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Diskurstheoretiker Karl-Otto Apel ist 80  
  Karl-Otto Apel gilt als "der Diskurstheoretiker" der deutschen Philosophie im 20.Jahrhundert. In der argumentativen Auseinandersetzung gleichberechtigter Gesprächspartner liegt für ihn der Schlüssel für eine demokratische Ethik. Karl-Otto Apel feiert am 15. März seinen 80. Geburtstag.  
Demokratische Ethik
Das philosophische Projekt von Apel geht vom Vorrang der Kommunikationsgemeinschaft aus. Der Diskurs - verstanden als Auseinandersetzung mit dem Anderen - ist die Voraussetzung einer demokratischen Ethik. Solange Menschen miteinander sprechen, ist Gewalt kein Thema.
Gesprächskultur gegen Gewalt
Ein gesellschaftlicher Konsens kann sich nur aus einer ständigen rationalen Argumentation ergeben, von der niemand ausgeschlossen werden darf.

Apel steht in der Tradition der Dialogphilosophen, von Sokrates bis Hans-Georg Gadamer. Er lehnt jegliche Philosophie ab, die sich vom gesellschaftlichen Prozess abkoppelt.
->   Zum Tode Hans-Georg Gadamers
Schuldgefühle

Das Engagement für eine argumentativ vermittelte, nicht autoritäre Philosophie hat biografische Gründe. Der am 15.März 1922 geborene Philosoph meldete sich mit 18 Jahren freiwillig zum Kriegsdienst in der deutschen Wehrmacht.

Es war dies eine Fehlentscheidung, die Apel später so kommentierte: "Ich hatte das Gefühl, dass alles falsch war."
Reaktion
Nach dem 2. Weltkrieg studierte Apel Philosophie in Bonn und hatte bald den Ruf eines brillanten Schnelldenkers. Sein Kollege und späterer Freund Jürgen Habermas sprach von "den kühnen, mitreißenden Gedankenzügen dieses erstaunliche Zusammenhänge konstruierenden Kopfes".
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Bücher
"Transformation der Philosophie" und "Diskurs und Verantwortung" sind im suhrkamp taschenbuch wissenschaft erschienen.
Walter Reese-Schäfers "Einführung zu Apel" wurde im Junius Verlag publiziert.
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Letztbegründung als philosophisches Prinzip
Ein wesentlicher Begriff bei Apel ist die "Letztbegründung" der Ethik, die er als "Grundlage für eine solidarische Übernahme der Verantwortung im Zeitalter der Technik" sieht.

"Letztbegründung" lässt sich als Zurückgehen auf eine Voraussetzung verstehen, die man nicht bestreiten kann.
Ideale Kommunikationsgemeinschaft
Apel zielt auf das Projekt einer idealen Kommunikationsgemeinschaft. Hier sind alle Gesprächsteilnehmer gleichberechtigt; niemand spielt das "Alpha-Tier". Voraussetzung dafür wäre absolute Ehrlichkeit und die Überzeugung, den Anderen nicht zu hintergehen.
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Konkrete Bestimmungen der idealen Kommunikationsgemeinschaft:
- Ausgehen von konkreten Situationen
- Persönliche Erfahrungen und Gefühle sollen ins Gespräch eingebracht werden
- Selbstvertrauen in die eigene Vernunft und Vertrauen in die vernünftigen Fähigkeiten anderer
- Interesse an der Wahrheit
- Offenheit für die Argumente anderer Fähigkeit zur Selbstkritik
- Bemühen um eine klare Ausdrucksweise
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Kritik: Menschliche Kommunikation nicht ideal
Häufig wurde gegen die Diskursethik der Vorwurf einer gewissen Naivität erhoben. Das Konzept einer idealen Kommunikationsgemeinschaft berücksichtige nicht die "Wolfsnatur" des Menschen, der nur auf seinen eigenen Vorteil aus sei und dementsprechend sein Kommunikationsverhalten danach ausrichte: Übersehen werde die Verstellung, die Lüge oder die strategische Argumentation.
Wider die Postmoderne
Apel besteht dennoch auf dem Prinzip der rationalen Argumentation; auch wenn er damit von postmodernen Philosophen wie Jean-Francois Lyotard oder Richard Rorty als unzeitgemäßes philosophisches Fossil angesehen wird.

Ein Beitrag von Niki Halmer für die Ö1-Dimensionen vom 15. März, 19 Uhr.
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->   Radio Österreich 1
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->   Werner, Micha H. (2001): Die Verantwortungsethik Karl-Otto Apels
->   Dialog mit Karl-Otto Apel
 
 
 
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01.01.2010