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WU-Rektor "in den Grundzügen" für Uni-Reform  
  Der designierte neue Rektor der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Christoph Badelt, erklärte in einem Interview, er sei "in den Grundzügen" für die geplante Universitätsreform, mache seine Zustimmung allerdings gleichzeitig von einer Verbesserung der Ausstattung der WU abhängig.  
"Der gleiche Christoph Badelt, der jetzt sagt, er ist in den Grundzügen für die Reform, würde massiv dagegen protestieren, wenn sich herausstellt, dass sich nicht etwas in der Struktur der Budgets verändern wird", erklärte der neue WU-Chef im Gespräch mit der APA.
Kritik an schlechter Ausstattung der WU
Bild: APA
Christoph Badelt (2000)
Badelt wolle "nicht eine Universität verantworten, die mit der derzeitigen Ausstattung in ein System von Leistungsindikatoren geht, das wäre Wahnsinn", sagte Badelt, der am 15. März als Nachfolger von Hans Robert Hansen als WU-Rektor inauguriert wird.

Badelt verweist auf Statistiken des Bildungsministeriums, wonach die WU sowohl beim Raumangebot als auch bei der Personalausstattung im Verhältnis zur Zahl der Studierenden äußerst schlecht ausgestattet sei und sich diese Situation in den vergangenen zehn Jahren zwar verbessert, aber prinzipiell nicht geändert habe.

"Für die WU wäre es dramatisch, auf Basis solcher Budgets in eine Leistungsorientierung zu gehen", so der Volkswirtschafter mit Schwerpunktthemen "Sozialpolitik, Sozialmanagement und Nonprofit-Management", der "wie ein Löwe dafür kämpfen" will, dass sich die Ausstattung seiner Uni hinsichtlich Personal, Raum und Infrastruktur verbessert.
"Hände weg vom freien Hochschulzugang"
Von der Idee, dass sich die Unis wie die Fachhochschulen die Studenten aussuchen können, hält Badelt nichts - "persönlich sage ich, Hände weg vom freien Hochschulzugang".

Als Vertreter einer Organisation allerdings, von der man den freien Hochschulzugang verlange, aber nicht die notwendigen Mittel gebe, sagt er: "Gebt uns Handlungsmöglichkeiten."
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Beispiel Gesundheitspolitik
In der Gesundheitspolitik sei es das gleiche. Der Staat könne nicht groß die Vollversorgung für Jedermann mit Spitzenmedizin verkünden, aber dann nicht das Geld hergeben, um das zu bezahlen. "Ich bin nicht willens, mir die Verantwortung für solche Zustände umhängen zu lassen, die gebe ich der Politik zurück", so Badelt im Interview.
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WU auch mit Gebühren attraktiv für Studenten
Die WU ist nach Ansicht Badelts bei den Studenten nach wie vor attraktiv. Das zeige auch der gegenüber anderen Universitäten geringe Studentenrückgang (minus 14 Prozent) nach Einführung der Studiengebühren.

Lediglich an den Kunst-Universitäten (insgesamt minus 4,3 Prozent) und an der Veterninärmedizinischen Universität in Wien (minus 9,7 Prozent) waren die Rückgänge nach Einführung der Studiengebühren noch geringer. Alle anderen Hochschulen verzeichneten ein höheres Minus bei den Studentenzahlen.
->   Die genauen Zahlen in science.ORF.at
Wann kommen die "Ressourcenkonsequenzen"?
"Ich frage mich aber, wann endlich Ressourcenkonsequenzen daraus gezogen werden", so Badelt. Es sei eine Ausrede des Bildungsministeriums, dass man die Vollrechtsfähigkeit brauche, um Ressourcen leistungsorientiert zu vergeben, "das hätte man schon 15 Jahre lang tun können".

Die "Tendenz, sich über weniger Studierende zu freuen" - nach Einführung der Studiengebühren gab es bundesweit einen Studentenrückgang von 20 Prozent - betrachtet Badelt als "bildungspolitisch problematisch".

