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Ein kosmischer Tango  
  Immer wieder können Astronomen in den Weiten des Weltalls so genannte Gammastrahlen-Explosionen feststellen. Diese sind nach neuen Studien wahrscheinlich das Ergebnis eines kosmischen "Tangos", den Schwarze Löcher und Sternen-Überreste miteinander "tanzen". Dabei entdeckten Wissenschaftler, dass die aufgezeichnete Gammastrahlung nur einen Bruchteil jener Energie darstellt, die bei solchen kosmischen "Tänzen" frei wird.  
Maurice van Putten vom "Massachusetts Institute of Technology" und Amir Levinson von der "Tel Aviv University" beschreiben in der aktuellen Ausgabe von "Science", wie die Überreste von Sternen in einem kosmischen Tango immer schneller um Schwarze Löcher rotieren und dabei riesige Energiemengen freigesetzt werden, die teilweise in Form von Gammastrahlen-Explosionen gemessen werden können.

Bei jenem astronomischen Tanz kommt laut den Wissenschaftler der ring- oder torusartige Sternenüberrest dem Schwarzen Loch aufgrund dessen enormer Gravitation so nahe, dass dieser schließlich vollständig von dem Schwarzen Loch absorbiert wird.
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Artikel in "Science" (kostenpflichtig; Detecting Energy Emissions from a Rotating Black Hole, Science 10.1126/science.1068634).
->   Artikel in "Science"
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Magnetisch umschlungen
Während dieses Tanzes operiert der torusförmige Sternenüberrest wie ein passiver Partner des Schwarzen Loches. Wie Putten und Levinson in "Science" beschreiben, werden bei diesem Tanz gewaltige Energiemengen von dem Schwarzen Loch freigesetzt, die über den Sternenüberrest in alle Richtungen des Raumes abgestrahlt werden.

Die Emission jener Energie erfolgt entlang magnetischer Feldlinien, die das Schwarze Loch und den Sternenüberrest "umschlingen".

Die Autoren stellen in "Science" ein Modell vor, dass beschreibt, wie der als Gammastrahlen gemessene, kleinere Energiebeitrag entlang der Rotationsachse des Schwarzen Loches freigesetzt wird, während der Grossteil der Energie-Emission in Form von Gravitationswellen abgegeben wird.
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Gravitationswellen
Gravitationswellen sind Änderungen in der Struktur der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Sie wurden 1916 von Albert Einstein im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt. Sie harren allerdings noch der Bestätigung durch einen direkten Nachweis. Der Grund liegt in der Schwäche der Wechselwirkung zwischen Gravitation und Materie.

Bisher gibt es nur einen indirekten Beweis für ihre Existenz. Die Astronomen Hulse und Taylor studierten über 25 Jahre Veränderungen in den Bahndaten des Binärpulsars PSR1913+16. Die Abnahme der Bahnperiode dieses Doppelsternsystems lässt sich als durch die Abstrahlung von Gravitationswellen bedingten Energieverlust deuten. Die Beobachtungen stimmen mit den Voraussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie bestens überein.
->   Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
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Lösung eines Paradoxons?
Das Modell der Astronomen soll ein Paradoxon lösen helfen: Gammastrahlen-Explosionen sind fokussierte Energiestrahlen von mittlerer Energie. Die rotierenden Schwarzen Löcher (auch als Kerr Schwarze Löcher benannt) allerdings, die als mögliche Quelle solcher Gammastrahlen-Explosionen betrachtet werden, stoßen riesige Energiemengen in jede Raum-Richtung aus.

Putten und Levinson konnten mittels ihres Modells den Zusammenhang der beiden Phänomene nachweisen.
Eine kompakte Energie-Quelle
"Die beobachtete Zeit-Variabilität zeigt, dass die Quelle dieser Gammastrahlen sehr kompakt ist, nämlich zwischen 10 und 30 Kilometern im Durchmesser und hochenergetisch", beschreibt Putten.

