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Pestizide auf Paprikafrüchten entdeckt  
  Die Umweltschutzorganisation "Global 2000" hat spanische Paprika, die derzeit in den fünf größten Supermarktketten Österreichs angeboten werden, auf Pestizide untersuchen lassen. Fazit: Die vermeintlich knackig-gesunden Paprikafrüchte enthalten einen Gift-Cocktail aus bis zu acht verschiedenen Pestiziden. Die Hersteller nützen offenbar eine Gesetzeslücke.  
Eines der gefundenen Schädlingsbekämpfungsmittel ist seit dem Vorjahr EU-weit verboten, sechs andere werden von der Weltgesundheitsorganisation als giftig, ein siebentes als hochgiftig eingestuft, erklärt dazu "Global 2000"-Experte Klaus Kastenhofer.
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Die gefundenen Gifte im spanischen Paprika
Laut "Global 2000" wurden folgende Pestizide gefunden: Endosulfan ist eine besonders stabile chemische Verbindung, die im Tierversuch das Wachstum von Brustkrebszellen anregt. Zudem greift es ins Hormonsystem ein: so wurde bei Tieren Verringerung der Fruchtbarkeit, Verweiblichung der Männchen und verändertes Sexualverhalten festgestellt.

Eine ähnliche Wirkung wurde Cypermethrin in zahlreichen Studien nachgewiesen. Die WHO stuft die Verbindung, die auch im Nervensystem akkumuliert, als hochtoxisch ein.

Den Abbau von Neurotransmitter blockieren die gefundenen Verbindungen Chlorpyrifos, Pirimiphos-methyl, sowie Pyrazophos. Letzteres ist seit dem Vorjahr EU-weit verboten. Im akuten Vergiftungsfall verursachen diese Stoffe u.a. Erbrechen, Krämpfe, psychotische Erscheinungen bis hin zu Bewusstlosigkeit und Koma.

Procymidone, Bifenthrin, und Iprodione stehen in Verdacht, u.a. Krebserkrankungen zu verursachen.
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Lücke im Gesetz
Obwohl alle gefundenen Pestizidmengen unter dem erlaubten Grenzwert liegen, warnt Kastenhofer: Das sei eine Lücke in der Gesetzgebung, die ausgenutzt werde.

Demnach ist es zulässig, bis zu zehn Pestizide einzusetzen, wenn nur das jeweils einzelne unter dem Grenzwert bleibt.
"Cocktail-Wirkung unerforscht"
Damit komme es aber zu einer "Cocktail-Wirkung, die wissenschaftlich überhaupt noch nicht untersucht wurde". Der Mensch diene als Versuchslabor für die Chemiefirmen, kritisiert Kastenhofer.
Kein Gesetz gegen Pestizid-Cocktails
Das Problem ist, dass die Lebensmittelkontrolleure nur dann eingreifen können, wenn verbotene Pestizide auftreten oder Grenzwerte überschritten werden.

Gegen Pestizid-Cocktails gibt es kein Gesetz, sagt Martin Hofer von der Wiener Lebensmitteluntersuchungsanstalt. Dazu müssten erst die Gesetzgeber auf EU Ebene aktiv werden.
Strengere Vorschriften gefordert
"Global 2000"-Experte Kastenhofer fordert strengere Grenzwerte für das Vorkommen mehrerer Pestizide. Hormonell wirkenden Pestiziden sollten generell verboten werden, so Kastenhofer.

Denn bei diesen sei jede Grenzwert-Diskussion sinnlos. Hormonpräparate würden in niedrigen Konzentrationen oft stärker wirken als in hohen, begründet der Experte seine Forderung.
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Rückstände generell in Obst und Gemüse
Betroffen sind aber nicht nur die aus Spanien importierten Paprikas: Im August 2001 stellte die Europäische Kommission den Bericht "Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln 1999" vor. Darin wurden die Analysen von über 40.000 Lebensmittelproben aus Obst, Getreide und Gemüse veröffentlicht.

39.9 Prozent der Proben waren demnach mit Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmittel belastet, davon 11 Prozent über dem jeweils zulässigen Grenzwert. 85 Prozent der belasteten Proben wiesen Rückstände von mehr als einem Schädlingsbekämpfungsmittel auf.
->   Die Europäische Kommission
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Ausweg: Bio-Produkte
Wer Pestizid im Gemüse gänzlich vermeiden will, dem bleibt derzeit also nur eines: der Umstieg auf Bioprodukte, wie der Wiener Lebensmittelexperte Martin Hofer empfiehlt.

Petra Pichler, Ö1-Mittagsjournal/ red
->   Global 2000
->   Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien
 
 
 
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01.01.2010