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Studie: Jeder siebente Häftling psychisch krank  
  Weltweit gibt es an die neun Millionen Gefängnisinsassen. Wie eine britische Studie beweist, ist jeder siebente von ihnen psychisch krank - ein Umstand, den die Experten für alarmierend halten. Denn statt inhaftiert sollten Kranke besser behandelt werden.  
Das sind die Resultate einer Metastudie, die in der neuesten Ausgabe der britischen Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet" (16. Februar) publiziert wird.
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Original-Artikel in "The Lancet" (Registrierung erforderlich):
->   Serious mental disorder in 23 000 prisoners: a systematic review of 62 surveys
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Metastudie zu 23.000 Häftlingen aus 12 Ländern
Seena Fazel vom Department of Psychiatry der Universität Oxford und John Danesh vom Institute of Public Health der Universität Cambridge haben die Daten aus insgesamt 62 wissenschaftlichen Studien über die psychische Situation von Häftlingen in zwölf Staaten der westlichen Welt analysiert.

Es handelte sich um 22.790 Gefängnisinsassen mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren. 81 Prozent waren Männer. Bei rund einem Viertel handelte es sich um Personen, die wegen Gewaltdelikten zu Haftstrafen verurteilt worden waren.
Psychosen, Depressionen ...
Die Wissenschaftler stießen auf einen hohen Anteil an psychisch Kranken, die dringend behandelt gehörten:

Vier Prozent der Männer wiesen Psychosen auf (Schizophrenie etc.), ebenso vier Prozent der weiblichen Gefängnisinsassen. Zehn Prozent der männlichen Häftlinge insgesamt litten an schweren Depressionen, bei den Frauen waren es zwölf Prozent.
... Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen
65 Prozent der männlichen Häftlinge und 42 Prozent der weiblichen zeigten Symptome von schweren Persönlichkeitsstörungen.

47 Prozent der Männer wiesen gravierende Verhaltensstörungen auf. Das traf auch auf 21 Prozent der Frauen im Gefängnis zu.
Bis zu vierfach höhere Werte als Gesamtbevölkerung
Insgesamt lag damit der Anteil der Personen mit Psychosen oder Depressionen bei Zwei- bis Vierfachen im Vergleich zur Häufigkeit solcher Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung.

Die Häufigkeit der Verhaltensstörungen beträgt unter Gefängnisinsassen offenbar sogar das Zehnfache im Vergleich zur breiten Bevölkerung.
Reaktionen werden nahegelegt
Seen Fazel: "Da offenbar weltweit einige Millionen Häftlinge schwerwiegende psychische und psychiatrische Probleme haben, sollten die Gesundheits-Services in den Justizanstalten mancher Länder überprüfen, ob sie für dieser Herausforderungen gerüstet sind."

Vor allem die mit psychischen Leiden verbundene Selbstmordgefahr unter Gefängnisinsassen könnte dadurch bekämpft werden.
->   Department of Psychiatry, Universität Oxford

->   Institute of Public Health, Universität Cambridge
 
 
 
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01.01.2010