News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Studienabbruch: Wer trägt die Verantwortung?  
  Ist Studienabbruch ein persönliches Versagen oder ein Systemfehler? Über diese Frage haben die User von science.ORF.at bereits in der vergangenen Woche intensiv diskutiert. Heute findet an der Uni Wien eine Tagung zu diesem Thema statt, bei der auch Maßnahmen zur Senkung der Abbruchrate vorgeschlagen werden sollen.  
"Mit der Hochschulausbildung stimmt etwas nicht"
Im Durchschnitt 11.000 Personen pro Jahr brachen zwischen 1990 und 1999 ihr Studium ab. Eine hohe Abbruchquote sei ein Zeichen dafür, dass mit der Hochschulausbildung etwas nicht stimme, schrieb der Soziologe Franz Kolland in einem Gastkommentar für science.ORF.at, der zahlreiche Reaktionen auslöste.

Basierend auf Interviews mit Studienabbrechern - noch vor Einführung der Studiengebühren - hatte Kolland eine Studie erarbeitet, in der die Motive der "Drop-outs" analysiert wurden.

Der Hauptgrund: eine Erwerbstätigkeit im Ausmaß von mehr als 20 Stunden. Daneben wurden vor allem fehlendes Engagement, mangelnde Integration in den Uni-Alltag, Theorielastigkeit des Studiums, Wechsel zu einer anderen Ausbildung, Ärger über die Studienbedingungen und in geringem Umfang auch Prüfungsangst als Motivation genannt.
->   Franz Kolland - Studienabbruch: Versagen oder gelungene Anpassung?
Anlässlich der heute an der Universität Wien stattfindenden Tagung "Studienabbruch" bringt science.ORF.at zwei neue Diskussionsbeiträge, die sich mit Pro und Kontra Studienabbruch befassen. Beide Autoren stellen heute auch auf der Tagung ihre Thesen zur Diskussion.
...
Fachtagung "Studienabbruch". Universität Wien, Kleiner Festsaal. 9.00 -19.00 Uhr; Eintritt frei
->   Homepage und Programm der Tagung
...
Frank Lander: Schulversagen und Studienabbruch fordern das Bildungssystem heraus

Die freie Gestaltung des Studiums vor Einführung der Studiengebühren hat eines nicht verhindern können: Österreich weist weltweit die meisten Studienabbrecher auf und hat unter den Industriestaaten eine besonders niedrige Akademikerquote, betont Frank Lander vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Mit den neuen Studiengebühren sei ein Zustand beendet worden, der es Studenten erlaubte, Studien zu einem beliebigen Zeitpunkt zu beenden und Lehrveranstaltungen zu inskribieren, ohne daran teilzunehmen oder Prüfungen abzulegen.

Die Diskussion über Studienabbrecher sollte realitätsbezogener geführt werden, so Lander, der in seinem Diskussionsbeitrag eine Verbindung zum Phänomen des Schulversagens herstellt.

Auch hier sei es so, dass nach Erfüllung der Schulpflicht in Schultypen wie den Höheren Berufsbildenden Schulen immerhin bis zu ein Viertel der Schüler und Schülerinnen das Schulsystem für immer verlässt. Ein Versagen, das nicht nur die Qualität der schulischen Betreuung betrifft, sondern auch die Frage aufwirft, welchen Wert Bildung als individuelles und gesellschaftliches Gut in Österreich besitzt.
->   "Studienabbrecher?" - Der Diskussionsbeitrag von Frank Lander als Originaltext
Hans Pechar: "Weltklasse"-Uni? - 50 Prozent Studienabbrecher sind keine Lappalie

Die hohe "Drop-out"-Rate an Österreichs Universitäten ist für Hans Pechar, den Leiter der Abteilung für Hochschulforschung am IFF (Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Klagenfurt, Wien, Innsbruck und Graz) ein nicht zu übersehender Hinweis darauf, dass die vom Bildungsministerium proklamierte "Weltklasse"-Uni als Leistungsziel noch ein beträchtliches Stück entfernt sei.

Die hohe Abbruchquote wird von Studenten, Hochschullehrern und der Wirtschaft sehr unterschiedlich begründet - so werden damit Defizite der Lehre, "Selbstreinigungseffekte" der Universität, aber auch neu zu erschließende Potenziale für den Arbeitsmarkt verbunden.

Studienabbruch sollte aber auf keinen Fall bagatellisiert werden, so Pechar: Wertvolle Lebenszeit gehe verloren, antiakademische Ressentiments würden geweckt, Chancen auf dem Arbeitsmarkt gemindert, Statistiken über den tatsächlichen Bildungsstand der österreichischen Bevölkerung verzerrt. Die wichtigste und nach wie vor umstrittenste Frage aber sei, wer die Verantwortung für den Studienabbruch trägt.
->   "50 Prozent-Drop-out sind keine Lappalie" - Der Diskussionsbeitrag von Hans Pechar als Originaltext
->   Beiträge zur Universitätsreform in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010