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Gentech-Bakterien sollen Karies verhindern  
  Ein Mund voll gentechnisch veränderter Bakterien könnte ein Leben lang vor Karies schützen. Eine seit den 1980er Jahren bekannte Variante des Erregerbakteriums gibt Anlass zu dieser Hoffnung. Was bisher an Ratten funktionierte, soll in Form eines neuen "Mundwassers" nun auch an Menschen versucht werden.  
"Mein Ziel war es, eine 'gute' Version der schädlichen Karies-Bakterien zu schaffen", meinte der Zahnforscher Jeffrey Hillman von der Universität Florida in Gainesville.

Er präsentierte die entsprechenden Forschungsergebnisse im Rahmen des aktuellen Jahrestreffens der AAAS (American Association for the Advancement of Science) in Boston.
->   AAAS-Jahrestreffen
Günstige Behandlung für zweijährige Kinder
Die gentechnisch veränderten Bakterien sollen zweijährigen Kindern auf die Zähne aufgetragen werden, bevor sie mit dem "natürlichen" und schädlichen Keim Streptococcus mutans belastet sind.

Die Behandlung dauert etwa fünf Minuten und kostet laut "New Scientist" rund 100 US-Dollar (114,85 Euro).
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Streptococcus mutans (S. mutans)
Streptococcus mutans befindet sich als natürlicher Kolonialist im Mund beinahe jedes Menschen. Der Keim verursacht rund 85 Prozent aller Fälle von Karies (Zahnfäule), indem er Zucker in Milchsäure (Laktat) umwandelt, die den Zahnschmelz angreift und langsam "wegradiert".
->   Karies - Ursache, Diagnose, Prophylaxe
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"Guter" Schwesterstamm
Hillman erzeugte einen Bakterienstamm, der unfähig ist, die schädigende Milchsäure zu produzieren. Zudem konnten die Bakterien die "Schwesternbakterie" S. mutans komplett verdrängen, indem sie das Toxin "Mutacin 1140" sekretieren.

Bereits 1980 war Hillman auf diesen verwandten Bakterienstamm gestoßen, der in der Lage war, S. mutans zu töten. Dieser verursachte jedoch ebenfalls Zahnschäden.

Um den neuen Stamm zu "entwaffnen", entfernte er das Gen, das für jenes Enzym verantwortlich ist, das Zucker in Milchsäure umwandelt. Mitte der 1990er Jahre gelang es so, den Stamm zu produzieren, der keine Zahnfäule verursacht.
Zahnschäden dramatisch reduziert
Bei Ratten wurden damit Zahnschäden dramatisch reduziert. Bis dato erhielten die Wissenschaftler jedoch keine Erlaubnis, die Therapie an Menschen zu testen.

Bei freiwilligen Versuchspersonen, die sich in den frühen 1980ern den neuen Bakterienstamm auftragen ließen, ist bis heute kein S. mutans aufgetreten. D.h. der ursprüngliche Bakterienstamm ist dauerhaft verdrängt worden.
Nicht übertragbar
Zudem konnte festgestellt werden, dass die Testpersonen die modifizierten Bakterien nicht an ihre Ehepartner oder Kinder übertrugen. Sie können also z.B. nicht durch Küssen verbreitet werden.

Andere Forscher arbeiten an einem Impfstoff gegen den Karies verursachenden Keim. Hillman ist jedoch der Überzeugung, es sei einfacher und ungefährlicher, mit einem Bakterium als mit dem Immunsystem zu experimentieren. Ob und wieviele Menschen bereit sind, sich gentechnisch veränderter Bakterien in ihrem Mund auszusetzen, bleibt allerdings fraglich.
->   Der Artikel im New Scientist
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01.01.2010