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Malaria: Falsche Arzneien führen zu Millionen Toten  
  Millionen von Menschen sterben in Afrika nach Auskunft der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" jährlich an Malaria, weil sie mit falschen Medikamenten behandelt werden. Grund dafür ist ihr zu hoher Preis.  
Schlechte Medikamente aus Kostengründen
In dem am Mittwoch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi vorgestellten Report prangert die Organisation die Politik vieler afrikanischer Länder an: "Aus Kostengründen greifen die dortigen Gesundheitsbehörden auf Medikamente zurück, gegen die die Parasiten nachweislich hohe Resistenzen aufweisen", sagte ein Autor des Berichts, der Malariaexperte Jean-Marie Kindermans.

"Würden die Länder die teureren aber effektiven Mittel empfehlen, könnten Millionen von Malariakranken gerettet werden, die derzeit sterben."
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Original-Bericht der "Medicins sans frontieres":
->   Changing national malaria treatment protocols in Africa
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Dramatische Erhöhung der Resistenzen
In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Resistenz gegen die weiterhin gängigen Behandlungsmittel, Chloroquin und Fansidar, dramatisch erhöht. "Die Sterblichkeitsrate der Erkrankten hat sich dadurch versechsfacht", sagt Kindermans.

Das in China entwickelte Medikament Artemisinin hingegen werde in Asien seit zehn Jahren genutzt, ohne dass Resistenzen bekannt geworden seien. Chloroquine, zum Vergleich, schlage in Malaria-Brennpunkten wie Burundi in einigen Regionen schon bei 90 Prozent der Erkrankten nicht mehr an.
Pillenverschreiben wie Münzenwurf
"Ich könnte genauso gut jedes Mal eine Münze werfen", klagt die Ärztin Diane Cheynier, die für "Ärzte ohne Grenzen" in dem ostafrikanischen Land arbeitet. "Jedes Mal, wenn ein Malariakranker zu mir kommt, darf ich ihm nur Pillen verschreiben, die unter Umständen nicht besser wirken als ein Placebo."
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Malaria: 500 Millionen Erkrankte weltweit
Jährlich erkranken weltweit bis zu 500 Millionen Menschen an Malaria, 90 Prozent davon in Afrika. Dort sterben jedes Jahr zwischen 1,3 und 1,8 Millionen Menschen an der durch die Anopheles-Mücke übertragenen Krankheit. Malaria-Kranke haben ein immer wiederkehrendes hohes Fieber, oft ein schweres Krankheitsgefühl und Durchfall. Es kann zu lebensgefährlichen Organschäden kommen.
->   Mehr zu Malaria (netdoktor.de)
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Kinder besonders betroffen
Von den 200 Patienten, die die Ärztin am Tag sieht, haben 30 Prozent Malaria. Über die Hälfte von ihnen sind Kinder. "Als ein kleiner Junge in meine Praxis kam, habe ich ihm Fansidar gegeben", beschreibt sie. "Am nächsten Tag war seine Malaria noch schlimmer geworden. Und dazu kamen die Begleiterscheinungen. Ich gab ihm die zweite Möglichkeit: Chloroquin."

Doch außer der dramatischen Verschlechterung der Begleiterscheinungen tat sich nichts "Der Junge litt unter Anämie und starkem Erbrechen. Ich wusste, dass er sterben würde, wie so viele andere vor ihm - und konnte ihm nicht helfen."
Artemisinin-Derivative zu teuer
Trotz der positiven Bewertung von Artemisinin-Derivativen von Experten, darunter auch der UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO) ändern die afrikanischen Länder - mit Ausnahme Südafrikas, Sambias und der Tansania angegliederten Insel Sansibar - bislang ihre Behandlungsrichtlinien nicht. Ihre Begründung: Der Preis.
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Zusatzkosten von 300 Mio. ATS
Während die herkömmliche Behandlung für einen Erwachsenen etwa 0,25 US-Dollar (0,29 Euro) pro Dosis ausmacht, kostet sie mit Artemisinin-Derivativen bislang noch das Fünffache. Die Autoren des neuen Berichts, der Kenia, Uganda, Ruanda, Burundi und Tansania umfasst, schätzen die zusätzlichen Kosten für die Einführung des chinesischen Präparats in diesen Ländern zusammen auf rund 21,7 Millionen Euro (300 Mio. ATS).
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Je mehr Präparate, desto billiger
"Sollte der Konsum dieser Präparate aber steigen und sollte sich dann eine Konkurrenz auf dem Markt entwickeln, werden diese Kosten schon in zwei Jahren nur noch ein Drittel betragen", meint Kindermans. "Das ist durchaus erschwinglich, wenn die internationalen Geber bereit sind zu helfen."

Antje Passenheim, dpa
->   Ärzte ohne Grenzen
->   Mehr über Malaria in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010