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Bittere Pillen: Viertel der Medikamente fragwürdig  
  Ein Viertel aller Medikamente müsste vom Markt genommen werden, weil sie von ihrer Wirkung her fragwürdig sind. Das sagt der Herausgeber des Buches "Bittere Pillen". Der Bestseller enthält Beurteilungen von insgesamt 10.000 Medikamenten.  
Ein Team von Ärzten und Pharmakologen hat für das Buch "Bittere Pillen" (Verlag Kiepenheuer & Witsch), das soeben in seiner achten Auflage erschienen ist, rund 2.000 neue Medikamente unter die Lupe genommen.
Beispiel Abmagerungspille
Neue Medikamente werden oft nicht ausreichend geprüft und gefährden unsere Gesundheit, sagt der Autor und Herausgeber Hans Weiss.

Er nennt das Beispiel der Abmagerungspille "Reductil", die vor kurzem vom italienischen Markt genommen wurde. "Jeder, der ein neues Medikament schluckt, ist ein unfreiwilliges Versuchskaninchen", meint Weiss.
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Auch pflanzliche Mittel gefährlich
"Man kann nicht davon ausgehen, dass ein Medikament, das zugelassen wird, auch sinnvoll ist", so Weiss. "Die Zulassung alleine ist kein Gütesiegel". Der Pillenexperte nennt einen pflanzlichen Wirkstoff als Beispiel: Er hält echinacinhaltige Mittel für nicht sinnvoll. "Das ist ein beliebter Wirkstoff bei Grippe, unserer Meinung nach hat er aber unvertretbare Nebenwirkungen. Der Hals schwillt an, man bekommt keine Luft - es kann zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen", erläutert der Experte.
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Lückenhafte Beipackzettel
Der Beipackzettel allein sei keine ausreichende Informationsquelle. "Der Beipackzettel ist eine juristische Absicherung für die Firmen, da fehlt oft die grundlegende Information", sagt Weiss.

"Viele Firmen sind sehr zurückhaltend. Erst auf Druck von Fachkreisen werden alle Nebenwirkungen aufgenommen, die längst bekannt sind", erzählt der Experte.
Komplize Arzt
Neu ist im Buch auch eine Reportage über die Komplizenschaft zwischen der Pharmaindustrie und Ärzten, wenn es um die Vermarktung von Medikamenten geht. "Da wird viel manipuliert, es werden Vorteile angepriesen, die nicht stimmen und es wird das Blaue vom Himmel gelogen", so Weiss wörtlich.
Verdeckte Recherche
Der Bestseller-Autor gab sich für seine Recherchen als Pharma-Manager aus. Weiss hat bereits zahlreiche Erfahrungen mit verdeckten Recherchen für sein Buch "Schwarzbuch Markenfirmen" verarbeitet. Er bot Klinikchefs in Ungarn Geld dafür an, unmoralische Medikamentenversuche durchzuführen.

Und auch deutsche Ärzte greifen gerne zu, wenn eine Pharmafirma mit Geld winkt, meint Weiss. Zur Zeit ermittelt allein die Münchener Staatsanwaltschaft gegen 4.000 Mediziner wegen Bestechung.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
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01.01.2010