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Das Gen, das Säugerklone absterben lässt  
  Säugetiere können nur mit einer sehr geringen Erfolgsrate geklont werden. Jetzt weiß man warum: Ein fehlreguliertes Gen ist in der Mehrzahl der Fälle für das Absterben von Säuger-Klonen verantwortlich. Für das Klonen von Menschen sieht man darob geringe Erfolgschancen.  
Eine Gruppe amerikanischer Entwicklungsgenetiker von der Penn's School of Veterinary Medicine, Pennsylvania, hat herausgefunden, dass die korrekte Anschaltung des Gens "Oct4" stark mit der Lebensfähigkeit von Maus-Klonen zusammenhängt.

Nur einer von zehn geklonten Mausembryos war in der Lage, Oct4 zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu aktivieren. Ohne Oct4 konnten die Embryos nicht überleben - selbst dann nicht, wenn die Aktivierung nur geringfügig zu hoch oder niedrig war. Damit lässt sich erklären, warum Klonversuche bei Säugetieren so oft scheitern.
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"Oct4 distribution and level in mouse clones"
Die Arbeit "Oct4 distribution and level in mouse clones: consequences for pluripotency" von Michele Boiani, Sigrid Eckardt, Hans R. Scholer und K. John McLaughlin erscheint in der Fachzeitschrift "Genes & Development", 16 (10), (2002).
->   Genes & Development
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Säuger-Klonierung: Geringe Effizienz
Trotz der bisher erfolgreichen Klonversuche an Schafen, Schweinen und Katzen kann das Klonen von Säugetieren als äußerst ineffizient bezeichnet werden. So überleben weniger als drei Prozent aller Mausklone bis zum Zeitpunkt der Geburt.

Der Leiter der amerikanischen Forschungsgruppe Hans R. Schöler erklärt, was für eine korrekte Entwicklung genetischer Kopien notwendig ist: "Erfolgreiches Klonen benötigt die genaue Reprogrammierung des transplantierten Zellkernes. Das heißt, dieser Kern muss sein früheres genetisches Programm ablegen und sich das genetische Profil einer Embryonalzelle aneignen. Passiert das nicht, hat der Embryo keine Überlebenschance."
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Klonen
Klonen in der Tier- und Pflanzenzucht bedeutet die Herstellung genetisch identer Organismen. Dies kann bei Tieren z.B. durch Embryonen-Splitting oder durch Kerntransplantationen geschehen. Letztere Methode beruht auf dem Prinzip der Übertragung eines Zellkerns in eine fremde, in der Regel entkernte Eizelle.

Dies wurde erstmals bei Grünalgen und Amöben durchgeführt, ab den 1950er Jahren auch an Amphibien (vor allem Krallenfrösche). Später war man mit dieser Methode auch an Insekten und Säugetieren erfolgreich.

Der erste Fall einer Säugerklonierung unter Verwendung ausdifferenzierter somatischer Zellen (aus dem Euter) war jene des Schafes "Dolly", die 1997 von schottischen Forschern um Ian Wilmut vorgenommen wurde.
->   Mehr zu Dolly in science.ORF.at
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Ursache der Misserfolge
Die amerikanischen Wissenschaftler können nun die Ursachen für die hohe Misserfolgsrate bei Säugetieren präzisieren. Um die Exaktheit der geforderten Reprogrammierung zu testen, untersuchten sie die Aktivierung des Gens Oct4 in geklonten Mausembryonen.

Das Ergebnis: Nur 34 Prozent der embryonalen Zellen wurden fehlerfrei reprogrammiert und waren dadurch imstande, Oct4 zu aktivieren. Und nur bei zehn Prozent erreichte die Aktivierung jenen Grad, der für eine weitere Entwicklung notwendig war.
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Das Oct4-Gen
Die Forscher wählten Oct4 deswegen aus, weil dessen Aktivierung (korrekt: dessen Expression) während des Lebenszyklus von Säugetieren reguliert wird. Oct4 codiert für ein Protein (einen so genannten Transkriptionsfaktor), das für die normale Embryonalentwicklung notwendig ist. Oct4 wird in jenen Teilen des Embryos exprimiert, die später fötale Gewebe aufbauen. Im erwachsenen Tier wird Oct4 nur in Keimzellen exprimiert.
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Ohne Oct4 geht nichts
Als Interpretation der Befunde weisen die Wissenschaftler Oct4 eine unverzichtbare Rolle in der korrekten Entwicklung von Säugetieren zu. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass in absterbenden Säuger-Klonen auch noch eine Reihe zusätzlicher Gene fehlerhaft an- oder abgeschaltet wurden.

"Als wir unsere Studie begannen, dachten wir, dass die inkorrekte Oct4-Aktivierung für einen Teil der missglückten Klonierungsversuche verantwortlich sei", meint Schöler. "Die große Überraschung war, dass Oct4 die allermeisten Fehlversuche erklären konnte - auch wenn Oct4 womöglich nicht das einzige Gen ist, das bei absterbenden Embryonen fehlreguliert wird."
Klonen von Menschen: Geringe Chancen
Angesichts dieser Ergebnisse räumen die Forscher dem Klonen von Menschen geringe Erfolgschancen ein. Denn die unvollständige Reprogrammierung zieht massive Entwicklungsschäden nach sich.

Dem stimmt Davor Solter vom Max Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg zu. Er schrieb in einem Kommentar zu Schölers Artikel: "Fehlprogrammierte Gene sind wie Kakerlaken. Entdeckt man eines, so ist es wahrscheinlich, dass man noch viele weitere findet."
->   Mehr zum Thema Klonen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010