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Das Unmögliche möglich machen  
  Seit Menschengedenken spekulieren Menschen über Zeitreisen. Die Anfang des 20. Jahrhunderts vom jungen Albert Einstein veröffentlichte Relativitätstheorie schien den Traum realisierbarer zu machen. Doch wie stehen unsere Chancen tatsächlich, demnächst durch Raum und Zeit zu reisen? Anlässlich des jetzt erscheinenden Kinofilms "The Timemachine" geben uns Physiker Antworten auf die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten von Reisen durch die Zeit.  
Am Freitag (8.3.) startete in den US-amerikanischen Kinos eine neue Produktion der Dream Works und Warner Bros.: "The Timemachine". Anlässlich der Präsentation des Films interviewte ABC online mehrere Physiker zu Chancen und Unmöglichkeiten von Zeitreisen in der Zukunft.

Das jetzt cineastisch wieder belebte Thema der Bewegung und Reise durch die zeitliche Dimension könnte bei manchen Betrachtern einige Erwartungen wecken.

Doch die meisten Physiker warnen vor der Erwartung einer baldigen Realisierung solcher Konzepte. Nur weil es möglich erscheint, bedeutet dies nicht, dass es auch möglicht ist, heißt es auch Fachkreisen.
->   Offizielle "The Timemachine"-Website
Erste Hoffnungen Anfang des Jahrhunderts
Obwohl der Traum mancher Menschen, sich durch die Zeit zu bewegen, sicherlich schon älter sein dürfte, so nährte die Veröffentlichung der Speziellen Relativitätstheorie 1905 durch den jungen Albert Einstein erste konkrete Erwartungen.

Die theoretischen Berechungen Einsteins, nach denen Raum und Zeit relative und nicht absolute Bezugspunkte für einen Betrachter sind, revolutionierte die Bedeutung der als absolut geltenden Dimensionen.

Mit seiner berühmten Formel (E = mc hoch2), die Masse als Form von Energie darstellt, sollten Zeitreisen, zumindest in eine Richtung, theoretisch möglich werden.
Langer Weg zum Verständnis
"Wir haben lange gebraucht um zu verstehen, dass sich Zeit genauso wie andere Dimensionen krümmen kann", erklärt Richard Gott, Astrophysiker an der Princeton University und Autor des Buches "Time Travel in Einsteins Universe" im Interview mit ABC online.

Teil des Konzeptes von Einstein in seiner 1905 veröffentlichten Theorie war die sogenannte "Raumzeit", dass bedeutet, Raum und Zeit bilden zusammen ein vierdimensionales Kontinuum.

Seltsamer mutet da schon für viele die Vorstellung an, dass sich Raum und Zeit "wölben", nämlich dann, wenn sich Masse oder Geschwindigkeit erhöhen.
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Spezielle Relativitätstheorie
Die 1905 von Albert Einstein vorgestellte Relativitätstheorie postuliert: Die Lichtgeschwindigkeit ist von der Bewegung eines Systems unabhängig; nur relative Bewegungen sind beobachtbar; physikalische Gesetze müssen vom Bezugssystem unabhängig sein. Daraus folgt: Einem ruhenden Beobachter erscheint eine Zeitspanne in einem bewegten System größer, außerdem erscheint ihm die Länge eines bewegten Gegenstands in Bewegungsrichtung verkürzt.

Zeit und Raum sind also relative Begriffe, ebenso die Masse eines Körpers, die von seiner Geschwindigkeit abhängt; sie nimmt gegenüber der Ruhmasse zu; bei Lichtgeschwindigkeit würde sie unendlich groß werden, d. h. die Lichtgeschwindigkeit ist die größtmögliche Geschwindigkeit überhaupt, mit der Energie (Masse) transportiert werden kann. Eine weitere Folgerung ist die Äquivalenz von Masse und Energie (E = mc hoch2).
->   Einführung in die Spezielle Relativitätstheorie
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->   Mehr Details zur Speziellen Relativitätstheorie
Die Zeitmessung fliegender Uhren
Wer sich schnell bewegt, für den vergeht die Zeit langsamer. Wer die Masse um sich herum erhöht, kommt zu dem selben Effekt. So lauten die Folgerungen von Einsteins Theorie. Diese Phänomen konnte bereits, in sehr kleinem Maßstab, experimentell nachgewiesen wurden.

1975 synchronisierte Carol Allen von University of Maryland zwei Atomuhren, von denen eine auf einem fixen Punkt der Erde platziert wurde, während die andere mehrere Stunden in einem Flugzeug "mitreiste".

Als die "fliegende" Atomuhr zur Erde zurück gekehrt war, verglich Carol die von beiden Uhren gemessene Zeit und stellte fest, dass die Zeit für die fliegende Uhr um einen winzigen Bruchteil einer Sekunde langsamer vergangen war.
Hinweise aus dem Teilchenbeschleuniger
In anderen Experimenten beschleunigten Physiker in Teilchenbeschleunigern Partikel auf fast Lichtgeschwindigkeit und entdeckten dabei, dass die beschleunigten Teilchen langsamer zerfielen als die Unbeschleunigten. Einsteins Theorie konnte also "im kleinen" bereist bestätigt werden.
Schnelle Raumschiffe bald realisierbar?
Wie bald allerdings Raumschiffe zu realisieren sind, die wie im Film "The Timemachine" schnell genug sind, eine Reise durch die Zeit zu ermöglichen, wird von Physikern unterschiedlich beurteilt.

