimmte Patienten und Krankheitsstadien maßgeschneidert werden", so Hench zu den neuen Forschungsansätzen.
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Bionik
ein Wissenschaftszweig der Kybernetik, der sich mit dem Studium biologischer Systeme und ihrer technischen Simulation befasst. Hauptsächlich arbeitet die Bionik an Modellen der Informationsaufnahme und -verarbeitung. Die allgemeine Bionik studiert die Phänomene der belebten Natur unter konstruktiven, technologischen und strukturellen Gesichtspunkten; die systematische Bionik strebt eine systematische Gliederung der gewonnenen Erkenntnisse an, z. B. in die Gruppen Informatik, biologische Profile und Oberflächengestaltung; die angewandte Bionik bemüht sich um die Umsetzung der biologischen Prinzipien in technische Lösungen. In der medizinischen Bionik geht es um den Einsatz neu entwickelter Biomaterialien zur Regeneration erkrankter Gewebe.
->   Mehr zu bionischer Prothetik
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Ein Baugerüst aus bioaktivem Material
In den letzten zwei Jahren haben Forscher um Julia Polak vom "Imperial College Tissue Engineering Centre" analysiert, wie sich menschliche Zellen verhalten, wenn sie an ein Gerüst eines bioaktiven Materials angebracht werden.

Die Wissenschaftler konnten dabei zeigen, dass so genannte Schlüssel-Gene, die für die Formbildung von Knochen verantwortlich sind, aktiv werden, wenn diese mit bioaktiven Materialien, die das Knochenwachstum stimulieren sollen, zusammengebracht werden.

Das bedeutet eine natürliche Stimulation des Wachstums biologischen Knochengewebes um ein Gerüst aus bioaktiven Materialien.
Viele klinische Anwendungen
In Zukunft wird es laut den Forschern des "Imperial College Tissue Engineering Centre" genügen, die spezifischen chemischen Ingredienzen des Biomaterials zu den Knochenzellen mit den Schlüssel-Genen hinzuzufügen.

Durch die Entwicklung jener hochspezifischen molekularen "Baugerüste" für die Gewebereparatur und durch den minimalen Einsatz invasiver chirurgischer Methoden, könnte diese Technik in naher Zukunft viele klinische Anwendungen ermöglichen, so Hench.
Mensch-Maschine-Kommunikation beschleunigt Umsetzung
Nach William Craelius von der "Rutgers University" in New Jersey, der auch als Erfinder der künstlichen Hand gilt, wird die genaue und funktionstüchtige Integration künstlicher Gelenke, die so gut wie natürliche arbeiten, durch die schnellen Fortschritte in der Mensch-Maschinen-Kommunikation schneller Realität werden als bislang angenommen.

Craelius konzipierte eine künstliche Hand namens "Dextra", die es einem Patienten erstmals ermöglichte, mittels vorhandener Nervenbahnen computergesteuerte mechanische Finger zu kontrollieren.
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Artikel in 'Science' von William Craelius (kostenpflichtig; The Bionic Man: Restoring Mobility; Volume 295, Number 5557, Issue of 8 Feb 2002, pp. 1018-1021.)
->   Artikel in "Science" von William Craelius
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"Kommunikation ist der Schlüssel"
Craelius ist davon überzeugt, dass "die bionischen Technologien für die Wiederherstellung vieler verletzter oder verlorener Körper- und Bewegungsfunktionen genutzt werden können".

Der Schlüssel für den Erfolg dieser Forschung ist die Kommunikationsfähigkeit der neuen Gelenke und Gewebe. Sie sollen einerseits Informationen aus Nervenzellen verstehen und weiterleiten können, andererseits mit winzigen digitalen Chipschaltkreisen interagieren können.
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Neurobionik und Neuroprothetik
Neurobionik ist der interdisziplinär zwischen Biologie, Medizin und Technik vermittelnde Forschungszweig. Er möchte mittels Mikrochips defektes menschliches Nervengewebe überbrücken,
z. B. defektes Rückenmark bei Querschnittslähmung. Die Neuroprothetik entwickelt dazu spezielle Mikroprozessoren, die implantiert werden und Nervensignale über die geschädigte Stelle hinwegleiten.

So könnten etwa Erblindete, die ihr Augenlicht durch einen Tumor verloren haben, durch eine neurobionische Augenprothese mit Kamerachip und Mikrocomputer, welche die Netzhaut mit Bildsignalen stimulieren, wieder sehen.
->   Mehr zu Bionik
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Kommunikation zwischen Nerven und künstlichen Geweben
Als Beispiel führt Craelius ein an der UCLA (University of California) entwickeltes, drahtloses Mini-Implantat in Reiskorngröße an, das unter der Haut eines Patienten eingesetzt wird, um die Kommunikation zwischen Nervenzellen und bionischen Materialien zu regulieren.

Das Design solcher Technologien, die Informations- und Kommunikationsströme zwischen den neuen Generationen implantierter Biomaterialien und vorhandenen Nervennetzen koordinieren, zeigen den Trend, die digitale Steuerung solcher Prozesse zunehmend in den Körper zu verlagern.

Durch die fortschreitende Miniaturisierung elektronischer Schaltkreise und Chiptransistoren wird dies, so Craelius, auch immer einfacher und effizienter umsetzbar.
Schutz vor elektromagnetischer Strahlung
Während Wissenschaftler an der Optimierung der Kommunikation und Miniaturisierung der neuen Biomaterialien arbeiten, stellt sich ihnen auch die Herausforderung, die entwickelten bionischen Strukturen vor elektromagnetischen Störungen und der Korrosion durch Körperflüssigkeiten zu schützen, wie Craelius betont.

Die Kapazität vorhandener Batterien sowie deren Auflademöglichkeit in den implantierten Biomaterialien selbst stellen ebenfalls noch zu verbessernde Bereiche dar.
Natürliche Integration natürlicher Bausteine
Ziel der neuen Wege der bionischen Forschung, so Craelius, sollte eine möglichst natürliche Bauweise der Biomaterialien sowie deren bestmögliche Integration in biologische Substrate sein - ein Ziel mit dem sich sein Kollege Larry Hench voll und ganz identifizieren kann.
->   Medical Technology - Bionics
->   The Research Computing Initiative, Rutgers University
->   Department of Materials and Imperial College Tissue Engineering Centre
 
 
 
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01.01.2010