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Uni-Reform: Aufbruch oder Rückschritt?  
  Entstaatlichung, Wettbewerb und Autonomie oder Entdemokratisierung, sozialer Rückbau und Nützlichkeitsdenken: Die Universitätsreform-Diskussion ist von vielen Schlagwörtern geprägt. Am Donnerstag findet eine parlamentarische Enquete über den "Weg zur vollen Rechtsfähigkeit der Universitäten" statt, die alle wichtigen Themenkreise der Reform noch einmal zur Debatte stellen wird.  
Wie viel oder wie wenig dabei an universitätspolitischem Konsens zu erwarten ist und welche Schlüsselthemen die Kontroversen bestimmen, ist aus den Stellungnahmen der Wissenschaftssprecher von ÖVP, FPÖ, SPÖ und der Grünen zu entnehmen, die science.ORF.at bereits am Mittwoch in Form von Originalbeiträgen vorgestellt hat.
Gertrude Brinek (ÖVP): Reform der Universitätsorganisation als Reform der Universitätsidee
Bild: APA
Gertrude Brinek (ÖVP)
Rückzug des Staates, Wettbewerbsfähigkeit und Autonomiestreben sind für ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek die Schlüsselbegriffe der Universitätsreform.

Die Reform der Universitätsorganisation und der Universitätsidee gehen für sie Hand in Hand: Universitäre Bildung wird vor dem Hintergrund des lebensbegleitenden Lernens neu bewertet. Das Leitbild betont einen nicht traditionellen Studententyp, bei dem Arbeit und Weiterbildung künftig nicht mehr zu trennen sein werden.

Die Dynamik der wissensbasierten Gesellschaft lasse keine Bildungsmonopole mehr zu: Flexibilität im Dienst- und Sozialrecht, aber auch unkomplizierte internationale Kooperationsformen seien gefragt. Das neue Universitätsgesetz sollte deshalb "so viel an zivilgesellschaftlicher Mitsprache - im Unirat - wie angemessen, so viel wissenschaftliche Autonomie - im Senat - wie möglich und so viel Generalkompetenz beim Rektorenteam wie notwendig" garantieren.
->   Die Stellungnahme von ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek zur Uni-Reformenquete im Originaltext
Martin Graf (FPÖ): Der Gestaltungsvorschlag stößt auf hohe Akzeptanz

Martin Graf (FPÖ)
Leistungsfähige, zukunftsorientierte und selbstständige Universitäten: Diese Ziele des Gestaltungsvorschlages zur Autonomie der Universitäten stoßen in der Sicht des FPÖ-Wissenschaftssprechers Martin Graf auf hohe Akzeptanz - auch wenn die Stellungnahmen ein breites und zum Teil sehr entgegengesetztes Spektrum der Interessenlagen widerspiegeln.

Die geplante Zusammensetzung des Universitätsrates, der einem Aufsichtsrat gleicht, sollte die Unabhängigkeit der Universitäten unterstreichen und eine Mittlerrolle zwischen Staat, Märkten und der Universität ermöglichen. Dem Staat bleibe jedoch ein gewisses Kontrollrecht vorbehalten.

Neue Leistungsvereinbarungen sollten konkrete Projekte und Ziele verwirklichen helfen, aber auch Planungssicherheit ermöglichen: ¿Die Chancen und Risiken müssen die Universitäten und ihre neuen Gremien dann selbst beurteilen.¿
->   Die Stellungnahme von FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf zur Uni-Reformenquete im Originaltext
Erwin Niederwieser (SPÖ): Keine Zustimmung zu diesem

Erwin Niederwieser (SPÖ)
Im Gegensatz zu den Reformen der 90er Jahre (UOG 1993, Fachhochschulstudiengesetz, Universitätsstudiengesetz 1997) sieht der SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser die geplante Reform als ein "Crash-Projekt", dem die SPÖ nicht zustimmen wird.

Der wichtigste Kritikpunkt ist die Befürchtung, dass durch die neuen Leistungsvereinbarungen ("staatliche Mittel nach Zahl der Studenten") und die Marktorientierung der Universitäten ein Ende des freien Hochschulzuganges absehbar sei. Demokratische Mitbestimmung sollte nicht als Relikt angesehen, sondern innovativ weiterentwickelt werden.

Das Know-how und die Motivation der Mitarbeiter stellten ein wichtiges organisatorisches Kapital der Universität dar und sollten bei der Reform berücksichtigt werden - andernfalls würde "aus der universitären Wertegemeinschaft eine wissenschaftliche Söldnertruppe".
->   Die Stellungnahme von SPÖ-Wissenschaftssprecher Ewin Niederwieser zur Uni-Reformenquete im Originaltext
Kurt Grünewald (Grüne): Teamorientierte Universitäten sollten Zukunft haben

Kurt Grünewald (Grüne)
Betriebsähnliche Strukturen und die "Entdemokratisierung" der Universitätsorganisation würden nicht genügen, um wissenschaftliche Spitzenleistungen zu garantieren, meint Kurt Grünewald, der Wissenschaftssprecher der Grünen.

Grünewald sieht die gegenwärtige Disskussion vor allem von Phrasen und Schlagwörtern geprägt und Enqueten demgemäß als "PR-Strategie der Regierung". Die Autonomie sei durch einen übermächtigen Universitätsrat in Frage gestellt.

Durch die Dominanz wirtschaftlicher Überlegungen könnten Kultur- und Geisteswissenschaften bald schon unter neuen Rechtfertigungsdruck geraten. Reformen wären auch durch eine Novelle des UOG 93 sinnvoll möglich, wenn ¿teamorientierte¿ und nicht "monokratisch" orientierte Universitäten Zukunft haben sollen.
->   Die Stellungnahme von Kurt Grünewald, Wissenschaftssprecher der Grünen, zur Uni-Reformenquete im Originaltext
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->   Mehr über die Uni-Reformenquete in science.ORF.at
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->   Berichte über die Uni-Reform in science.ORF.at
->   Elisabeth Gehrer: Autonome Universitäten als Chance
 
 
 
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01.01.2010