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Geklonte Mäuse sterben früh  
  Schon bisher legten einige Studien den Schluss nahe, dass geklonte Lebewesen krankheitsanfälliger sind als ihre natürlichen Artgenossen. Japanische Wissenschaftler zeigten nun, dass sie auch mit einer drastisch verringerten Lebenserwartung zu rechnen haben. Geklonte Mäuse starben an Tumoren, Leberversagen und Lungenentzündung.  
Das haben nun Wissenschaftler um Atsuo Ogura vom Institut für Infektionskrankheiten in Tokio in seit 1999 durchgeführten Experimenten bewiesen.

Die Ursachen für das verfrühte Sterben sind unbekannt. Die Forscher warnen in ihrem Beitrag auch vor dem reproduktiven Klonen menschlicher Embryonen.
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Die Studie wird von der Fachzeitschrift "Nature Genetics" am Montag (11. Februar) online publiziert.
->   Nature Genetics
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Langfristige negative Folgen
Die Fachleute schreiben, dass die Lebensspanne von Mäusen, die aus Körperzellen geklont wurden, signifikant kürzer ist als jene von natürlich reproduzierten Tieren gleichen Geschlechts.

Das, so die Forscher, sei "am ehesten auf deren schwere Lungenentzündungen und Leberversagen zurückzuführen. Das zeigt, dass das Klonieren von Tieren aus somatischen Zellen langfristig negative Folgen haben kann, auch wenn die Tiere zunächst normal zur Welt kommen."
1999 männliche Mäuse geklont
Die Wissenschaftler hatten 1999 zunächst zwölf männliche Mäuse mittels Klonierens aus unreifen Sertoli-Zellen (aus Hodengewebe, aber keine Keimzellen, Anm.) produziert. Mit ihnen wurden sieben Mäuse der selben Rasse verglichen, die durch natürliche Befruchtung gezeugt worden waren.

Hinzu kamen noch sechs Tiere, bei denen die Befruchtung von Eizellen zur Insemination durchgeführt worden war. Alle Tiere wurden in einer möglichst keimfreien Umgebung gehalten.
Bei Geburt noch keine Unterschiede ...
Geburtsgewicht und Gewichtszunahme im ersten Lebensjahr unterschieden sich bei den Tieren nicht von einander. Allerdings fanden sich bei den Klon-Mäusen von Anfang an bestimmte Differenzen bei manchen Laborwerten.
... nach knapp einem Jahr begann das Sterben
Doch dann setzte das große Sterben bei den Klon-Mäusen ein. Die klonierten Mäuse begannen ab dem 311. Tag nach der Geburt zu sterben. Zehn der zwölf geklonten Tiere starben vor dem 800. Tag nach der Geburt - also vor der durchschnittlichen Lebenserwartung von Mäusen.

Hingegen starb in der selben Zeitspanne nur eines der Tiere aus natürlicher Reproduktion sowie zwei aus Befruchtung durch Insemination.
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Skeptischer Grundtenor
Die vorliegenden Ergebnisse stehen in einer Reihe ähnlicher Experimente, die die Langzeitfolgen verschiedener Kloniertechniken untersuchen. Mit einigen Ausnahmen ist der Grundtenor bisher ein eher skeptischer bzw. zurückhaltender. Hier ein kurzer Überblick über ähnliche Studien, die science.ORF.at vorgestellt hat:
Heftige Kritik nach Embryonen-Klonung
Klon-Kühe sind gesund und munter
Warnung vor Klon-Experimenten wird lauter
Erster Klon einer bedrohten Art nach zwei Tagen tot
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Ursachen unbekannt
Die japanischen Wissenschaftler machten sich auf die Suche nach der Ursache für das frühere Ableben der geklonten Tiere: "Sechs von sechs autopsierten Tieren wiesen schwere Lungenentzündungen auf. Vier von sechs auch noch schwere Leber-Nekrosen (Absterben von Gewebe). Eines der Tiere hatte Leukämie und Lungenkrebs."

Die Schlussfolgerung der Forscher: Funktionsstörungen von Lunge und Leber könnten die Ursache für die Schäden sein, die zum Tod der Versuchstiere führten. Den eigentlichen Grund für die letal endenden Krankheiten konnten die Forscher aber nicht feststellen.
Aggressive Technik
Laut den Experten sind die derzeit verwendeten Techniken zum Klonieren von Embryos offenbar ausgesprochen aggressiv. Bereits bei Klon-Schafen war von Wissenschaftlern entdeckt worden, dass die "Kappen" ihrer Chromosomen (Telomere, Anm.) offenbar kürzer als jene von gleich altrigen normalen Schafen waren. Das ist ein Zeichen von vorzeitiger Alterung.
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Auch Dolly mit Problemen
Schon vor einigen Wochen erregte die Meldung Aufsehen, dass selbst Dolly, das erste geklonte Schaf der Welt, mittlerweile eher an Krankheiten leiden dürfte als gleichaltrige Artgenossinnnen.
->   Klonschaf Dolly hat Arthritis
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Beeinträchtigung des Immunsystems
Außerdem wurde bei geklonten Kühen und bei Ziegen eine Beeinträchtigung des Immunsystems beobachtet.

Ähnliches fand sich auch bei den Klon-Mäusen: Ihr Immunsystem bildete generelle weniger Antikörper. Antikörper spielen eine wesentliche Rolle bei der Abwehr von Keimen und auch bei der Beseitigung von bösartigen Zellen.

Mittlerweile sind nur noch zwei der japanischen Klon-Mäuse am Leben. Sie könnten eventuell dem Schicksal ihr "Klon-Genossen" entkommen.
Studie "Anlass zu Hoffnung"?
Während die Resultate der japanischen Wissenschaftler jenen rechtzugeben scheinen, die vor den Folgen des Klonens warnen, sind andere von der Optimierung der Technik weiter überzeugt.

Tony Perry von Advanced Cell Technology (ACT), einem der weltweit führenden und immer wieder in die Schlagzeilen geratenen Biotechnologie-Unternehmen, glaubt, dass die neue Studie "großen Anlass zu Hoffnung gibt".
->   ACT: "Embryonen" zur Stammzellgewinnung geklont
Standardisierung der Kloniertechniken gefordert
Laut Nature Science Update führt er die entstandenen Probleme auf unzureichende Kloniertechniken zurück und nicht auf grundlegende biologische Probleme.

"Was wir brauchen, ist eine Standardisierung, damit die Technologie keine Kunst mehr ist, sondern Wissenschaft", so Perry.
->   Institut für Infektionskrankheiten, Tokio
->   Nature Science Update
->   Advanced Cell Technologies
 
 
 
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01.01.2010