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AUSTRON: Neutronen für die Forschung  
  Seit fast zehn Jahren ist das österreichische Projekt AUSTRON mittlerweile in Planung: Die Großforschungseinrichtung soll Neutronen für die Forschung erzeugen, die etwa zum Durchleuchten von technischen und biologischen Materialien eingesetzt werden können. Nun kommt offenbar erneut Bewegung in das Projekt.  
Bis Ende März will das Projektmanagement einen Businessplan für AUSTRON vorlegen und Gespräche über die Finanzierung mit potentiellen Partnerländern abschließen, so Projektleiter Guido Klestil in der APA. Wie die Nachrichtenagentur aus zuverlässiger Quelle erfahren haben will, hat etwa China bereits Interesse an AUSTRON bekundet.
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Der Hintergrund: Planung seit 1993
Der Plan, in Österreich eine internationale Großforschungseinrichtung anzusiedeln, stammt aus dem Jahr 1990. Aus einem Projektwettbewerb ging 1993 AUSTRON als Sieger hervor. Die Bundesregierung sicherte zu, rund ein Drittel der Errichtungskosten aufzubringen, wenn der Rest durch internationale Beteiligungen finanziert wird.

Im Vorjahr hat sich der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) positiv zu AUSTRON geäußert und der Regierung empfohlen, internationale Verhandlungen über die Finanzierung aufzunehmen sowie ein professionelles Projektmanagement einzusetzen. Der Ministerrat schloss sich im Mai 2001 diesem Plan an. Das Projektmanagement ging schließlich an ein Konsortium zweier Wiener Consultingfirmen.
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70 Meter Durchmesser - aber nur für Neutronen
Rund 70 Meter soll der Durchmesser des annähernd kreisförmigen Beschleunigers der so genannten Neutronen-Spallationsanlage AUSTRON nach den derzeitigen Planungen betragen.

Damit ist er etwa gegen die Einrichtung am Europäischen Forschungszentrum CERN mit 27 Kilometern Durchmesser ein Zwerg, allerdings werden in Genf auch andere Fragestellungen etwa der Teilchenphysik behandelt. Der Austron-Beschleuniger ist dagegen ausschließlich dafür gedacht, Neutronen zu erzeugen
Wasserstoff als Ausgangsbasis
Das Ganze beginnt mit Wasserstoff. Dieser wird hoch erhitzt, bis so genanntes Plasma entsteht, sich also die Wasserstoffkerne - Protonen - von den Elektronen trennen.

Als elektrisch geladene Teilchen können Protonen beispielsweise mit Magneten und elektrischen Feldern relativ einfach manipuliert werden. Die solchermaßen von den Elektronen getrennten Wasserstoffkerne werden in den Beschleuniger eingeschleust.

Im Ring angekommen beginnt die Beschleunigungsphase für die Teilchen. Dabei werden sie von Magneten auf ihrer Kreisbahn gehalten und von so genannten Fokussierelemente immer wieder angetrieben, bis sie nahezu Lichtgeschwindigkeit haben.
Abgedampfte Neutronen für verschiedenste Anwendungen
Mit einer Energie von 1,6 Gigaelektronenvolt werden die Protonen dann aus dem Beschleunigerring ausgeschleust und in Richtung ihres Aufprall-Ziels gelenkt.

Dieses so genannte Spallations-Target ist aus dem Schwermetall Wolfram. Bei der Kollision der hochenergetischen Protonen werden die Atom-Kerne des Targets so stark angeregt, dass sie die gewünschten - ungeladenen - Neutronen gleichsam abdampfen.

Die Neutronen breiten sich im Prinzip kugelförmig aus. Sie werden durch so genannte Moderatoren abgebremst und gelangen dann durch Kanäle in der Abschirmung nach außen, wo sie für die verschiedenen Anwendungen zur Verfügung stehen.
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Neutronen und ihre Anwendung
Als ungeladene Teilchen sind Neutronen - ähnlich wie Röntgenstrahlen - für die Untersuchung der Struktur von Materie besonders geeignet. Neutronenstrahlen werden unter anderem zur Erforschung von Festkörpern, Flüssigkeiten und biologischen Strukturen eingesetzt: Mit Hilfe von Neutronen und den entsprechenden Experimentiereinrichtungen kann eine Vielzahl an Forschungsarbeiten durchgeführt werden, die Aufschluss über Struktur und Gefüge etwa von Metallen, Legierungen, Halbleitern, Kunststoffen, Flüssigkeiten sowie über die Bewegung von Atomen oder Molekülen in diesen Stoffen geben. Darüber hinaus können auch Informationen über Struktur und Dynamik von Molekülen in biologischen Systemen gewonnen werden.
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Alternative: Kernreaktor
Neutronen konnten bisher zwar auch schon in Kernreaktoren gewonnen werden, Spallations-Neutronenquellen liefern aber einen höheren Neutronenfluss und haben einen weiteren entscheidenden Vorteil: Sämtliche mit Kernreaktoren verbundenen sicherheitstechnischen und ökologischen Probleme sind weitgehend entschärft.

In einer Spallations-Neutronenquelle findet keine Kernreaktion statt, es kann deshalb weder ein "Durchgehen" mit einer Kernschmelze noch einen Austritt von größeren Mengen radioaktiven Materials durch einen Unfall geben.

Das Target ist allerdings nur begrenzt haltbar, wird während des Betriebs aktiviert und muss entsprechend entsorgt werden. Der anfallende radioaktive Abfall ist aber nach Angaben der Experten nur rund so groß wie eine mittelgroße Kobaltquelle in einem Krankenhaus.
->   AUSTRON
->   Verein AUSTRON
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01.01.2010