Und nicht nur das. Selbst wenn es möglich wäre, solche Schiffe zubauen, so würde der Zeitreisende die Verlangsamung der Zeit nicht wahrnehmen. Er würde es erst bemerken, wenn er zur Erde zurückkehrt und feststellt, dass alle Menschen, die erkannte, in der gleichen Zeit wesentlich schneller gealtert sind als er.

Für den Astrophysiker Richard Gott stellen sich bislang riesige Hindernisse in den Weg der baldigen Realisierung von Raumschiffen, die möglicherweise 200.000 km in der Sekunde zurücklegen können. Es wären dafür, so Gott, Energiemengen notwendig, die derzeit nicht einmal annähernd erreichbar sind.
Schneller möglich als gedacht
Paul Halpern, ein Physiker an der University of Sciences in Philadelphia und Autor des Buches "Time Journeys: A Search for cosmic Destinys and Meaning", geht im Gegensatz zu Richard Gott davon aus, dass die Perspektive einer Realisierung solcher Raumschiffe in den nächsten Jahrzehnten sehr wohl besteht.

"Es gibt keine plausiblen Gründe anzunehmen, dass wir in den kommenden Hundert Jahren nicht in der Lage sein werden, Raumschiffe zu bauen, die Zeitreisen ermöglichen", so der Physiker aus Philadelphia.
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Einsteins Raumzeit und allgemeine Relativitätstheorie
Eine Erweiterung der speziellen Relativitätstheorie auf beschleunigte Bezugssysteme ist die Allgemeine Relativitätstheorie (1915). Nach ihr ist es nicht möglich, die Wirkung von Gravitation und Beschleunigung zu unterscheiden; vorausgesetzt ist die Wesensgleichheit von schwerer und träger Masse (Äquivalenzprinzip).

Die allgemeine Relativitätstheorie ist eine Physik des Weltalls. Die "Welt" ist vierdimensional (Raum-Zeit); ihre Geometrie ist nicht euklidisch. Der Weltraum ist nicht "eben", sondern "gekrümmt"; das Krümmungsmaß ist durch den "Radius der Welt" gegeben. Die Anwesenheit von Materie beeinflusst die Raumstruktur. Raum und Zeit sind eine Einheit (Raum-Zeit-Kontinuum). Praktische Bedeutung hat die Relativitätstheorie durch die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit für die Synchronisation des Weltuhrensystems und für moderne Navigationsverfahren, die auf dem Laufzeitunterschied von Radiosignalen beruhen (Loran-Verfahren), erlangt.
->   Mehr zur Allgemein Relativitätstheorie
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Eine Reise zurück in die Zeit?
Nach Einsteins Theorie würde die Zeit umso langsamer vergehen, je schneller man unterwegs ist. Würde man sich mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum bewegen, so würde nach Einstein die Zeit still stehen, wäre man noch schneller unterwegs, so würde man sich auf einer Zeitachse rückwärts bewegen. Doch nach Einstein ist eine Geschwindigkeit schneller als das Licht nicht möglich.

In den späten 1980zigern schlug Kip Thorne von der University of California in Berkeley die Existenz sogenannter Wurmlöcher voraus. Diese Wurmlöcher sollen eine Raumzeitstruktur besitzen, die eine Reise zurück in der Zeit ermöglichen würde.
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Wurmlöcher
eine hypothetische tunnelähnliche Raum-Zeit-Struktur. Einige Theoretiker vermuten, dass die Raumzeit im Bereich der Planck-Länge (10 hoch ¿35 Meter) eine schaumartige Struktur annimmt, die von Wurmlöchern durchsiebt ist. Möglicherweise können sich die Wurmlöcher ablösen und ein neues Universum bilden, so wird vermutet.
->   Mehr Infos über Wurmlöcher
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Passage in Zukunft und Vergangenheit
Sollten sich die bislang umstrittenen Wurmlöcher tatsächlich bestätigen lassen, so müssten diese einen "Eingang" besitzen, der lange genug "offen" ist, um diesen für eine Person passierbar zu machen.

Gleichzeitig müsste sich das Wurmloch über eine gewisse Distanz ausdehnen, um eine Passage zu einem Zeitpunkt in der Zukunft oder Vergangenheit zu ermöglichen.
Unrealisierbare Lösungsvorschläge
Manche Wissenschaftler schlugen zur Lösung jener "Probleme" vor, die Wurmlöcher mit großen Mengen "negativ gepolter Materie" zu füllen. Diese Lösungen würden aber gewaltige Energiemengen und äußert komplexe Berechnungen benötigen, die die meisten Physiker bislang für schlichte Träumereien halten.

Darüber hinaus müssten Probleme gelöst werde, über die sich viele Physiker seit einem halben Jahrhundert den Kopf zerbrechen: die Vereinigung der Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik zu einer großen, alle Materiephänomene erklärenden Theorie.

Doch bislang wurde jener "Stein der Weisen" der Physik nicht gefunden. Für Richard Gott bleibt das (vorläufige) Resümee: "Die Verwirklichung von Raumschiffen, die uns durch die Zeit transportieren können, wird zukünftigen Zivilisationen vorbehalten bleiben, die in der Lage sind, auf 'galaktische Ressourcen' zu zugreifen".
->   Astrophysik an der Princeton University
->   Astronomie an University of California, Berkeley
 
 
 
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01.01.2010