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Ein unfreundliches Paar: Stress und Allergie  
  Allergische Patienten reagieren auf Stress überempfindlich. Auch wenn sie mit dem natürlichen Allergen nicht in Berührung kommen, kann starke Anspannung etwa zu einem Heuschnupfenanfall führen. Verantwortlich für die Fehlreaktion ist das Hormon Cortisol.  
Wissenschaftler der Universität Trier untersuchten das Zusammenwirken von biologischen und psychischen Mechanismen bei Allergikern. Das Ergebnis: Stress macht krank - die dann auftretende Art der Allergie wird Atopie genannt.
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Atopie
Neurodermitis und allergisches Asthma gehören zu den Allergien des atopischen Formenkreises, dem so genannten AllergieTyp I oder dem "Soforttyp der Allergie". Der Begriff wurde von amerikanischen Wissenschaftlern zu Beginn des 20 Jahrhunderts geprägt. Atopie wird als die Bereitschaft des Körpers definiert, auf natürliche Umweltsubstanzen wie Pollen, Hausstaubmilbe oder Nahrungsmittel überempfindlich zu reagieren. Die Ursache für Allergien sind nicht geklärt. Vererbung spielt wahrscheinlich eine Rolle.
->   Atopie - Allergie Typ I
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Regulator Cortisol
Rund 80% unter den Allergikern reagieren auf Stress mit Symptomschüben. Diese Patienten, die ein überschiessendes Immunsystem haben, reagieren auf Stress doppelt empfindlich.

"Das Regulationshormon Cortisol ist in ihrem Falle in zu geringfügigem Ausmaß vorhanden", erläutert Angelika Buske-Kirschbaum, Psychologin am neugegründeten, interdisziplinär geführten Institut für Psychobiologie in Trier.
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Cortisoltests bei Allergikern
Allergische Testprobanden wurden psychosozialen Stressoren ausgesetzt. Nach einer künstlichen Bewerbungssituation - mit Selbstdarstellung und Rechenaufgabe - wurde der Cortisolspiegel in zeitlichen Abständen gemessen.
Allergische Patienten schütten zum einen zuwenig Cortisol aus. Da dieses Hormon aber ein sehr wichtiges Stressregulationshormon ist, gibt es also schon ein Defizit in der Regulation.
"Zum zweiten verstärken Immunprozesse, von denen wir wissen dass sie bei Allergien eine wichtige Rolle spielen, sich plötzlich unter Stress. Das könnte jedenfalls eine Erklärung sein, warum kurz nach dem Stress diese allergischen Schübe bei einigen Patienten auftreten", erklärt Buske-Kirschbaum, Leiterin der wissenschaftlichen Untersuchungen zu Stress und Allergie.
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Anfall schon beim Anblick
Ein früher Bericht eines psychisch ausgelösten Heuschnupfens geht in die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts zurück.

"Eine Dame der Gesellschaft hat an einer künstlichen Rose gerochen und dann einen starken Nies- und Hustenanfall bekommen. Ein klassisches Beispiel dafür, dass allein der Anblick zu einem handfesten Allergieschub führen kann", erzählt Buske-Kirschbaum den geschichtlichen Hintergrund.
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Die erste Allergie
Der erste historisch nachweisbare Allergie-Patient war der römische Kaiser Augustus, der an extremem Heuschnupfen und Juckreiz litt. Sein Enkel Claudius litt an Beschwerden der Nasenschleimhäute und der Augen, und ein weiteres Familienmitglied vermutlich an einer Pferdeallergie.
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Stress verändert das Gleichgewicht
Unter Stress ist der Körper biologisch, seelisch und oft auch sozial aus seinem Gleichgewicht geraten, biologische Abläufe im Körper müssen sich neu koordinieren. Das hat Konsequenzen auf den gesamten Organismus, insbesondere auch auf das Immunsystem.

Kurzfristige Stressreaktion: Schwitzen, Nervosität, Herzklopfen. Das vegetative Nervensystem beginnt voll zu arbeiten.
Cortisol reguliert das Gleichgewicht
Mittel- und langfristig kommt es aber auch zu einer vermehrten Cortisolausschüttung über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse. Dieses Hormon reguliert das Immunsystem und macht den Menschen fit für den Alltag.

Ist es in zu geringem Ausmaß vorhanden, hat der allergiegeschwächte Körper nicht mehr genug Kraft sich gegen Stress zur Wehr zu setzen.
Trierer Forschung in Zukunft
In einem nächsten Untersuchungsschritt werden gesunde Kinder von allergischen Eltern untersucht. Ziel ist es festzustellen, ob diese Kinder bereits mit einem Cortisoldefizit geboren werden, oder es erst im Laufe der Zeit entwickeln.
Stressmanagement oder Medikamente
In der Zukunft hoffen die Wissenschafter frühzeitig feststellen zu können, ob es bei einem Menschen eine Disposition zur Allergie gibt oder wie sich sein Stressverhalten im Lauf des Lebens entwickeln wird, um die Erkenntnisse therapeutisch nutzen zu können.

In der medikamentösen Behandlung allein liegt nicht die Lösung, sagen die Experten in Trier. In der Zukunft wir es wichtig sein, zusätzlich sinnvolle Strategien zu entwickeln, den täglichen Stress besser zu bewältigen.

Martina Schmidt, Modern Times
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Modern Times
Mehr zu Allergie, Atopie und Stress ist in Modern Times am Freitag, den 8.3.2002 um 22.35 in ORF 2 zu sehen.
->   Modern Times
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->   Psychobiologie an der Universität Trier
->   Mehr zur Allergie in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010