News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Technologie 
 
Handystrahlung: Gefahr in überfüllten Zügen  
  Die Frage, ob die elektromagnetische Strahlung von Handys die Gesundheit gefährdet oder nicht, ist seit langem umstritten. Eine japanische Studie macht nun auf ein weiteres Phänomen aufmerksam: Passagiere in überfüllten Zügen, die ihre Handys zur gleichen Zeit benutzen, sind Strahlenbelastungen ausgesetzt, die weit über den internationalen Richtwerten liegen. Da die Anzahl mobiler Arbeiter stetig wächst, könnte daraus in der Zukunft ein echtes Gesundheitsproblem werden.  
Bereits 30 Menschen, die ihr Handy in einem Wagon gleichzeitig benutzen, führen zu Strahlenwerten jenseits der gültigen Grenzwerte, so die Studie.
Kalkulation der reflektierten Strahlungen
Wie die aktuelle Printausgabe des "New Scientist" berichtet, hat Tsuyoshi Hondou, Physiker an der Tohoku Universität in Sendai, Japan, das Phänomen anhand von Pendlerzügen in seiner Heimat untersucht. Immer mehr Menschen benutzen dort ihre Mobiltelefone, um zu telefonieren oder im Internet zu surfen.

Hondou ermittelte zuerst das Verhältnis von Fenstern und der Metallkonstruktion eines typischen Eisenbahnwagons. Danach berechnete er die Proportion zwischen jenen Mikrowellen, die durch die Fenster aus den Wagons ausgestrahlt werden, und jenen, die ins Innere reflektiert werden.

Schließlich kalkulierte Hondou die Gesamtmenge an Mikrowellenstrahlung, die aus den einzelnen Handys resultierte.
Übersteigen der Grenzwerte
Der Schluss der im "Journal of the Physical Society of Japan" erstveröffentlichten Studie: Wenn die Auswirkungen sowohl der kumulierten Mikrowellen als auch der reflektierten in Betracht gezogen werden, kann das elektromagnetische Feld in Zügen die maximalen Grenzwerten überschreiten, die vom International Committee for Non-Ionising Radiation (ICNIRP) vorgegeben werden. Und zwar auch dann, wenn der Zug nicht überfüllt ist.
->   Journal of the Physical Society of Japan (Bd. 71, S. 432)
...
ICNIRP
1992 wurde eine wissenschaftliche Kommission zum Schutz vor nicht-radioaktiven Strahlen (d.h. auch vor dem "Elektrosmog") gegründet, die International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection ICNIRP. Sie arbeitet als nicht-staatliche Organisation mit der Weltgesundheitsorganisation WHO zusammen und legt wissenschaftliche Empfehlungen vor, die als Grundlage für nationale Gesetzte herangezogen werden können. In Österreich regelt die ÖNORM S1120 die Grenzwerte, deren Grundlage die Empfehlungen der ICNIRP sind.
->   ICNIRP
...
Grenzwertüberschreitung bei 30 Personen und 0,4 Watt
Für einen Standardwagon mit der Kapazität von 151 Menschen belegen die Kalkulationen von Hondou folgendes: Sobald 30 Reisende gleichzeitig ihre Handys benutzen und diese Radiowellen von 0,4 Watt emittieren, werden die Grenzwerte überschritten. Die maximale Stärke eines durchschnittlichen Handys beträgt zwei Watt.
...
"Elektrosmog" und SAR-Werte
Beim Elektrosmog handelt es sich um elektromagnetische Felder bzw. Radiowellen. Zur Übertragung der Gespräche strahlen die Sendemasten der Mobilfunk-Anbieter Funkwellen mit 890 bis 960 Megahertz bzw. mit 1710 bis 1880 Megahertz ab, die Sender haben meist eine Leistung um zehn Watt bis maximal 50 Watt. Die Handys selbst senden und empfangen mit einer Leistung von maximal zwei Watt; moderne Geräte liegen meist darunter.

Wichtiger für eine eventuelle Beeinträchtigung der Gesundheit ist die "Spezifische Absorptionsrate", kurz: der SAR-Wert. Das ist jene Strahlungsleistung, die vom Körpergewebe während des Mobiltelefonierens aufgenommen wird und zur Erwärmung führt.
->   Die SAR-Werte aktueller Handys
...
Regelungsbedarf für überfüllte Orte
Hondou glaubt, dass seine Berechnungen - vor allem hinsichtlich der immer zahlreicher werdenden drahtlosen Anwendungen und Internet-Verbindungen - ein bisher zu wenig beachtetes Umwelt- und Gesundheitsproblem berühren.

"Im Moment gibt es keine Regelung für die Benutzung von Mobiltelefonen an Orten, an denen viele Menschen zusammen kommen", meinte er. Das gleiche Problem könne auch in Bussen oder in bestimmten Aufzügen auftreten.
Mehr dazu in science.ORF.at und futurezone.ORF.at:
->   Studie: Alte Handys erhöhten Hirntumor-Risiko
->   Deutsches Strahlenschutzamt warnt vor Gesundheitsrisiken
->   Dänische Studie: Kein Krebs durchs Handy
->   Handys verursachen keinen Gehirntumor
->   Handys verstärken Krebs-Risiko nicht
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Technologie 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010