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Erinnerung: Bunte Bilder "haften" besser  
  Farbfotografien sind offenbar mehr als ein "bunter Sinnesreiz": Wie Psychologen nun nachgewiesen haben, erinnern wir uns deutlich besser an bunte Bilder, als an schwarz-weiße Fotografien. Farbe dient demnach dem Gedächtnis als eine Art Speicherhilfe.  
Die Ergebnisse der Studie, publiziert im "Journal of Experimental Psychology", werfen ein neues Licht darauf, wie das visuelle System des Menschen Farbinformationen effizient verwertet.
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"The Contributions of Color to Recognition Memory"
Der Artikel "The Contributions of Color to Recognition Memory for Natural Scenes" ist erschienen im "Journal of Experimental Psychology - Learning, Memory, and Cognition" der American Psychological Association: Bd. 28, Nr. 3, Seiten 509 - 520 vom Mai 2002.
->   Der Originalartikel (pdf-file)
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Blumen-Bilder im Test
Die Psychologen führten insgesamt fünf Experimente durch, um den Einfluss von Farbe auf das Gedächtnis zu untersuchen. Dabei stützten sie sich auf Aufnahmen von Naturszenen wie beispielsweise Wälder oder Blumen.

Beim Basisversuch wurden den Teilnehmern zunächst 48 verschiedene Fotografien vorgelegt - jeweils die Hälfte in Farbe bzw. als schwarz-weiße Aufnahmen.

Danach betrachteten die Probanden die gleichen Bilder noch einmal, diesmal mit 48 neuen Fotografien vermischt: sie mussten angeben, welche der Aufnahmen sie bereits gesehen hatten und welche nicht.
Bunt hält besser
Das Ergebnis dieses Versuches: Die Versuchsteilnehmer konnten sich signifikant besser an die farbigen Naturszenen erinnern, als an die schwarz-weißen Bilder - ganz egal, wie lange sie jeweils die Aufnahmen betrachtet hatten.
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Das Farbsehen des Menschen
Verantwortlich für das Farbsehen sind die Zapfen auf der Netzhaut des Auges. Diese Sinneszellen können Licht in unterschiedlicher Wellenlänge wahrnehmen: und zwar in rot, grün und blau. Aus diesen drei Farben setzt das Gehirn dann die gesamte bunte Vielfalt zusammen.

Es gibt drei Gruppen von Photorezeptoren: Die so genannten "Zäpfchen" absorbieren entweder kurzwelliges (K) blaues, mittelwelliges (M) gelbes und grünes beziehungsweise langwelliges (L) rotes Licht. Durch die Kombination ihrer Signale entstehen die beiden Farbkanäle Blau-Gelb und Rot-Grün, die für die gesamte menschliche Farbwahrnehmung verantwortlich sind.
->   Mehr über das Auge
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Bunt und schwarz-weiß zur Kontrolle ...
In einem weiteren Versuch wurden den Probanden Farbbilder vorgelegt, danach mussten sie die selben Bilder als Schwarz-weiß-Aufnahmen erkennen. Das gleiche Experiment wurde mit umgekehrter Verteilung durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass auch hier das Erinnerungsvermögen nicht so effizient funktionierte.
"Falsche Farben" funktionieren schlechter
Noch immer war mit diesen ersten Versuchen allerdings nicht geklärt, ob etwa Farbe als eine Art "eingebauter Reiz" den beobachteten Erinnerungsvorteil dadurch hervorruft, dass sie die Aufmerksamkeit des Betrachters stärker bzw. besser auf sich zieht.

Doch neben diversen Ergebnissen aus den verschiedenen Experimenten stellten die Forscher auch fest, dass die Probanden "unnatürlich gefärbte" - also farblich veränderte - Bilder entsprechend den schwarz-weißen weniger gut im Gedächtnis behielten.
Natürliche Farben, wie wir sie sehen
Nach Ansicht von Karl Gegenfurtner, einem der beteiligten Forscher vom Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik in Tübingen, ein Hinweis darauf, dass nicht einfach irgendeine Farbe die Erinnerung stärkt - sondern dass dies gerade durch die natürlichen Farben erreicht wird.

"Es scheint, als ob unser Erinnerungssystem - vermutlich durch die Evolution und/oder während der Entwicklung - auf die Farbstrukturen abgestimmt ist, wie wir sie in der Welt sehen", erklärt es der Psychologe.

Wenn die Stimuli zu unnatürlich seien, so der Experte weiter, befasse sich das System einfach nicht so gut damit, oder erachte diese für unwichtig.
Brauchbar für die Werbung?
Die Ergebnisse der Psychologen könnten auch für die Industrie von Interesse sein, wie Gegenfurtners Kollege Felix Wichmann meint: Um die Aufmerksamkeit der Betrachter zu fesseln, seien strahlende Farben wohl besser - um jedoch die Erinnerung an das Bild zu stärken, sollten sich beispielsweise Werbefachleute eher an natürliche Farben halten.
->   Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik
->   Journal of Experimental Psychology
Mehr zum Thema Farbe in science.ORF.at:
->   Wie Farben im Gehirn verloren gehen
->   Die Ursprünge des Drei-Farben-Sehens
 
 
 
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01.01.2010