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Warum der Stahl rostet  
  Laufend arbeiten Materialwissenschaftler an der Verbesserung von einem der wichtigsten Industriebaustoffe: Stahl. Das geflügelte Wort vom frost- und korrosionsfreien Stahl ist aber nach wie vor nicht vollständig realisiert. Doch jetzt ist es Forschern gelungen, den Prozess der Stahl- Korrosion detailliert zu verstehen, was eine weitere Optimierung seiner Materialeigenschaften beschleunigen sollte.  
David Williams vom University College in London und seine Kollegen beschreiben in der aktuellen Ausgabe von "Nature", wie mikroskopische Unreinheiten in der Stahloberfläche sich schnell zu materialzerstörenden Löchern vergrößern können und so den Materialverschleiß einleiten.
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Why stainless steel corrodes
Der Artikel "Why stainless steel corrodes" ist erschienen in "Nature", Bd. 415, S. 770 - 774 (2002).
->   Artikel in "Nature" (kostenpflichtig)
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Mikroskopisch kleine Ringe als Ausgangspunkt
Um "korrosionsfreien" Stahl herzustellen wird das Metall im Normalfall mit einer Schicht aus Chromoxid überzogen, um es vor Rost und anderen Einwirkungen zu schützen.

"Das wirkliche Problem bei Stahl ist winzig klein, nur ein paar Hundert Nanometer Chromoxid", erklärt Williams. Er und seine Kollegen fanden in ihrer Studie heraus, dass die Stahlkorrosion an winzigen, mikroskopischen Ringen im Stahl beginnt, die ihre schützende Chromoxidhülle verloren haben.
Sulfid-Taschen als Samen der Korrosion
Das schützende Chrom wird entlang kleiner "Sulfid-Taschen" im Stahl abgetragen, fanden die Wissenschaftler. Diese "Taschen" stellen sozusagen die Samen der Korrosion dar, die sich später zu jenen mikroskopischen Ringen entwicklen.

Gelangt Wasser auf diese Stellen, so reagiert dieses mit jenen sulfidhaltigen Stellen im Stahl zu konzentrierter Säure, die das Metall zerstört.
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Stahlherstellung
Im Stahlwerk wird durch Einblasen von Sauerstoff ("Frischen") im Konverter aus Roheisen Stahl hergestellt. Das im Hochofen aus Erz gewonnene Roheisen ist aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften nicht für die formgebende Verarbeitung geeignet. Hohe Phosphor- und Kohlenstoffgehalte machen es spröde und hart.

Beim Frischen sinkt der Kohlenstoffgehalt von ursprünglich drei bis vier Prozent auf ca. 0,02 Prozent, andere Eisenbegleiter wie Phosphor oder Silizium verbrennen. Dabei steigt die Temperatur durch den Oxidationsvorgang so stark an, dass es nötig wird, die entstehende Prozesswärme abzuführen. Der Einsatz von Schrott im Konverter hält die Temperatur im erforderlichen Bereich von 1.600 Grad Celsius. Je nach Einsatzzweck wird der Rohstahl anschließend legiert.
->   Mehr zur Stahlherstellung
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Aus Verunreinigungen entstanden
Die Sulfid-Taschen sind nur wenige Tausendstel eines Millimeters groß und entstehen aus Unreinheiten im Eisenerz, aus dem Stahl gewonnen wird.

Während des Prozesses der Stahlherstellung verfestigen sich Sulfide bei einer höheren Temperatur als Metall. Wenn sich das Metall durch Abkühlung verfestigt, befindet sich das Sulfid meist noch in flüssigem Zustand.

Das zu diesem Zeitpunkt noch flüssige Sulfid führt aber an manchen Stellen zu einer Verringerung der schützenden Chromschicht. Und das führt dann zur Entstehung jener korrosionsverursachenden Sulfid-Taschen.
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Korrosion
die Schädigung und Zerstörung von Werkstoffen durch chemische oder elektrochemische Reaktionen, die durch Elektrolytlösungen, feuchte Gase, Schmelzen u. a. hervorgerufen werden können. Abhängig von der Art des Werkstoffs und vom angreifenden Medium kann Korrosion in unterschiedlichen Formen auftreten, bei Metallen z. B. als gleichmäßiger flächenhafter Angriff, als Lochfraß oder als interkristalline Korrosion.

Korrosion wird begünstigt, wenn das Metall in Verbindung mit einem elektrochemischen edleren Metall der Feuchtigkeit ausgesetzt ist, da es dann die Anode eines kurzgeschlossenen galvanischen Elements bildet. Auch mechanische Belastung kann die Korrosion fördern.
->   Grundlagen der Korrosion
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"Kratzen" alleine genügt nicht
"Die neuen Ergebnisse sollten von hoher Relevanz für die Art und Weise sein, wie die Oberfläche von Stahl bisher behandelt wurde", erklärt Roger Newman von der University of Manchester.

Derzeit können Hersteller je nach Anforderung Dutzende verschiedene Zusätze zur Verbesserung und zum Schutz des Stahls wählen.

Doch laut den Materialwissenschaftlen wird es hinkünftig zu wenig sein, einfach jene korrosionsauslösenden Sulfid-Taschen von der Oberfläche des Stahls "weg zu kratzten". Denn selbst vom Sulfid befreit, bleiben die Stellen durch fehlendes Chrom ungeschützt.
Hitzebehandlung als Ausweg?
Eine Hitzebehandlung könnte aber laut Newman die schützende Chromschicht wieder herstellen. Er hofft, dass Stahlproduzenten jetzt von den neuen Erkenntnissen profitieren werden.
->   Department of Materials, Imperial College of Science, Technology and Medicine
->   Department of Chemistry, University College London
 
 
 
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01.01.2010