Er versteht zwar die Argumente für Studiengebühren, würde persönlich aber anders gewichten und ist eher für positive Anreize, um Leute zum Studium zu bringen. "Wir wissen, dass wir in Österreich nicht zu viele Akademiker haben."
Was passiert mit den Studiengebühren?
Für "besonders pervers" hält Badelt allerdings die Tatsache, dass Studiengebühren eingehoben, aber nicht den Unis gegeben werden. Dies sei zwar für die Zukunft versprochen worden, man müsse aber einmal abwarten, was der Finanzminister dazu sage.

Völlig abzulehnen wäre es, "wenn man uns die Gebühreneinnahmen zuerst gibt und nachher die Budgets um diesen Betrag reduziert."
Größerer Spielraum bei Finanzen "ist Reform wert"
Die Grundrichtung der geplanten Uni-Reform hält Christoph Badelt für richtig, "vor allem wenn man sie mit dem Status quo der Universitäten vergleicht".

Dies heiße aber nicht, den Gestaltungsvorschlag eins zu eins zu unterschreiben, betont der Neo-Rektor, ohne aber in dieser Phase der Reform - wenige Tage vor der Präsentation des Gesetzesentwurfs am 8. März in Details gehen zu wollen.

Die größte Chance der Vollrechtsfähigkeit sieht Badelt im größeren Dispositionsspielraum bei den Finanzen. Aus fast vier Jahren Tätigkeit als Vizerektor der Wirtschaftsuniversität (WU) weiß er, "wie viel Energie an der Uni, aber letztlich auch im Ministerium auf das Problem verschwendet wird, dass zwar Geld vorhanden ist, aber nicht in der richtigen Kategorie".
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Eingefrorene Budgets?
Die Aussicht, den Instituten zu sagen, hier ist euer Geld, überlegt euch selbst, ob ihr lieber alle paar Jahre teure Computer kauft oder mehr Personal einstellt - "alleine das ist mir die Reform schon wert". Sollten den Universitäten gleichzeitig allerdings die Budgets eingefroren werden, "dass man dann nur mehr die Knappheit verwalten kann, dann wäre das ein großes Problem".
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Mitbestimmung soll zentral bleiben
Als Rektor will Badelt weiterhin auf Mitbestimmung setzen. "Ich kann eine Universität weder heute, noch in Zukunft nur mit Anordnungen führen."

Er brauche die Motivation und die Identifikation der Einzelnen mit den Zielen "und die werde ich nicht erreichen, wenn mich als Kaiser verstehe, der aus höherer Machtvollkommenheit Dekrete erlässt".
Badelt will "den Konsens suchen"
Selbst wenn die Mitbestimmung völlig abgeschafft werde, würde er als Rektor "den Konsens suchen". Es könne aber nicht so sein, dass Kollegialorgane Dinge entscheiden, die ein Einzelner nachher zu verantworten habe.

"Dafür gibt es im gegenwärtigen Recht dutzende Beispiele, da ist die derzeitige Gremialstruktur zu extensiv", sagte Badelt.
Fit machen für neue Strukturen
Als sein allerwichtigstes Ziel als neuer Rektor bezeichnet Badelt die "WU fit zu machen für die neuen Strukturen". Dazu sei bereits ein großes Organisationsentwicklungsprojekt gestartet worden, für das man auch externe Berater heranziehe.

Parallel dazu werde ab Herbst dieses Jahres die neue Studienordung an der WU umgesetzt, die u.a. die Einführung eines Bakkalaureatstudiums für Wirtschaftsinformatik vorsieht.
Sanierung des WU-Gebäudes
Außerdem ist laut Badelt die Gesamtsanierung des WU-Gebäudes erforderlich, möglicherweise mit einer teilweisen Absiedlung des Hauses während der Sanierung.

Diese sei, wie Gutachten über den Bauzustand des Hauses belegen würden, "dringend notwendig", so Badelt, für den ein Neubau, wie er immer wieder auch gefordert wurde, nicht in Frage kommt.

(Das Gespräch führte Christian Müller, APA)
->   Wirtschaftsuniversität Wien
 
 
 
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01.01.2010