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10.000 Österreicher leiden an manischer Depression  
  Etwa 10.000 Menschen in Österreich leiden an manischer Depression. Dabei wechseln einander manische und depressive Phasen ab. Ursache dieser Krankheit sind biochemische Vorgänge im Gehirn.  
Überschwang und Wertlosigkeit
Bei Manien sind die Betroffenen in einem überschwenglichen Stimmungshoch und bringen sich und ihre Familie in Schwierigkeiten, weil sie zum Beispiel hemmungslos Schulden machen. Bei der Depression verkehren sie sich ins Gegenteil: sie werden antriebslos und denken an Selbstmord.

Der manische Zustand ist vergleichbar mit dem von Joggern: Die chemischen Vorgänge im Gehirn versetzen sie nach dem Lauf in einen euphorischen Zustand. Im Unterschied zum Sportler hält dieser Zustand bei Manisch-Depressiven bis zu drei Monate an. Usache sind biochemische Vorgänge im Gehirn.
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Der biochemische Vorgang
Die hauptsächlich beobachteten Neurotransmitter sind das Noradrenalin und das Serotonin. Aber auch andere wie die Gamma-Buttersäure. Mangel an Serotonin bewirkt Depression, Angst und Zwang. Noradrenalin aktiviert, stört den Schlaf und macht aggressiv. Im Genom ist die Ursache von manischer Depression noch nicht aufgeschlüsselt. Vererbung spielt aber auch eine Rolle. Das beweist das häufigere Auftreten von manischer Depression bei Geschwistern.
->   Die Rolle der Gene bei psychischen Leiden
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Ursache Erziehung und extreme Belastungen
Der Psychologe Rainer Danzinger vom Siegmund-Freud-Krankenhaus in Graz meinte gegenüber dem ORF-Radio, dass zur genetischen Veranlagung "auch noch eine unglückliche Entwicklung des Selbststeuerungssystems, was das Lebensgefühl und das Selbstwertgefühl betrifft", komme.

Dieses hänge sehr viel mit dem Erziehungsstil der Eltern zusammen, aber auch mit Trennungserlebnissen und Enttäuschungen im Lauf des Lebens. Aber auch aktuelle Belastugen wie zum Beispiel Emigration, Arbeitslosigkeit oder Tod eines Partners können die reaktive Depression auslösen.

"Die psychologische Störung dahinter ist eine strenges Über-Ich, das mit dem in Wirkliche viel schwächeren Ich nicht übereinstimmt", so Danzinger.
Hohes Selbstmordrisiko
Die manische Depression heißt deshalb bipolare affektive Störung, weil nach der manischen Phase die depressive einsetzt. Diese dauert bis zu acht Monaten.

Während die Betroffenen bei der Manie ein aufgeblähtes Selbstwertgefühl haben, ist dieses bei der Depression blockiert. Sie fühlen sich wertlos und so manche begehen in dieser Phase Selbstmord. Die Suizidrate ist bei Manisch-Depressiven zehn mal so hoch wie in der Durchschnittsbevölkerung.

Wenn Lebensgefahr besteht, können die Betroffenen zwangsbehandelt werden. In den meisten Fällen aber haben die Ärzte keinen Einfluss auf die Behandlung. Schwierig ist das deshalb, weil oft keine Krankheitseinsicht besteht.
Graue Maus und bunter Vogel
Typische Anzeichen einer Manie sind bunte Kleidung, schnelle Sprache, überschwängliche Gestik und Leichtfertigkeit im alltäglichen Leben. Anzeichen von Depressionen sind gesenkter Blick, "Graue Maus"-Kleidung, Schlaf- und Appetitlosigkeit, Lebensunlust und Antriebslosigkeit.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema "Depression"
 
 
 
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01.01.2010