"Wenn sich jetzt ein rotierendes Schwarzes Loch so schnell dreht, dass ein Drittel seiner Masse in Form von Rotationsenergie gespeichert ist, dann ist das für uns ein exzellenter Kandidat für die gesuchte Energiequelle", so Putten.
Direkter Nachweis mit LIGO
In Anlehnung an Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie haben rotierende Schwarze Löcher keine spezifische Oberflächentextur. Putten geht davon aus, das diese rotierenden Schwarzen Löcher in alle Richtungen Energie abstrahlen.

Während ihre energiereichen Gravitationswellen mit dem bisherigen Equipment bislang nicht direkt beobachtet werden konnten, soll dies dem "Laser Interferometer Gravitational-wave Observatory" (LIGO) gelingen, dass vor zwei Jahren seinen Betrieb aufnahm.
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->   Interferometer Gravitational-wave Observatory (LIGO)
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Im "Würgegriff" des Schwarzen Loches
Der torusförmige Stern wird durch das extrem starke Gravitationsfeld des Schwarzen Loches ungefähr 20 Sekunden lang in einer rotierenden Bewegung um das Schwarze Loch gehalten, bevor er von diesem verschluckt wird.

Während dieser Zeit wird Energie strahlförmig entlang der Rotationsachse des Schwarzen Loches emittiert. Dabei erreicht das Schwarze Loch die doppelte Rotationsgeschwindigkeit des Sterns. Die emittierte Energie explodiert laut den Astronomen schließlich in einem Feuerwerk aus Gammastrahlen, die ihre kinetische Energie Milliarden von Kilometer weit "verstreuen".
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Schwarze Löcher
Objekte, die eine so starke Schwerkraft haben, dass sie sämtliche Teilchen und elektromagnetische Strahlen "schlucken". Ein Schwarzes Loch kann nicht direkt nachgewiesen werden. Schwarze Löcher können das Endergebnis einer Sternentwicklung von sehr massereichen Sternen sein.

Nach der Urknall-Theorie könnten sie auch Überreste aus der Zeit der Universumsentstehung vor 15 Milliarden Jahren sein. Prinzipiell könnte ein Schwarzes Loch vor allem dann nachgewiesen werden, wenn dieses Partner eines engen Doppelsternsystems ist. In diesem Falle muss von dem normalen Partner ein Gasstrom auf das Schwarze Loch überfließen. Bei der Gasbeschleunigung würde eine intensive Röntgenstrahlung entstehen. Bei Röntgenquellen könnten aber auch Neutronensterne als Partner auftreten.
->   Mehr zu Schwarzen Löchern
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Das Schwarze Loch als Energiespender?
Was die Astronomen an diesem Schauspiel beschäftigt, ist die Tatsache, dass der Torusstern nicht sofort, sondern erst nach 20 Sekunden in das Schwarze Loch gesogen wird.

Putten und Levinson gehen in ihrem Artikel davon aus, dass der Torusstern Energie von dem rotierenden Schwarzen Loch empfängt, die dann in Form von Gravitationswellen in alle Richtungen des Raumes wegstrahlt.

Würde der Torusstern ohne jene Energiezufuhr des Schwarzen Loches um dieses rotieren, würde er schneller von dem diesem absorbiert werden.
Ein Stern als kosmischer Katalysator
"Wie kann ein torusförmiger Stern, der ein Schwarzes Loch umkreist derart lange überleben? Wir denken, dass der Torusstern in 10.000 Umrundungen um das Schwarze Loch wie ein Katalysator wirkt, der die Spinenergie des Schwarzen Loches umwandelt, bevor er in diesem verschwindet", erläutert Putten das Erklärungsmodell seines Teams.

Sollte sich das vorliegende Modell demnächst durch neue Daten von LIGO bestätigen lassen, könnte dies zur direkten Identifikation des ersten rotierenden Schwarzen Loches führen, welches aus den Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins bereits von Roy Kerr 1963 exakt prognostiziert wurde, bislang allerdings nicht direkt beobachtet werden konnte.
->   Homepage von Maurice van Putten
->   School of Physics and Astronomy, Tel Aviv University
 
 
 
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01.01.2010