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Das Schutzschild der Erde  
  Die obere Erdatmosphäre fungiert als Schutzschild gegen Sonnenwinde. Dabei übernimmt die Luft- und Magnethülle unseres Planeten auch eine überraschend aktive Rolle und erzeugt Plasmawolken extrem hoher Energien. Diese verbleiben zum Teil in der Atmosphäre und gefährden die Datenübertragung per Satellit.  
Nach Auswertung der Daten des NASA-Satelliten "IMAGE" (Imager for Magnetopause to Aurora Global Exploration) könnten Kapitel der Physik-Lehrbücher zum Teil umgeschrieben werden.

Dass Sonnenwinde eine Gefahr für Satelliten darstellen, war lange bekannt. Wie amerikanische Wissenschaftler nun allerdings melden, stammt der Großteil der energiereichen Teilchen nicht von der Sonne, sondern aus der Lufthülle der Erde.
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Sonnenwind
Sonnenwinde sind von der Sonne ausgehende interplanetare Partikelströme, die sich insbesondere aus Protonen und Elektronen sowie Alphateilchen und geringen Mengen schwererer Teilchen zusammensetzen.

In Abhängigkeit von der Sonnenaktivität verändert sich die Stärke der Partikelströme beträchtlich. Die Partikel haben beim Auftreffen auf die Erdatmosphäre eine mittlere Geschwindigkeit von 400 km/s. Bei der Wechselwirkung der Partikel mit den Bestandteilen der oberen Atmosphäre kommt es zu unterschiedlichen Phänomenen (z.B. Polarlichter).
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Schutzschild absorbiert Partikelstrom
Sonnenwinde bewegen sich mit 400 Kilometern pro Sekunde und bewirken so genannte geomagnetische Stürme im Magnetfeld der Erde, die wiederum die Ursache der Nordlichter sind. Seit dem Jahr 2000 beobachtet die NASA nun mit dem Satellit IMAGE jene Auswirkungen, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben.

IMAGE-Daten wurden mit Computertechnik visualisiert und zeigen, dass der obere Teil der Erdatmosphäre, die Ionosphäre, als Schutzschild gegen die energiereichen Partikelströme der Sonne fungiert. Die Ergebnisse sind dramatisch.

In Zeiten solarer Unruhe erzeugen Sonnenwinde einen Stromfluss mit einer Leistung von bis zu einer Trillion Watt, der in die Ionosphäre gepumpt wird. Dadurch erfahren die Teilchen der Ionosphäre eine Energieanreicherung, die das bis zu 100.000-fache ihres Normalzustandes betragen kann.
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Ionosphäre
Die Ionosphäre ist der Bereich der oberen Atmosphäre, in dem infolge der Existenz freier Elektronen und Ionen eine erhöhte Leitfähigkeit herrscht, welche die Ausbreitung von Radiowellen beeinflusst. Die freien Ladungsträger in der Ionosphäre werden überwiegend durch Photoionisation der kurzwelligen Sonnenstrahlung vom ultravioletten bis zum Röntgenbereich erzeugt.
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Atmosphäre verliert Teilchen
Wie anhand der IMAGE-Daten gezeigt werden konnte, verliert die Erdatmosphäre mit jedem Auftreffen der interplanetaren Partikelströme beträchtliche Mengen an Wasserstoff und Sauerstoff. Immerhin 100 Tonnen geladener Teilchen verlassen auf diese Weise die Lufthülle der Erde.

Stephen Fuselier vom Lockheed-Martin Advanced Technology Center in Paolo Alto, Kaliformien, relativert diese Zahl allerdings: "Das entspricht ungefähr dem Volumen eines großen Sportpalastes, wie etwa dem Lousiana Superdome."

Nach Fuselier würden selbst Millionen Jahre dauernde Sonnenstürme nicht ausreichen, um einen nennenswerten Aderlass der Atmosphäre zu bewirken.
"Hausgemachte" geomagnetische Stürme
In anderer Hinsicht zeigen die geladenen Teilchen der Erdatmosphäre größere Wirkung. Der Großteil verschwindet zwar in die Weiten des Weltalls, doch ein Teil bleibt im Magentfeld der Erde gefangen und "fließt" von der Tag- zur Nachtseite des Planeten.

Genau diese energiereichen Teilchen sind es nun, die für die geomagnetischen Stürme verantwortlich sind. NASA-Mitarbeiter Richard Fisher misst dieser Erkenntnis hohe Bedeutung zu: "Dies wird die Lehrbücher zur Physik des Weltraums und der oberen Atmosphäre maßgeblich verändern."
Partikel erzeugen Polarlichter
 
Bild: GSFC/NASA

Eine Computer-generierte Visualisierung zeigt, wie geladene Teilchen zum Entstehen von Polarlichtern beitragen (rote Ringe an den Polen).
Praktische Relevanz
Die praktischen Anwendungen dieser Einsicht sind vor allem für die Satelliten-Kommunikation von Bedeutung. Insbesondere Navigationssysteme, wie etwa das Global Positioning System GPS, können durch die Turbulenzen, die Sonnenwinde im Verein mit der Erdatmosphäre erzeugen, gestört werden. Für die Zukunft hofft man, dass aufgrund dieser Erkenntnisse weitere Störungen vermieden werden können.
->   NASA IMAGE Homepage
 
 
 
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01.01.2010