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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Experten fordern Neuregelungen für Klimaschutz  
  Wald kann zwar Kohlenstoff speichern und damit das Klima verbessern, doch die diesbezüglichen Klimaschutz-Vereinbarungen seien viel zu unkritisch, wurde am Dienstag bei einem Symposion der Forstlichen Bundesversuchsanstalt in Wien kritisiert.  
Der Weltklimagipfel in Marrakesch hat im vergangenen Jahr Wälder als Kompensation für den industriellen Kohlendioxid-Ausstoß anerkannt, dessen Senkung ein zentraler Bestandteil des Kyoto-Protokolls ist. Doch diese Methode ist nicht unumstritten.
Experte: Verweildauer ausschlaggebend
Es dürfe nicht nur darum gehen, wie viel Wald ein Land hat, um den Kohlenstoff aufzufangen. Es komme auch sehr darauf an, was dann mit dem Holz geschieht, meint etwa Harald Bolhar-Nordenkampf von der Universität Wien.

Denn wenn zum Beispiel Holz zu Papier verarbeitet wird, ist der Speichereffekt rasch weg. Dasselbe gilt, wenn mit viel Energieaufwand Möbel erzeugt werden.

"Wir müssen uns, wenn wir Speicherungen im Wald als 'Carbon Credit Points' anrechnen lassen, über eine gewisse Verweildauer einigen. Ich würde sagen: Nur was 50 Jahre gespeichert ist, soll als Kohlenstoffspeicherung handelbar werden", so der Experte.
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Umstrittene "Carbon Credits"
Die so genannten "Carbon Credits" (CO2 -Entfernung aus der Atmosphäre durch Pflanzen oder technische Maßnahmen) kann eine Regierung nutzen, um Treibhausgasemissionen "auszugleichen". Anrechenbar gemäß dem Kyoto-Protokoll sind Neuaufforstungen, aber auch Forstbewirtschaftung.

Vergangenen Juli veröffentlichten allerdings Wissenschaftler der britischen Royal Society eine Studie zum Nutzen von Aufforstungen für den Klimaschutz: Die Methode könne langfristig nicht die Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes ersetzen, so das Ergebnis.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Eine "ehrliche" Kohlenstoffbilanz
Das erzeugte Holz sollte zudem in die Erzeugung von Biomasse fließen, meint Bolhar-Nordenkampf: "Denn dann würde man nicht nur das CO2 speichern, sondern auch die fossilen Brennstoffe ersetzen. Daraus ergibt sich erst ein wirklich großes Einsparungspotential."

Die Forderung des Wiener Ökologen: "Es sollte eine ehrliche Kohlenstoffbilanz geben". Jede Kohlenstoffbilanz müsse einberechnen, ob zum Beispiel beim Transport fossile Energie verwendet wurde.

"Meine Empfehlung an die Weltklimakonferenz lautet, 'Carbon Credit Points' nur anzurechnen, wenn das erzeugte Holz in Biomasse fließt", so der Experte weiter.
Entwicklungsländer: Wald für Papierindustrie?
Bolhar-Nordenkampf bemerkt auch einen falschen Trend in den Entwicklungsländern. Die dortigen Wälder würden früher oder später in der Papierindustrie landen, wenn man keine klaren Richtlinien bei der kommenden Weltklimakonferenz in Johannesburg setze, meint er.

"Man müsste sagen, dass zum Beispiel dort aufgeforstet wird, wo Erosionsgefahr droht - in den Hochländern in Afrika oder auf Steilhängen in Thailand", erläutert der Ökologe eine Möglichkeit.

Nur so könnten seiner Ansicht zufolge nachhaltige Kohlenstoffsenken gesichert werden, die nicht bei der ersten Gelegenheit wieder geschlägert werden.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Der österreichische Wald als Kohlenstoffspeicher
 
 
 
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01.01.2010